Verborgene Lust
Schlafzimmer wechseln?«, fragt sie Thomas.
Valentina hebt den Kopf und sieht zu Thomas, der aufsteht, aus dem Whirlpool steigt, sich schüttelt und sie mit Wasser bespritzt. Er sieht wundervoll aus. Valentina kann den Blick nicht von seiner Erektion wenden. Sie begehrt ihn so sehr. Es ist, als würde ihr gesamter Körper vom Pulsschlag ihrer Seele getrieben, sie sehnt sich mit jeder Faser ihres Körpers nach ihm. Er dreht sich um und blickt die zwei Frauen an. Seine Augen glitzern wie Splitter von blauem Topas. Die Tür zum Schlafzimmer hinter ihm steht offen, das riesige Bett lockt.
»Wollen wir alle drei ins Bett gehen?«, fragt Anita Thomas noch einmal.
Trotz des gerade Erlebten und obwohl sie Thomas so sehr begehrt, fröstelt Valentina, als ihr plötzlich eine Erkenntnis kommt. Auf einmal weiß sie mit absoluter Sicherheit, dass sie nicht mit Anita weitermachen kann. Sie könnte niemals zusehen, wie Thomas mit einer anderen Frau schläft, auch wenn sie ein Teil des Dreiers ist. Sie kann das nicht. Sie liebt ihn zu sehr. Oder vielleicht nicht genug?
Das ist der Moment, in dem sie erfahren wird, ob sie Thomas zurückgewonnen hat. Egal, was Thomas jetzt auf Anitas Frage erwidert, er besiegelt damit für immer das Schicksal ihrer Liebe.
Maria
Als sie aus der Stadt hinausfahren, kühlt die Nacht ab, dennoch ist Maria schweißgebadet. Trotzdem behält sie ihr rotes Cape an. Sie zieht es vielmehr noch fester um sich, als könne sie damit ihr Herz schützen, und setzt die Kapuze auf, um ihr Gesicht vor den beiden Männern zu verbergen. René fährt, Olivier sitzt auf dem Beifahrersitz neben ihm, Maria auf der Rückbank dahinter.
Langsam kommen Maria Zweifel, ob es so klug war, darauf zu bestehen, dass sie zu diesem geheimnisvollen Schloss fahren, in dem Felix und seine Frau sich verstecken. Was will sie damit erreichen? Wie soll sie es ertragen, ihn mit ihr zu sehen? Jetzt wird sie ihn für immer verlieren. Doch Maria will alles über den Mann wissen, den sie liebt. Sie muss das Ausmaß seines Verrats sehen.
Vielleicht ist ihre Liebe zu Felix nicht gesund. Vielleicht ist es eine Art Krankheit, durch die sie die Macht über ihre sexuellen Bedürfnisse und ihr Verlangen verliert? Hat er sie verzaubert? Und wenn dem so ist, wacht sie vielleicht auf und gewinnt ihre Kraft zurück, wenn sie Felix außerhalb von Paris mit seiner Frau sieht? Vielleicht schafft Maria es, ihre Würde zu wahren und wegzugehen.
»Geliebte.« So hatte René sie genannt. Kann sie sich mit dieser Rolle in Felix’ Leben abfinden? Er hatte auch gesagt, dass Felix sie liebte. Reicht ihr das?
Während sie aus der Stadt hinausfahren, wandern ihre Gedanken zurück zu Vivienne. Maria konnte sie nicht mehr finden, um sich im Club von ihr zu verabschieden. Sie möchte wissen, warum Vivienne ihr erzählt hat, Mathilde Leduc sei lange gegangen.
»Warum weiß Vivienne nichts von Felix’ Frau?« Sie stellt diese Frage Oliviers Hinterkopf, doch der dreht sich weder um, noch antwortet er ihr.
»Es hat damit zu tun, was im Krieg passiert ist«, meldet sich René. »Es ist besser, wenn sie es nicht weiß.«
»Warum? Was ist passiert?«
Olivier schweigt weiter, aber René antwortet ihr: »Vivienne war verheiratet, aber ihr Mann ist im Krieg umgekommen.«
»Das ist ja schrecklich«, murmelt Maria und hat Schwierigkeiten, sich den lebhaften Rotschopf als trauernde Witwe vorzustellen.
»Er war eine Schlüsselfigur in der Resistance und hat Informationen an die Engländer übermittelt. Wie Felix und Vivienne selbst hat er in Lyon gearbeitet, aber ihren Mann haben sie erwischt. Man hat ihn zu Tode gefoltert.«
Maria erschaudert. Obwohl Venedig während des Kriegs von den Deutschen besetzt war, haben sie die Zeit ziemlich unbeschadet überstanden. Ja, sie waren Risiken eingegangen, indem sie Jacqueline und die anderen versteckt hatten, aber das hatte sich zu jener Zeit trotzdem nicht gefährlich angefühlt.
»Und wo sind ihre Kinder?«, flüstert Maria und hat jetzt schon Angst vor dem, was sie gleich hören wird.
»Sie sind ebenfalls tot. Nachdem man den Vater gefasst hat, hat man die Familie ins Lager geschickt«, erzählt Olivier mit ausdrucksloser Stimme. »Vivienne ist die einzige Überlebende. Sie hatte zwei kleine Mädchen«, fügt er hinzu.
»Das ist ja grausam«, flüstert Maria, und ihre Augen füllen sich aus Mitgefühl für ihre neue Freundin mit Tränen.
»Es heißt, sie habe für ihre Mädchen und die anderen Kinder im Lager gesungen,
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