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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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letzten Zeit, im letzten Jahre viel zu viel Qualen erduldet, als daß er nicht zum Teil gelitten hätte. Auch die stark fortgeschrittene Schwindsucht trägt, wie die Mediziner sagen, zur Störung der geistigen Funktionen bei.
    » Weine « in Mehrzahl und von verschiedenen Sorten gab es nicht, es gab auch keinen Madeira : das war übertrieben, aber Wein 1 war vorhanden. Es gab: Branntwein, Rum und Lissaboner, alles von der geringsten Sorte, doch in genügender Menge. An Speisen gab es außer dem obligaten Totenmahlgericht aus Reis mit Honig noch drei oder vier Gerichte (darunter auch Pfannkuchen), alles aus der Küche Amalia Iwanownas; dazu wurden zugleich auch zwei Samowars bereitet, für Tee und Punsch, der nach dem Essen getrunken werden sollte. Die Einkäufe hatte Katerina Iwanowna selbst besorgt mit Hilfe eines der Mieter, eines armen, kleinen Polen, der Gott weiß warum bei Frau Lippewechsel wohnte und der sich sofort an Katerina Iwanowna zu Botengängen attachierte und den ganzen gestrigen Tag und heutigen Morgen Hals über Kopf mit herausgestreckter Zunge herumgelaufen war, anscheinend besonders darum bemüht, daß der letztere Umstand auch bemerkt werde. Wegen jedes Unsinns kam er jeden Augenblick zu Katerina Iwanowna selbst gelaufen, war sogar einmal ins Große Kaufhaus gegangen, um sie zu suchen, und nannte sie ununterbrochen »Frau Oberst«, so daß sie seiner schließlich bis zur Übelkeit überdrüssig wurde, obwohl sie anfangs auch sagte, daß sie ohne diesen »dienstfertigen und großmütigen« Menschen wohl ganz verloren wäre. Es war eine Eigentümlichkeit ihres Charakters, daß sie jeden ersten besten mit den schönsten und grellsten Farben schmückte, ihn so lobte, daß er sich selbst genierte, zu seinem Ruhme verschiedene Umstände erfand, die gar nicht existierten, selbst vollkommen aufrichtig und treuherzig an die Wirklichkeit dieser Umstände glaubte, dann sich aber plötzlich enttäuscht sah und den Menschen, den sie noch vor einigen Stunden buchstäblich vergöttert hatte, anschrie, anspuckte und mit den Fäusten hinausjagte. Von Natur aus hatte sie einen lustigen, friedlichen Charakter und war leicht zum Lachen zu bringen, aber infolge der ununterbrochenen Schicksalsschläge und Mißerfolge wollte sie und forderte sie so wütend , daß alle in Frieden und Freude leben und sich nicht unterstehen , anders zu leben, daß der leiseste Mißton im Leben, der geringste Mißerfolg sie sofort beinahe in Raserei versetzte und sie gleich nach den leuchtendsten Hoffnungen und Phantasien anfing, ihr Schicksal zu verfluchen, alles, was ihr in die Hände fiel, zu zerreißen und zu vernichten und mit dem Kopfe gegen die Wand zu schlagen. Auch Amalia Iwanowna hatte bei ihr plötzlich eine außergewöhnliche Bedeutung und außergewöhnliche Achtung gewonnen, vielleicht bloß aus dem Grunde, weil das Totenmahl stattfinden sollte und Amalia Iwanowna mit ganzem Herzen bereit war, an allen Mühen teilzunehmen: sie übernahm es, den Tisch zu decken, die Tischwäsche, das Geschirr und dergleichen zu besorgen und in ihrer Küche die Speisen zu bereiten. Katerina Iwanowna hatte sie, vor dem Gange auf den Friedhof, mit allen Vollmachten ausgestattet und als ihre Vertreterin zurückgelassen. Alles war tatsächlich aufs beste vorbereitet: der Tisch war sogar ziemlich reinlich gedeckt, das Geschirr, die Gabeln und Messer, Schnapsgläser, Weingläser und Tassen waren zwar von verschiedener Form und von verschiedener Größe, weil von verschiedenen Mietern zusammengeborgt, aber alles stand zur bestimmten Stunde auf seinem Platz, und Amalia Iwanowna, vom Gefühl durchdrungen, ihr Werk gut getan zu haben, empfing die vom Friedhofe Zurückkehrenden sogar mit einem gewissen Stolze, fein geputzt, mit neuen Trauerbändern an der Haube und im schwarzen Kleide. Dieser, wenn auch berechtigte Stolz, mißfiel aus irgendeinem Grunde Katerina Iwanowna: »Als ob wir es ohne Amalia Iwanowna nicht verstanden hätten, den Tisch zu decken!« Auch die Haube mit den neuen Bändern mißfiel ihr: »Diese dumme Deutsche ist vielleicht noch stolz, daß sie die Wirtin ist und sich aus Gnade herabgelassen hat, den armen Mietern zu helfen? Aus Gnade! Ich bitte sehr! Bei Katerina Iwanownas Papa, der Oberst und beinahe Gouverneur gewesen war, pflegte man den Tisch zuweilen für vierzig Personen zu decken, so daß man irgendeine Amalia Iwanowna, oder besser gesagt Ludwigowna, nicht mal in die Küche hereingelassen hätte ...« Katerina Iwanowna

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