Venus im Pelz
sie mich erniedrigt hat, so tief, daß sie es nicht einmal der Mühe wert findet, mich zu quälen, zu mißhandeln.
Ehe sie zu Bette geht, ruft mich ihre Klingel.
»Du wirst heute nacht bei mir schlafen, ich habe die vorige Nacht abscheuliche Träume gehabt und fürchte mich, allein zu sein. Nimm dir ein Polster von der Ottomane und lege dich auf das Bärenfell zu meinen Füßen. –
Hierauf verlöschte Wanda die Lichter, so daß nur eine kleine Ampel von der Decke herab das Zimmer beleuchtete, und stieg in das Bett. »Rühre dich nicht, damit du mich nicht weckst.«
Ich tat, wie sie befohlen hatte, aber ich konnte lange nicht einschlafen; ich sah das schöne Weib, schön wie eine Göttin, in ihrem dunklen Schlafpelz ruhen, auf dem Rücken liegend, die Arme unter dem Nacken, von ihren roten Haaren überflutet; ich hörte, wie sich ihre herrliche Brust in tiefem regelmäßigen Atemholen hob, und jedesmal, wenn sie sich nur regte, war ich wach und lauschte, ob sie meiner bedürfe.
Aber sie bedurfte meiner nicht.
Ich hatte keine andere Aufgabe zu erfüllen, keine höhere Bedeutung für sie, als ein Nachtlicht oder ein Revolver, den man sich zum Bette legt.
Bin ich toll oder ist sie es? Entspringt dies alles in einem erfinderischen mutwilligen Frauengehirne, in der Absicht, meine übersinnlichen Phantasien zu übertreffen, oder ist dies Weib wirklich eine jener neronischen Naturen, welche einen teuflischen Genuß darin finden, Menschen, welche denken und empfinden und einen Willen haben wie sie selbst, gleich einem Wurme unter dem Fuße zu haben?
Was habe ich erlebt!
Als ich mit dem Kaffeebrett vor ihrem Bette niederkniete, legte Wanda plötzlich die Hand auf meine Schulter und tauchte ihre Angen tief in die meinen.
»Was du für schöne Augen hast«, sprach sie leise, »und jetzt erst recht, seitdem du leidest. Bist du recht unglücklich?«
Ich senkte den Kopf und schwieg.
»Severin! liebst du mich noch«, rief sie plötzlich leidenschaftlich, »kannst du mich noch lieben?« und sie riß mich mit solcher Gewalt an sich, daß das Brett umklappte, die Kannen und Tassen zu Boden fielen und der Kaffee über den Teppich lief.
»Wanda – meine Wanda«, schrie ich auf und preßte sie heftig an mich und bedeckte ihren Mund, ihr Antlitz, ihre Brust mit Küssen. »Das ist ja mein Elend, daß ich dich immer mehr, immer wahnsinniger liebe, je mehr du mich mißhandelst, je öfter du mich verratest! oh! ich werde noch sterben vor Schmerz und Liebe und Eifersucht.«
»Aber ich habe dich ja noch gar nicht verraten, Severin«, erwiderte Wanda lächelnd.
»Nicht? Wanda! Um Gottes willen! scherze nicht so unbarmherzig mit mir«, rief ich. »Habe ich nicht selbst den Brief zum Fürsten –«
»Allerdings, eine Einladung zum Dejeuner.«
»Du hast, seitdem wir in Florenz sind –«
»Dir die Treue vollkommen bewahrt«, entgegnete Wanda, »ich schwöre es dir bei allem, was mir heilig ist. Ich habe alles nur getan, um deine Phantasie zu erfüllen, nur deinetwegen.
Aber ich werde mir einen Anbeter nehmen, sonst ist die Sache nur halb, und du machst mir am Ende noch Vorwürfe, daß ich nicht grausam genug gegen dich war. Mein lieber, schöner Sklave! Heute aber sollst du wieder einmal Severin, sollst du ganz nur mein Geliebter sein. Ich habe deine Kleider nicht fortgegeben, du findest sie hier im Kasten, ziehe dich so an, wie du damals warst in dem kleinen Karpatenbade, wo wir uns so innig liebten; vergiß alles, was seitdem geschehen ist, o, du wirst es leicht vergessen in meinen Armen, ich küsse dir allen Kummer weg.«
Sie begann mich wie ein Kind zu zärteln, zu küssen, zu streicheln. Endlich bat sie mit holdem Lächeln: »Zieh' dich jetzt an, auch ich will Toilette machen; soll ich meine Pelzjacke nehmen? Ja, ja, ich weiß schon, geh nur!«
Als ich zurückkam, stand sie in ihrer weißen Atlasrobe, der roten mit Hermelin besetzten Kazabaika, das Haar weiß gepudert, ein kleines Diamantendiadem über der Stirne, in der Mitte des Zimmers. Einen Augenblick erinnerte sie mich unheimlich an Katharina II., aber sie ließ mir keine Zeit zu Erinnerungen, sie zog mich zu sich auf die Ottomane und wir verbrachten zwei selige Stunden; sie war jetzt nicht die strenge, launische Herrin, sie war ganz nur die feine Dame, die zärtliche Geliebte. Sie zeigte mir Photographien, Bücher, welche eben erschienen waren, und sprach mit mir über dieselben mit so viel Geist und Klarheit und Geschmack, daß ich mehr als einmal entzückt
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