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Verborgen im Niemandsland

Verborgen im Niemandsland

Titel: Verborgen im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wort des Protestes. Doch der unbändige Hass, der in ihren Augen stand, galt nun auch dem Offizier und seinem Corporal.
    Danesfield gönnte seinen Soldaten eine Ruhepause von drei Tagen, die auch nötig waren, um die Toten am Fuß der Vorberge zu beerdigen und den Rücktransport der Siedler vorzubereiten. Er requirierte Fuhrwerke, Ochsen und Pferde, erlaubte jedoch nur leichtes persönliches Gepäck und einen knappen Vorrat an Proviant. Alles andere blieb im Tal zurück, auch das restliche Vieh. Danesfield wollte so schnell wie möglich zurück in die Kolonie, um seinen Ruhm zu ernten.
    Abby und Andrew blieben die ganze Zeit unter Bewachung. Am Morgen des Aufbruchs kletterten sie mit rasselnden Fußketten auf den Transportwagen der Rotröcke. Jonathan durfte an ihrer Seite bleiben, so viel Menschlichkeit hatte der Lieutenant doch noch gezeigt. In beklommenem Schweigen blickten sie zurück ins Tal mit seinen verlassenen Farmen, während die lange Wagenkolonne dem ersten Pass entgegenstrebte.
    Würden sie je wieder in dieses wunderbare Tal der Frangipanis zurückkehren? Ein solch gnädiges Schicksal war ihnen wohl nicht mehr beschert. Welche schmerzhaften Prüfungen mochten nun stattdessen auf sie warten?

Sechsunddreißigstes Kapitel
     
    Fast drei lange Wochen quälte sich die Wagenkolonne in der brütenden Sommerhitze über die Berge und durch das Buschland. Nicht nur die Siedler, sondern auch die Soldaten fielen in der dritten Woche in einen Zustand fast stumpfsinniger Teilnahmslosigkeit. Die Wildnis schien sie einfach nicht freigeben zu wollen.
    Dann kam endlich der Tag, an dem sie die Grenze der Kolonie erreichten. Beim Anblick der ersten Farm, die außerhalb von Camden lag, kam regelrechter Jubel unter den Soldaten auf. Das Lachen und die gegenseitigen Frotzeleien kehrten wieder zurück. Die dumpfe Wortkargheit der letzten Woche war wie weggewischt. Auch wenn sie noch eine ordentliche Strecke Weges bis nach Sydney vor sich wussten, so führte diese doch durch besiedeltes Land und nicht durch kargen, menschenleeren Busch, dessen gewaltiger Weite und Einsamkeit nur die wenigsten Menschen physisch wie psychisch gewachsen waren.
    Sogar unter den Siedlern hob sich die Stimmung beträchtlich. Zwar ließ sie die Sorge, ja sogar die Angst vor ihrem ungewissen Schicksal nicht los. Aber auch sie sehnten sich danach, dass die wochenlangen Strapazen auf den Fuhrwerken ein Ende fanden, sie der Gluthitze entkamen und sie sich irgendwo ausstrecken und ausruhen konnten - selbst wenn dieser Ort der Kerker von Sydney war.
    »Wir legen einen Ruhetag in Camden ein und schlagen auf dem Platz hinter der Kirche unser Lager auf!«, teilte Danesfield seinem Corporal mit, als sie die ersten Häuser der Siedlung erreichten. »Schicken Sie jemand ins Haus des Geistlichen und geben Sie den Wachen Bescheid, die wir bei ihm zurückgelassen haben. Sie sollen die Gefangenen in unser Lager bringen.«
    »Ich kümmere mich darum, Sir!«, sagte Jethro Haines, kniff dann die Augen zusammen und stieß verblüfft hervor: »Aber mir scheint, wir werden schon erwartet, Sir! Sehen Sie doch nur!« Er deutete die breite, staubige Hauptstraße hinunter, auf der plötzlich Soldaten aufmarschierten, die von links aus einer Gasse strömten. Sie riegelten die Straße ab. Auf ihren Gewehren blitzten die aufgesteckten Bajonette! Zwei Reiter, einer in Uniform, der andere in ziviler Kleidung, nahmen vor der Phalanx der Soldaten Aufstellung.
    »Soldaten! Das ist ja fast eine halbe Kompanie!«, rief hinter ihnen Nick Finley ungläubig. »Was ist denn hier los? Ist das vielleicht ein Begrüßungskommando?«
    »Das sind keine von unserem Corps, Sir!«, sagte Jethro Haines beklommen zu Danesfield. »Der Teufel soll mich holen, wenn das nicht Truppen vom 73. Highlander Regiment sind!«
    Die Erkenntnis traf Lieutenant Danesfield wie ein Schock.
    Ihm klappte der Unterkiefer herunter, als auch er zweifelsfrei sehen konnte, dass diese Soldaten nicht zum New South Wales Corps gehörten. Und dann stockte ihm der Atem. Denn der gut gekleidete Zivilist, der neben dem Offizier im Rang eines Captain hoch zu Pferd saß, war kein anderer als Melvin Chandler, der ältere Bruder des Mannes, der mit Ketten an den Füßen auf einem der Fuhrwerke hinter ihm saß!
    Abby wurde sich der Unruhe, die von einem Wagen auf den anderen übersprang, erst mit einiger Verspätung bewusst. Sie hatte ihren Arm um Jonathan gelegt, der völlig erschöpft in ihren Schoß gesunken und eingeschlafen war,

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