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Verblendung

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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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Jahren anschauen, gibt es da mindestens zwei Dutzend mögliche Kandidaten. Heute ist kaum noch einer davon übrig, außer Harald Vanger, und ich glaube einfach nicht, dass er mit seinen bald fünfundneunzig Jahren mit einem Gewehr im Wald herumläuft. Der könnte so einen Elchstutzen wahrscheinlich kaum noch heben. Die Personen sind entweder zu alt, um heute noch gefährlich zu sein, oder zu jung, als dass sie in den fünfziger Jahren schon hätten aktiv sein können. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären.«
    »Vielleicht arbeiten ja zwei Personen zusammen. Eine ältere und eine jüngere.«
    »Harald und Cecilia. Das glaube ich nicht. Ich glaube, sie hat die Wahrheit gesagt, als sie behauptete, dass sie nicht die Person an Harriets Fenster war.«
    »Aber wer war es dann?«
    Sie öffneten Mikaels iBook und verbrachten die nächste Stunde damit, alle Menschen, die auf den Bildern des Unfalls auf der Brücke zu sehen waren, noch einmal detailliert durchzugehen.
    »Ich kann es mir nicht anders vorstellen, es müssen nahezu alle Menschen aus der Stadt hier unten gewesen sein und zugesehen haben. Es war September. Die meisten tragen Jacken oder Pullover. Es gibt nur eine Person mit langen blonden Haaren und einem hellen Kleid.«
    »Cecilia taucht auf sehr vielen Fotos auf. Sie scheint hin und her zu gehen zwischen den Gebäuden und den Leuten, die sich den Unfall ansehen. Hier spricht sie mit Isabella. Hier steht sie mit Pfarrer Falk zusammen. Hier ist sie mit Greger Vanger, ihrem mittleren Bruder.«
    »Warte«, sagte Mikael plötzlich. »Was hat Greger denn da in der Hand?«
    »Irgendwas Viereckiges. Sieht aus wie irgendein Kästchen.«
    »Das ist eine Hasselblad. Er hatte auch eine Kamera.«
    Sie ließen die Bilder noch einmal durchlaufen. Greger war auf mehreren Fotos zu sehen, doch oft nur verdeckt. Auf einem Bild sah man deutlich, dass er was Viereckiges in der Hand hatte.
    »Ich glaube, du hast recht. Das ist eine Kamera.«
    »Was bedeutet, dass wir noch mal auf Bilderjagd gehen müssen.«
    »Okay, lassen wir das erst mal beiseite«, sagte Lisbeth. »Lass mich eine Hypothese formulieren.«
    »Bitte sehr.«
    »Was hältst du hiervon: Jemand aus der jüngeren Generation weiß, dass jemand aus der älteren Generation ein Serienmörder war, will aber nicht, dass es herauskommt. Die Familienehre und so weiter und so fort. Das würde bedeuten, dass es zwei Personen sind, die aber nicht unbedingt zusammenarbeiten. Der Mörder kann schon lange tot sein, aber unser Verfolger will einfach, dass wir alles stehen und liegen lassen und nach Hause fahren.«
    »Daran hab ich auch schon gedacht«, sagte Mikael. »Aber wenn es so ist, warum legt er dann eine zerstückelte Katze auf den Treppenabsatz? Damit nimmt er ja direkt Bezug auf die Morde.« Mikael klopfte auf Harriets Bibel. »Wieder eine Parodie auf das Brandopfer-Gesetz.«
    Lisbeth lehnte sich zurück und sah zur Kirche empor, während sie nachdenklich die Bibel zitierte. Es klang, als würde sie mit sich selbst sprechen.
    »Dann soll er das Rind schlachten vor dem Herrn, und die Priester, Aarons Söhne, sollen das Blut herzu bringen und ringsum an den Altar sprengen, der vor der Tür der Stiftshütte ist. Und er soll dem Brandopfer das Fell abziehen und es in seine Stücke zerlegen.«
    Sie verstummte und merkte plötzlich, dass Mikael sie gespannt ansah. Er schlug die Einleitung des Buches Levitikus auf.
    »Kannst du auch Vers 12?«
    Lisbeth schwieg.
    »Und er zerlege …«, begann Mikael und nickte ihr zu.
    »Und er zerlege es in seine Stücke, und der Priester soll sie samt dem Kopf und dem Fett auf das Holz über dem Feuer legen, das auf dem Altar ist.« Ihre Stimme war eiskalt.
    »Und den nächsten Vers?«
    Sie stand plötzlich auf.
    »Lisbeth, du hast ein fotografisches Gedächtnis«, rief Mikael verblüfft aus. »Deswegen liest du die Seiten des Untersuchungsberichts also in zehn Sekunden.«
    Ihre Reaktion war explosiv. Ihr Blick bohrte sich mit solchem Zorn in Mikaels, dass er ganz überrascht war. Dann füllten sich ihre Augen mit Verzweiflung, und sie lief zum Gartentor.
    »Lisbeth!«, rief Mikael ihr bestürzt hinterher.
    Sie lief die Straße entlang und verschwand.
     
    Mikael trug ihren Computer hinein, schaltete den Alarm ein und schloss die Haustür, bevor er wegging, um sie zu suchen. Er fand sie zwanzig Minuten später im Kleinboothafen, wo sie auf einem Steg saß, die Füße ins Wasser baumeln ließ und eine Zigarette rauchte.
    Sie hörte, wie er über

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