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Verborgen im Niemandsland

Verborgen im Niemandsland

Titel: Verborgen im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
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Auge doch Abby dort am Dreibein stehen. Denn wenn sie erst gefasst war, wartete auf sie ganz sicher eine solche Auspeitschung! Aber sie würde nicht mit lächerlichen fünfundzwanzig Schlägen davonkommen, sondern die Neunschwänzige würde mindestens hundertmal auf ihren Rücken niedergehen, bis da nur noch rohes, blutiges Fleisch und bloßgelegte Knochen zu sehen waren!
    Dass sie selbst wegen ihrer Verbrechen knapp dem Galgen entronnen und dank glücklicher Umstände nur nach Australien verbannt worden war, daran verschwendete Cleo nicht den Hauch eines Gedankens. Mitleid mit anderen war ihr so fremd wie einem Säufer die Abstinenz.
    Als sie genug von dem grausamen Schauspiel, dem Klatschen der Peitsche und den Schreien des Mannes hatte, ging sie zur Schreibstube der Offiziere hinüber.
    Ein dickleibiger Soldat im Rang eines Sergeanten saß hinter dem Schreibtisch, der aus massiver Eiche bestand und mit schweren Messingbeschlägen an den Kanten versehen war. Auf dem ledergebundenen, aufgeschlagenen Dienstbuch lagen einige Papiere, auf die er missmutig blickte, während er auf dem Ende eines Federkiels kaute.
    Kurz hob er den Kopf und erfasste mit einem Blick die schlampige Gestalt, die vor ihm stand. »Was willst du, Weib?«, fragte er barsch.
    »Ich muss mit Lieutenant Danesfield sprechen«, sagte Cleo. »Am besten aber mit Captain Grenville!«
    Seine buschigen Augenbrauen zogen sich spöttisch in die Höhe. »So, am besten gleich Captain Grenville, ja? Warum denn nicht den Gouverneur oder gar den König persönlich?«, blaffte er.
    »Es ist wichtig! Und ich weiß, dass Lieutenant Danesfield und auch Captain Grenville sehr an dem interessiert sind, was ich ihnen mitzuteilen habe!«
    »So, was du nicht sagst«, erwiderte der Sergeant gedehnt. Er lehnte sich zurück, und mit abfälligem Blick musterte er die plumpe, kräftige Gestalt mit den verrotteten Zähnen und der hässlichen Hautflechte auf der linken Gesichtshälfte, die in einem mit Schmutzflecken übersäten Kleid vor ihm stand. Er war sich sicher, sogar über den Tisch hinweg den Alkohol im Atem der Frau riechen zu können. »Du hast wohl schon heute Morgen mit dem Saufen begonnen, was? Wer bist du überhaupt?«
    Angriffslustig reckte Cleo ihr schwammiges Doppelkinn vor. »Gar nichts habe ich heute Morgen getrunken!«, log sie mit geheuchelter Empörung. »Und ich verbitte mir diese dreiste Unterstellung, Sergeant! Ich bin Cleo Patterson, die Frau des obersten Gefängniswärters!«
    »Du bist also eine Emanzipistin, eines von den läufigen Weibern, die der Verbüßung ihrer Reststrafe entkommen sind, weil sie sich einen freien Siedler als Mann geangelt haben«, höhnte der Sergeant. »Na, kein Wunder, dass du Schlampe keinen anderen als Winston Patterson, dieses dürre Klappergestell, abbekommen hast, obwohl es hier in der Kolonie an Weibern mangelt.«
    »Also, das ist ja wohl der Gipfel...«, begann Cleo sich zu entrüsten und stemmte die Fäuste in die Hüften.
    »Verschwinde!«, fuhr er ihr über den Mund. »Ich habe zu arbeiten. Wenn du etwas willst, geh rüber zur Schreibstube von Corporal Jamison! Der ist für Leute deines Schlages zuständig! Und nun raus, Weib!«
    Cleo lief vor Wut dunkelrot an, beherrschte sich aber. Es brachte nichts, den Mann noch mehr gegen sich aufzubringen. Sie musste einfach mit einem der Offiziere sprechen! Und wenn das bedeutete, dass sie ihre Wut zügeln und sich unterwürfig zeigen musste, so wie es das korrupte Soldatenpack erwartete, dann würde sie das eben notgedrungen tun.
    »Hören Sie mir wenigstens einen Augenblick zu, bevor Sie mich davonjagen, Sergeant«, sagte Cleo nun mit fester, aber bedeutend freundlicherer Stimme. »Denn wenn Sie mir nicht zuhören, werden Sie das vermutlich bitter bereuen, weil Sie dann ganz sicher Ärger mit Lieutenant Danesfield und Captain Grenville bekommen.«
    Der Sergeant lachte trocken auf und wollte ihr schon wieder ins Wort fallen.
    Doch Cleo redete schnell weiter. »Bei der Angelegenheit, die mich herführt, handelt es sich nämlich um den Fall eines entlaufenen Sträflings, an dem die beiden Offiziere ein großes persönliches Interesse haben.«
    Der Sergeant grinste hämisch. »Ach was, ihr habt einen eurer Insassen entlaufen lassen?«
    »Nein, die Frau ist von der Phoenix entkommen, mit der sie eigentlich nach Norfolk Island gebracht werden sollte!«
    Die Miene des Soldaten verfinsterte sich. »Du musst heute wirklich sehr früh mit dem Saufen begonnen haben!«, sagte er

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