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Venetia und der Wuestling

Venetia und der Wuestling

Titel: Venetia und der Wuestling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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höheren Wissens bedurfte, als er es zu liefern imstande war. Zum Glück war ein Mann, der darüber verfügte, vorhanden. Der Pastor war ein bedeutender Gelehrter und hatte seit Langem mit einer Art sehnsüchtigem Entzücken Aubrey Lanyons Fortschritte verfolgt. Er bot sich an, den Jungen für Cambridge vorzubereiten; Sir Francis Lanyon, erleichtert, dass es ihm erspart blieb, einen neuen Erzieher in seinen Haushalt aufnehmen zu müssen, stimmte dem Arrangement zu; und Aubrey, damals bereits imstande, sich auf ein Pferd zu setzen, verbrachte daraufhin den größten Teil des Tages im Pfarrhaus, brütete in dem halbdunklen Bücherzimmer des Reverend Julius Appersett über gelehrten Texten, sog eifrig das umfassende Wissen seines sanften Präzeptors in sich ein und erfüllte diesen mit einem sich ständig steigernden Glauben an Aubreys Fähigkeit, dereinst zu brillieren. Aubrey war schon im Trinity College immatrikuliert, wo er im kommenden Jahr zu Michaeli aufgenommen werden würde. Und Mr. Appersett setzte durchaus keinen Zweifel darein, dass Aubrey, so jung er dann noch immer sein würde, sich sehr bald in den Rang eines Scholaren erhoben sähe.
    Weder seine Schwester noch sein älterer Bruder hegten in diesem Punkt die geringsten Zweifel. Venetia wusste, dass er einen hohen Verstand besaß; und Conway, selbst ein prächtig robuster junger Sportler, für den schon das Schreiben eines Briefes eine unerträgliche Mühe bedeutete, betrachtete den Bruder mit ebenso großer Ehrfurcht wie mit Mitleid. Scholar werden zu wollen erschien Conway ein seltsamer Ehrgeiz, aber er hoffte aufrichtig, dass es Aubrey gelingen würde, denn was sonst - sagte er einmal zu Venetia - konnte der arme kleine Bursche tun, als sich an seine Bücher zu halten?
    Was Venetia betraf, so meinte sie, dass er sich viel zu eng an diese hielt und in einem erschreckend frühen Alter alle Anzeichen zeigte, ein ebenso eigensinniger Eigenbrötler zu werden, wie es ihr Vater gewesen war. Derzeit sollte er gerade Ferien genießen, denn Mr. Appersett war in Bath und erholte sich von einer schweren Krankheit, indes ein Vetter, mit dem er zum Glück hatte tauschen können, seine Pflichten hier erfüllte. Jeder andere Junge hätte seine Bücher in eine Stellage gestopft und wäre mit seiner Angelrute ausgezogen. Aubrey brachte selbst an den Frühstückstisch Bücher mit und ließ seinen Kaffee kalt werden, während er dasaß, seine hohe, zarte Stirn aufgestützt, die Augen auf die Druckseite gerichtet, das Gehirn derart darauf konzentriert, was er gerade las, dass man seinen Namen hätte dutzendmal aussprechen können und trotzdem keine Antwort erhalten hätte. Es fiel ihm nicht auf, dass er durch eine derartige Konzentration zu einem schlechten Gesellschafter wurde. Erzwungenerweise fiel es Venetia auf, aber da sie seit Langem erkannt hatte, dass er genauso egoistisch war wie sein Vater oder sein Bruder, konnte sie seine seltsame Art völlig gleichmütig hinnehmen und ihn auch weiterhin gernhaben, ohne schmerzlich enttäuscht zu sein.
    Sie war um acht Jahre älter als er, das älteste der drei überlebenden Kinder eines Großgrundbesitzers im Yorkshire mit einer langen Ahnenreihe, einem behaglich großen Vermögen und exzentrischen Gewohnheiten. Der Verlust seiner Frau, bevor Aubrey noch lange Hosen trug, war die Ursache gewesen, dass sich Sir Francis in den dicken Mauern seines Herrenhauses, etliche fünfundzwanzig Meilen von York entfernt, vergrub, voll erhabener Gleichgültigkeit dem Wohlergehen seiner Sprösslinge gegenüber, und der Gesellschaft seiner Kameraden abschwor. Venetia konnte nur annehmen, dass sein Wesen schon immer zum Einsiedlertum neigte, denn sie konnte unmöglich glauben, dass ein derart ausgefallenes Verhalten aus einem gebrochenen Herzen kam. Sir Francis war ein Mann von steifem Stolz, aber nie ein empfindsamer Mensch gewesen, und dass seine Ehe ungetrübte Seligkeit gewesen wäre, war eine liebenswürdige Fiktion, die seine klaräugige Tochter einfach nicht glaubte. Ihre Erinnerungen an die Mutter waren vage, aber sie enthielten den Nachhall erbitterten Zanks, zugepfefferter Türen und peinlich hysterischer Anfälle.
    Sie konnte sich erinnern, dass sie in das duftende Schlafzimmer ihrer Mutter kommen durfte, um zuzuschauen, wie diese für einen Ball im Howard-Schloss angekleidet wurde; sie konnte sich an ein wunderschönes, aber unzufriedenes Gesicht erinnern, an ein Gewirr teurer Kleider, an eine französische Kammerzofe.
    Aber sie

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