Verbotene Liebe im Land der roten Sonne
Kindern einfacher Rancharbeiter, als Vorbild hinstellte. In den Augen der Lehrerin konnte sie nichts falsch machen.
„Warum soll sie dich nicht loben?“, hatte Keefe auf ihre Klagen erwidert. „Du bist ein kluges Mädchen … und sehr, sehr hübsch.“
Dabei hatte er sie scherzhaft an den blonden Locken gezogen. Er war sechs Jahre älter als sie und besuchte seit seinem zehnten Lebensjahr ein exklusives Internat in Sydney. Die Ferien, die er zu Hause verbrachte, waren daher immer eine besonders kostbare Zeit für Skye.
Inzwischen war sie vierundzwanzig Jahre alt. Sie stand auf eigenen Füßen, obwohl sie sich den McGoverns immer noch stark verpflichtet fühlte. Sie hatten die teure Ausbildung finanziert und ihr damit eine glänzende Zukunft gesichert. Erst Jahre später hatte Skye von ihrem Vater erfahren, dass es Lady Margaret McGoverns ausdrücklicher Wunsch gewesen war, diese Tatsache geheim zu halten.
„Skye darf nichts davon erfahren“, hatte sie erklärt. „Aber sie ist so begabt, dass man ihr alle Möglichkeiten eröffnen muss.“
Überhaupt hatte die Großmutter der drei McGovern-Geschwister – eine erhabene Erscheinung von königlicher Würde – ungewöhnliches Interesse für die Tochter eines einfachen Rancharbeiters gezeigt. Das war Grund genug gewesen, eine tiefe Kluft zwischen Skye und Rachelle aufzureißen. Rachelle hatte eine eifersüchtige Ader. Sie liebte ihre Brüder und vergötterte besonders Keefe. Sie kämpfte unablässig um seine Anerkennung. Es gibt Mütter, die ihre Söhne nicht für eine andere Frau aufgeben können, hatte sie gehört, und Schwestern, die bei ihren Brüdern die erste Stelle einnehmen wollen. Das galt auch für Rachelle, die darüber wachte, dass Skye nicht in die Familie aufgenommen wurde.
„Du bist nur die streberhafte Tochter eines kleinen Herdenaufsehers“, hieß es dann etwa. „Warum versuchst du, dich in unsere Familie zu drängen?“ Mit der Familie war natürlich Keefe gemeint. Sie schoss diese Beleidigungen wie Giftpfeile ab, und mit der Zeit nahm die Wirkung des Giftes zu.
„Man muss wirklich Mitleid mit dir haben. Oberflächlich betrachtet bist du vielleicht ganz hübsch, aber wie erbärmlich ist deine Herkunft! Du wirst in unserer Welt niemals Anerkennung finden. Gib dir bloß keine Mühe.“
Rachelle sagte das in einem so beißendem Ton, dass Skye sich grausam bloßgestellt fühlte. Sie lernte früh, was es bedeutete, Opfer von Eifersucht zu sein. Dass sie sich davon nicht unterkriegen ließ, bewies ihre Stärke. Statt zu zerbrechen, lernte sie, für sich selber einzustehen.
Es dauerte Jahre, bis sie herausfand, dass die McGoverns ihre ganze Ausbildung bezahlt hatten, das noble Mädcheninternat ebenso wie die Universität. Sie hatte alle Energie eingesetzt, um ihren Vater stolz zu machen, und die Highschool mit besten Noten absolviert. Dadurch war ihr der Zugang zur Universität und einem Jurastudium möglich geworden. Frauenrecht hatte sie am meisten interessiert. Ihr Ziel war es, Frauen in rechtlichen Schwierigkeiten zu unterstützen, besonders alleinstehende Frauen, die sonst bei niemandem Hilfe fanden.
Die Nacht vor ihrer Abreise war warm und schwül. Skye träumte, sie wäre wieder ein Kind. Im Traum hielt sie Keefes Hand und sah wie verzaubert auf ein Meer wilder Blumen. Noch nie hatte sie in ihrem kurzen Leben etwas so Herrliches gesehen! Es war so schön, dass es schmerzlich in die Seele schnitt.
„Jahrelang fällt kein Regen, und dann ereignet sich dieses Wunder“, sagte Keefe beinahe stolz. „Die Wildblumen bedecken wieder die Wüste, Kleines.“
So nannte er sie damals oft. Zwischen ihr und dem Prinzen des australischen Outbacks herrschte tiefe Zuneigung. In dem Sommer, als Skye fünf Jahre alt gewesen war, waren die Blumen zu Millionen aufgeblüht. Im tropischen Norden Australiens hatte ein gewaltiger Wirbelsturm gewütet. Die ablaufenden Wassermassen verteilten sich auf die Flüsse im Landesinnern und erreichten über ein weit gespanntes Netz kleinster Rinnsale schließlich das Rote Zentrum, das unter häufiger Trockenheit leidende Land, wo sie Jubel auslösten, obwohl manche Ranch zu einer Insel in der endlosen Wasserwüste wurde.
In ihrem Traum überstrahlten die Blumen das goldgelbe Spinifex-Gras, erklommen die Hänge der tiefroten Sanddünen und reichten bis an die fernen Hügel, die in ihrer kindlichen Vorstellung immer geheimnisvollen Burgruinen glichen, in denen einst ein glanzvolles Leben geherrscht hatte. Die
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