Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)
die Polizei, die den Computer mit Sicherheit beschlagnahmen würde, bei der Untersuchung des Rechners aufgrund von Tina Hofers Notiz RDKIND auf das vermeintlich richtige Passwort kommen würde.“
„Sie werden das niemals beweisen können“, rief Schindhard aufgebracht.
„Herr Velten erwähnte schon, dass Ihre Manipulation nur gelingen konnte, wenn keine weiteren Kopien der verräterischen Datei existieren.“ Katja zog einen USB-Stick aus ihrer Hosentasche und hielt ihn zwischen Daumen und Zeigefinger. Alle Augen richteten sich auf den kleinen Datenträger. „Wir hatten Tinas Datei PFWIESE aber vor einigen Tagen hierauf gespeichert, was Sie nicht wissen konnten. Natürlich konnten wir das Dokument mit dem Passwort JESSICA90 nicht öffnen. Als wir es mit dem Namen des Sohnes von Frau Kerner probierten, klappte es aber mühelos. So kamen wir an Tinas tatsächliche Notizen, aus denen unzweideutig hervorgeht, dass Sie, Frau Kerner, gemeinsame Sache mit Hagen Leonhard gemacht haben. Sie haben als Vorsitzende des Bauausschusses alle nötigen Informationen und Einflussmöglichkeiten und sicher auch den einen oder anderen Komplizen im Rathaus. Sie haben die Stadt nicht nur um Millionen Euro betrogen, sondern auch Tina Hofer ermordet oder ermorden lassen.“
Die Politikerin sprang auf: „Ich werde mir diesen bodenlosen Unsinn keine Sekunde länger anhören. Sie werden von meinen Anwälten hören.“ Sie riss die Tür auf und wollte aus dem Raum stürmen, lief jedoch fast in zwei uniformierte Polizisten, die draußen postiert waren.
„Frau Kerner, ich schlage vor, Sie nehmen wieder Platz“, meinte Germann gelassen.
Die Politikerin stand einen Augenblick unschlüssig in der Tür, bevor sie sich schließlich doch wieder zu ihrem Stuhl begab. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen und ihr Blick flackerte.
„Kommen wir jetzt zum offiziellen Teil“, sagte der Staatsanwalt. „Frau Kerner, ich werfe Ihnen vor, dass Sie die Journalistin Martina Hofer vor zwanzig Jahren mit einem anonymen Schreiben zur Gemarkung Pfaffenwiese gelockt haben. Wir haben den Umschlag, in dem der Brief steckte, in den Unterlagen von Frau Hofer gefunden. Auf der Rückseite der Briefmarke befindet sich DNA einer weiblichen Person. Ich bin sicher, dass der Abgleich mit Ihrem Erbgut ergeben wird, dass Sie diese Marke aufgeklebt haben. Als Sie Frau Hofer auf dem Gelände des damals im Bau befindlichen Industrieparks antrafen, haben Sie sie niedergeschlagen oder von Ihrem Komplizen Hagen Leonhard niederschlagen lassen, um zu verhindern, dass sie die Ergebnisse ihrer Nachforschungen veröffentlicht. Anschließend haben Sie oder Leonhard die zu diesem Zeitpunkt noch lebende Tina Hofer in die Verschalung der Stützmauer geworfen, weil Sie wussten, dass der Körper dort am nächsten Tag einbetoniert werden würde.“
„Ich weise alle Vorwürfe zurück“, rief Regina Steiner heiser. „Ich informiere Sie außerdem darüber, dass ich als Mitglied des rheinland-pfälzischen Landtages politische Immunität genieße.“
„Nicht mehr lange, das kann ich Ihnen versichern“, entgegnete Germann kalt.
- - -
Eine Stunde später waren Velten und Katja auf dem Rückweg zum Pressehaus. Sie standen noch so unter dem Eindruck des eben Erlebten, dass sie die kalten Regentropfen, die der Wind in ihre Gesichter peitschte, überhaupt nicht bemerkten. Sie würden den Rest des Tages damit verbringen, die Ereignisse der zurückliegenden Woche und die an Dramatik kaum zu überbietende Aufklärung des Mordfalls Tina Hofer für die Leser der Morgenkurier aufzuarbeiten.
Katja war immer noch erschüttert. „Ich kann dir nicht beschreiben, was für ein Gefühl das war, diesen Stick mit Tinas Rechercheergebnissen in der Hand zu halten. Auf dem kleinen Ding befanden sich die Informationen, die sie das Leben gekostet haben und die jetzt zur Verhaftung der Schuldigen führten.“
„Weißt du, ich glaube, sie wäre stolz auf uns“, antwortete Velten. „Wir haben ihre Story zu Ende gebracht. Alle, die mit dem Mord an ihr und der Korruptionsaffäre zu tun haben, werden ihre gerechte Strafe erhalten.
„ Alf Kuntz vielleicht nicht“, entgegnete sie. „Es wird nicht einfach sein, ihm eine Beteiligung an ihrem Tod nachzuweisen. Er hat ja nicht selbst zugeschlagen. Aber er ist genauso schuldig wie die Kerner. Er war als Tinas Vorgesetzter und hätte sie schützen müssen. Stattdessen hat er sie eiskalt ans Messer geliefert.“
Velten schwieg. Katjas Mutmaßungen
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