Venusbrüstchen: Roman (German Edition)
schon besonders. Der Junge hat Phantasie! Ich meine, Du bist doch schon Bio.
Ihr Schwaben seid sowieso etwas schräg. Mein letzter Kunde brachte seine Frau mit. So eine Praktische. Die hat ein Hotel in einer kleinen Schwabenstadt. Ich fragte: »Können Sie gut davon leben?« Du hättest ihr breites Grinsen sehen müssen. Und dann erzählte sie, weil wir irgendwie auf das Thema der runden Geburtstage kamen. »Also, bei uns werden die 50er, 60er, 70er bis 90er groß gefeiert. Immer im Restaurant. Kommen mehrere Jubilare auf einen Tag zusammen, werden die auf die anderen Hotels und Restaurants verteilt. Da kommen schon so 80 bis 90 Leute zusammen. Und die halben, also die mit einer fünf, werden auch groß gefeiert. Und einmal im Jahr werden die runden und die Fünfer (aber gesondert) zusammengepackt und bekommen eine Extrafeier. Die dauert dann drei Tage, mit Kirchgang und Fest und neuen Kleidern. Jo, das kostet. Und dann die Vereine. Die feiern auch gern. Wir haben hier am Ort so einige Vereine.«
Du, mich hat’s gegraust. Solch einen Bohei wegen eines Geburtstags zu machen. Jedenfalls kenne ich das nicht. Würde ich auch nicht wollen. Ich glaube, das Ganze dient zum einen der allgemeinen Angeberei und zum anderen ist das eine zusätzliche Umsatzbeschaffungsmaßnahme.
***
Heute Morgen hatte ich so einen Drang. Aufzuräumen. Das Moped zu putzen und in den Schuppen zu bringen. Denn bald ist nicht mehr das Wetter dafür. Und waschen musste ich dringend mal wieder. Also, ich in den Keller zur Waschmaschine. Alles wie immer.
Nein.
Es war nicht wie immer.
Als ich das Waschmittelfach aufzog, sah ich da längliche Dingerchen. Noch während ich überlegte, was das sein könnte, stieg mir ein infernalischer Gestank in die Nase. Da habe ich kapiert. Die Dinger waren Köddel. Mäuseköddel. Da fragt man sich doch, was macht eine Maus in der Waschmaschine? Und noch dazu in meiner?
Waschmittelfach rausgezogen. Köddel. Eingeweicht und geschrubbt. Köddel in dem nun freien Fach. Es stank. Ich holte den Staubsauger runter und wollte fein aussaugen. Ging nicht, weil es darin feucht war. Gott sei Dank habe ich immer eine Packung Latexhandschuhe hier stehen. Damit habe ich das rausgeprokelt. Einen Schraubenzieher genommen, darauf einen harten Schwamm mit Scheuerseite gepikst und dann rein damit. Hin – und her. Als wenn ich sonst nichts zu tun hätte. Nur eine Maus habe ich nicht gefunden. Saß wahrscheinlich in der Ecke und lachte sich eins.
Ich schrubbte, mit Schraubenzieher und Schwamm. Nur musste ich mit der Hand bis zum Unterarm da rein. Oder war das Rattenkacke? Weiß ich, wie die aussieht? Vor solchen Biestern habe ich Schiss. Weißt Du, da hab ich so meine Phantasien – nachdem ich so etwas mal gelesen hatte. Und jedes Mal, wenn ich nachts pinkeln muss, gucke ich nach, ob da nicht aus dem Toilettenbecken eine Ratte kommt und mir in den Hintern beißen will.
Also, ich sah kein Tier. Inzwischen steckt im Waschmittelschacht eine Mausefalle mit leckerem Leerdamer. Und wehe, das Mistvieh geht da nicht dran, will womöglich auch noch Seranoschinken.
Nur waschen kann ich nicht. Morgen gucke ich nach, ob die Maus da drin steckt. Hoffentlich zappelt die nicht mehr. Igitt.
***
Und währenddessen erfreut sich unsere Josefa an St. Petersburg. Nicht, dass Du denkst, ich würde ihr die Reise nicht gönnen. Ich denke mir inzwischen alles Mögliche, warum sie sich nicht meldet. Also, würde sie Karten oder gar einen Brief an uns loslassen, müssten wir lange warten. Gut zwei Wochen dauert so was, wenn Josefa nicht in St. Petersburg ist, sondern irgendwo in der Walachei. Zumindest haben die Russen schicke blaue Briefkästen. Und nicht, dass Du nun glaubst, die hätten kein Internet. Zugänge gibt es in allen größeren Städten und in Internetcafés und manchmal sogar in Postfilialen. Na? Ist das ein Fortschritt? Jedenfalls in meiner Postfiliale kannste nicht ins Netz, die würden mich komisch angucken, wenn ich fragen würde.
Nur in St. Petersburg in jenem glamourösen Hotel anzurufen, wär mir dann doch ein bisschen zu teuer.
Ach ja, Du fragtest, ob ich bei ihr zu Hause angerufen habe.
Hab ich.
Ich hatte die Buchhändlerin dran. Eine Frau Wansleben. War etwas dröge. Jedenfalls ist Josefa tatsächlich in Russland, und die Buchfrau sagte, sie bliebe etwas länger. Ich fragte: »Was macht sie denn da?«
Rate mal, was sie mir antwortete?
Da kommst Du nicht drauf.
Nie!
Der Frau Wansleben, der hat sie das erzählt und uns
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