Verbotene Fruechte schmecken besser
stand auf.
„Noch bin ich der Herr im Haus und ich sage, wo es lang geht!“, schrie er mir hinterher.
An diesem Abend reifte in mir der Entschluss, dass es so nicht weitergehen könnte. Aufgebracht und fassungslos ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte an die Decke. Einige Zeit später klopfte es zaghaft an meiner Tür.
„Kann ich reinkommen?“, fragte Kathrin.
„Ja.“
„Die sind richtig sauer auf dich“, bekannte sie.
„Weiß ich. Es ist mir egal. Ich lasse mir nichts mehr diktieren.“
„Was ist eigentlich passiert?“
Ihr Blick, der mich bohrend traf, verriet, dass sie etwas bemerkt hatte.
„Glaub mir, das willst du nicht wissen“, wich ich aus.
„Du bist mein Bruder, natürlich will ich wissen, was mit dir los ist!“, empörte sie sich.
„Heute nicht. Lass mich erst nachdenken, dann erzähle ich es dir. Okay?“
„Du hast die Contis erwähnt, was hier normalerweise gar nicht geht. Was ist da im Busch?“, bohrte sie ungerührt weiter.
„Kathi, lass es.“
„Nein!“ Sie setzte sich zu mir, packte mich an den Schultern und sah mich eindringlich an. „Was auch immer in dir vorgeht, rede mit mir. Ich bin nicht wie sie – ich bin deine Schwester. Ich bin für dich da.“
Ich schlug die Augen nieder. Ihrem Blick konnte ich einfach nicht standhalten. Meine kleine Schwester. Sie wusste zwar, dass ich gegen alle Verbote mit Ricardo befreundet war – mehr wusste sie jedoch nicht. Ich vertraute ihr bedingungslos, weshalb ich mich dazu durchrang, ihr die Wahrheit zu sagen.
„Kathi, ich bin verliebt, schon lange. Und bevor du fragst, du kennst sie nicht – weil es keine sie ist.“
Sie zog eine Braue nach oben. „Heißt das, du bist …“
„Schwul“, nahm ich ihr das Wort aus dem Mund. „Ja. Ich bin schwul.“
„Wer ist es?“
„Was glaubst du?“, stieß ich eine Gegenfrage aus.
„Oh nein, nicht er. Nicht …“
„Oh doch. Mein Herz gehört Ricardo und nicht nur das. Wir sind zusammen, heimlich natürlich.“
Kathrin schloss die Augen und nahm einen tiefen Atemzug. „Wie lange schon?“, fragte sie tonlos.
„Zwei Jahre.“
Sie machte große Augen. „Es ist also was Ernstes … kein Wunder, dass du nicht nach St. Gallen willst.“
„Mir ist es sehr ernst und langsam habe ich keine Lust mehr darauf, dass wir unsere Liebe verstecken müssen.“
„Das glaube ich dir aufs Wort.“ Kathi sah mich mitleidig an. „Was willst du machen?“
„Das weiß ich noch nicht. Zuerst muss ich mit Rico reden.“
„Darf ich dich etwas fragen?“
„Ja, sicher.“
„Wie ist das, wenn man so richtig liebt?“
Ich lächelte. Eine gute Frage. „Wie ist das? Hm, man möchte nicht ohne den anderen sein, alle Dinge des Lebens miteinander teilen, sich nahe sein. Ich würde dieses Leben sofort tauschen, wenn ich dafür eines bekäme, in dem wir frei und offen miteinander leben könnten. Ohne das Versteckspiel. Scheiß auf die Kohle, Scheiß auf das Weingut. Wenn nicht bald etwas passiert, bedeutet es, dass wir dieses Glück nie haben werden.“
Kathi antwortete nicht gleich. Sie grübelte, das sah ich ihr an.
„Mach dir keine Gedanken. Es gibt keine Lösung. Frei sind Rico und ich erst, wenn unsere Eltern nicht mehr da sind. Und damit meine ich auch seine.“
„Ach, Chris. Es tut mir so leid für euch.“
„Macht es dir eigentlich nichts aus?“
„Was?“
„Na, dass ich schwul bin.“
Sie sah mich empört an. „Na hör mal. Du bist mein Bruder – egal, wen du liebst.“
„Danke.“ Ich war erleichtert und fühlte mich etwas freier, da ich mein Geheimnis mit ihr geteilt hatte. Weiter brachte mich das jedoch nicht. In der Realität gab es kaum eine Chance für unsere Liebe. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Entweder, wir machten so weiter, wie bisher oder wir mussten alles auf eine Karte setzen. Alles stand auf dem Spiel, wenn wir die Wahrheit sagten und uns outen würden. Mein Herz schrie nach der zweiten Variante.
*
Am nächsten Tag trafen wir uns im Wald bei einem kleinen Bachlauf. Dort erzählte ich Rico von dem Krach mit meinem Vater.
„Ich sag dir, mein Alter ist genauso bekloppt. Der will, dass ich nach Italien gehe, dort ein Jahr im Weinkeller meines Onkels verbringe und anschließend soll ich bei einem Bischöflichen Weingut lernen. Er will, dass ich der perfekte Kellermeister werde!“ Ricardo schnaubte.
„Oh Mann. Was hast du ihm gesagt?“
„Dass ich nicht gehe, auch wenn er sich auf den Kopf stellt.“
„Und?“
„Er hat
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