Verarschung
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Das Leben in der Bloggerszene war einsam. Sein Artikel über den ehemaligen Tennisstar Mats Wilander und seinen Kampf gegen das Nordische Dumpfheitssyndrom (NDS) war von TV4 Fakta und Radio Uppsala aufgegriffen worden, aber Blomberg vermisste ganz allgemein die Aufregung, für ein großes Nachrichtenblatt mit einer Auflage von über 5000 Exemplaren zu schreiben.
Er fuhr fort, Bu und Bä mit verschwenderischer Aufmerksamkeit zu bedenken. Nachdem Erotikka und er multiple Simultanorgasmen gehabt hatten, streckte er sich im Bett aus und fragte: «Wie wäre es mit einer guten Tasse Kaffee?»
Erotikkas Ehemann Ralf Berg erhob sich pflichtbewusst von seiner Ecke des Betts und brachte Blomberg einen dampfenden Becher Kaffee mit drei Stück Zucker, genau so, wie er ihn mochte. Dann ging er eine Packung Zigaretten holen und zündete für seine Frau und für Blomberg je eine an.
«Danke, Ralf.»
«Gerne, Mikael.»
«Danke, Ralf.»
«Gerne, Erotikka.»
Erotikkas Ehemann vermutete, dass Blomberg und Erotikka eine Affäre hatten, aber es schien ihm nichts auszumachen. Er glaubte fest an den dritten Zusatz der schwedischen Verfassung, Das Recht auf freie und vielfache Sexualpartner .
«Und jetzt, Ralfie», sagte Erotikka, «sei ein Schatz und schalt den Fernseher an.»
Ihr Ehemann holte die Fernbedienung und kletterte zurück in seine Ecke des Bettes.
Der Anruf war letzten Donnerstag eingegangen, ohne Vorwarnung. Thors-Tage hatten Professor Dr. Svenssen schon immer Ärger eingebrockt. Er war in seinem Labor gewesen und hatte die Reagenzgläser aus Birkenholz geordnet.
«Ich möchte bitte Professor Doktor Svenssen sprechen.»
«Am Apparat.»
«Wir müssen reden.» Die Stimme: mädchenhaft, mürrisch.
«Mir scheint, dass wir genau das tun.»
«Nein, du Witzbold», sagte die Stimme eindringlich. «Nicht am Telefon.»
Sie verabredeten sich in seiner Wohnung. Das Mädchen erschien auf einem Powell-Skull-Deck-Skateboard und in einem Kapuzenpulli von Burton. Ohne jeden Gruß fuhr sie mit ihrem Board direkt in sein geothermisch beheiztes Wohnzimmer und schälte sich aus ihren Klamotten. Bevor sie sich auf ihn stürzte.
Jetzt saßen sie zusammen in Svenssons Arbeitszimmer an seinem UKEA-Schreibtisch aus echtem Teakholz. Das Mädchen hatte auf ihrem Stuhl die Knie bis an die flache Brust hochgezogen. Sie war noch nackt. Der Professor bewunderte die Ausführung eines Stegosaurus auf ihrem Rücken.
«Vielleicht könnten wir damit beginnen», sagte er, «dass du mir deinen Namen nennst.»
«Jane Manhater.»
Aha , dacht er. Eine Schwedin mit amerikanischem Namen. Vielleicht erklärte das ihr Temperament. Die Amerikaner waren ein gewalttätiges Volk. Vierzehntausend Tote durch Schusswaffen pro Jahr. Ein gesetzloses, kulturloses, Energie verschwendendes Land voller religiöser Fanatiker, Cowboy-Politiker und Plutokraten, die weniger als 90 % ihres Einkommens an Steuern zahlten.
Immerhin hatten sie der Welt den Twinkie beschert.
«Und für wen arbeitest du?»
«Ich hab’s dir schon gesagt», entgegnete das Mädchen namens Jane, «für einen Grußkartenhersteller. Genug gefragt. Hast du dir die Mappe angesehen?»
«Ja.»
Die Mappe war von einem Kurierfahrer in seinem Labor abgegeben worden. Auf dem Umschlag stand kein Absender, aber innen war er auf einen Haftzettel gestoßen, den vielleicht jemand übersehen hatte: Manhater Sicherheitsdienst: Spezialisten für Selbstjustiz und Söldner im Kampf gegen das Patriarchat . Er war auf den Inhalt der Mappe nicht gefasst gewesen, die drastischen Fotos der Verstümmelungen, die Blut-und Gewebeproben.
Ihre Schultern berührten sich leicht, als sie sich die grausigen Beweisstücke zusammen ansahen.
«Hast du eine Todesursache feststellen können?», fragte sie.
Er nickte. «Strangulierung.»
«Nicht die Enthauptung?»
«Nein. Die kam später. Das Opfer war bereits tot.»
«Bist du sicher?»
«Vollkommen. Sie war mindestens zehn Stunden tot, bevor sie sie verstümmelt haben.»
«Sie?»
«Bloß eine Redewendung. Es kann auch nur eine Person gewesen sein. Ich weiß es nicht.»
Das Mädchen sah ihn mit seinen pechschwarzen Augen an. «Wer tut einem Rentier so etwas an?»
Genau diese Frage hatte sich Svenssen natürlich auch gestellt. Seit er 2003 Leiter der Rentier-Pathologie am Königlichen Institut für Gerichtsmedizin in Stockholm geworden war, hatte er eine stattliche Anzahl von Rentier-Schlachtungen in Augenschein genommen – mehr, als ihm lieb war. Aber nichts
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