Verbotene Küsse in der Halbzeit (German Edition)
sie nicht alle drei ein bisschen Spaß haben wollten. Wütend hatte sie ihn vor die Tür gesetzt und sich furchtbar mit Jess gezofft.
Heute konnte sie solch eine Auseinandersetzung nicht gebrauchen. Sie war fix und fertig und wollte sich am liebsten die Bettdecke über den Kopf ziehen. Erin stieß ein Stoßgebet aus und hoffte, dass Jess sie heute in Ruhe lassen würde. Da es ein Donnerstag war, hatte sie sicher ganz gute Karten, denn morgen hatte Jess gleich zwei Aufführungen und konnte es sich daher nicht leisten, heute auf den Putz zu hauen.
In den letzten zwei Jahren, in denen sie mit Jess zusammengelebt hatte, hätte sich Erin längst an deren Sexualleben gewöhnen müssen. Es fiel ihr jedoch schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn sich Zusammenstöße mit nackten Männern häuften. Jess war Tänzerin und hatte ihrer Mitbewohnerin schon mehrmals erklärt, dass Broadway-Darsteller ihren Jobfrust mit Sex abreagierten. Wenn das stimmte, musste Jess sehr frustriert sein.
Erin schlüpfte aus ihren Schuhen und öffnete den strengen Knoten in ihrem Haar, als ihr Handy klingelte. Seufzend griff sie nach ihrer Tasche und fischte das Telefon heraus. Der Klingelton hatte ihr bereits verraten, dass es ihre Mom war. Einen Augenblick sah sie auf das Display und überlegte, ob sie den Anruf nicht einfach wegdrücken sollte, doch sie fügte sich dem Unvermeidbaren. Sie liebte ihre Mom, aber manchmal nahm deren Fürsorge Überhand.
„Hi, Mom.“
„Hallo, mein Schatz“, erklang die fröhliche Stimme ihrer Mutter. „Wie war es?“
„Mhh“, Erin schluckte eine bissige Antwort hinunter und betrat die Küche, in der sie Licht machte und mit Wut sah, dass Jess nicht aufgeräumt hatte, obwohl sie dran gewesen wäre. In der Spüle stand die Auflaufform, in der die Lasagne des Vortages hoffnungsvoll vertrocknet war, und auch sonst herrschte Chaos. Tief durchatmend öffnete sie den Kühlschrank und nahm sich einen Joghurt raus.
„Also? Hattest du dein hübsches Blusenkleid mit dem Spitzenkragen an?“
„Ja, Mom.“ Erin strich sich über den zarten Baumwollstoff ihres taillierten Kleides in Melonengelb und hätte viel lieber bequeme Jogginghosen getragen. Zwar liebte sie adrette Kleider, aber der Aufwand, den eine anständige Garderobe erforderte, überstieg ihre Toleranzgrenze in puncto Geduld. Da sie jedoch die Tochter ihrer Mutter war, die nach dem Prinzip Kleider machen Leute lebte, kleidete sie sich sorgfältig, wenn sie zur Arbeit ging, und machte besonders bei Vorstellungsgesprächen ein großes Aufheben um ihr Äußeres. Leider hatte das heute nicht viel gebracht.
Aus der obersten Schublade fischte sie einen Löffel und setzte sich anschließend auf einen Stuhl. Ihre Füße taten schrecklich weh. Das kam davon, wenn man den langen Weg von Queens nach Manhattan und zurück auf Ballerinas machte, die kaum eine Sohle besaßen. Netterweise hatte sie die ganze Zeit in der U-Bahn stehen müssen.
„Muss ich dir jedes Wort aus der Nase ziehen, Erin?“
„Nein, Mom.“ Unter Schwierigkeiten hielt sie den Hörer zwischen Ohr und Schulter fest, während sie den Deckel abriss und den Löffel im Fruchtjoghurt versenkte. „Es war ein absoluter Flop.“
„Flop?“ Ihre Mutter klang ungläubig. „Warum das denn?“
Weil der Typ ein absolutes Arschloch ist. „Mhh“, sie schluckte den ersten Löffel hinunter, „wir kamen nicht miteinander klar.“
„ Du kamst mit dem Kind nicht klar? Das kann ich mir nicht vorstellen. Kinder sind völlig verrückt nach dir!“
Erin leckte sich e twas Joghurt von der Unterlippe: „Das Kind habe ich gar nicht kennengelernt.“
„Ach!“
Erin fühlte sich bemüßigt, zu erklären: „Es war eine chaotische Situation, Mom. Der Vater ist alleinerziehend und scheint nicht von der verantwortungsvollen Art zu sein ...“
„Das kannst du nicht nach einem einzigen Treffen sagen.“
„ Doch das kann ich“, widersprach Erin. „Mittlerweile habe ich Erfahrung darin, die Eltern einzuschätzen.“
Leider war dies nur allzu wahr. Seit zwei Jahren verdiente sie ihre Brötchen als Kindermädchen und hatte meistens großen Spaß an diesem Job, da Kinder im Vorschulalter sehr süß sein konnten. Erst einmal war sie an einen regelrechten Satansbraten geraten, der sie zur Verzweiflung gebracht hatte. Glücklicherweise hatte sie nach drei Wochen zu einer anderen Stelle wechseln können, die sie beinahe ein ganzes Jahr behalten hatte. Anschließend war sie zu einem kleinen Jungen gekommen,
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