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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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über dich, glaube ich, vorgestern mit meiner Schwester gesprochen, Rasumichin.«
    »Über mich?! Ja ... wo hast du sie denn vorgestern sehen können?« fragte plötzlich Rasumichin erstaunt und wurde sogar etwas blaß.
    Man konnte ihm ansehen, daß sein Herz langsam und schwer klopfte.
    »Sie war hergekommen, allein, hat hier gesessen und mit mir gesprochen.«
    »Sie?!«
    »Ja, sie!«
    »Was hast du ihr denn gesagt ... ich meine – von mir?«
    »Ich sagte ihr, daß du ein sehr guter, ehrlicher und arbeitsamer Mensch seist. Daß du sie liebst, habe ich ihr nicht gesagt, denn sie weiß es selbst.«
    »Sie weiß es selbst?«
    »Na, und ob! Wohin ich auch fortgehen würde, was mir auch zustieße, du bleibst ihnen immer eine Vorsehung. Ich übergebe sie dir, sozusagen, Rasumichin. Ich sage das, weil ich sicher weiß, wie du sie liebst, und weil ich von der Reinheit deines Herzens überzeugt bin. Ich weiß auch, daß auch sie dich lieben kann und vielleicht sogar auch schon liebt. Beschließe jetzt selbst, was du für das Beste hältst: – ob du zu trinken anfangen sollst oder nicht!?«
    »Rodja ... Siehst du ... Nun ... Ach, Teufel! Wo willst du aber hin? Siehst du: wenn es ein Geheimnis ist, so laß es sein! Aber ich ... werde das Geheimnis erfahren ... Ich bin überzeugt, daß es unbedingt eine Dummheit und ein furchtbarer Unsinn ist und daß du alles allein ausgedacht hast. Ubrigens bist du ein prachtvoller Mensch! Ein prachtvoller Mensch! ...«
    »Ich wollte dir vorhin noch sagen, du hast mich aber unterbrochen, daß es sehr klug von dir ist, wenn du alle diese Geheimnisse und Rätsel gar nicht erforschen willst. Laß sie vorläufig sein und mach dir keine Sorgen. Mit der Zeit wirst du alles erfahren, und zwar gerade dann, wenn es nötig sein wird. Gestern hat mir ein Mann gesagt, daß der Mensch Luft, Luft und noch einmal Luft braucht! Ich will gerade zu ihm gehen, um zu erfahren, was er damit meint.«
    Rasumichin stand nachdenklich und erregt da und schien sich etwas zu überlegen.
    – Er ist ein politischer Verschwörer! Ganz bestimmt! Und zwar unmittelbar vor einem entscheidenden Schritt, – ganz sicher! Anders kann es gar nicht sein und ... Dunja weiß davon ... – dachte er bei sich.
    »Awdotja Romanowna kommt also zu dir«, sagte er, jedes Wort betonend, »und du selbst willst zu einem Menschen gehen, welcher sagt, daß man mehr Luft braucht und ... und folglich hat auch dieser Brief ... etwas damit zu tun«, schloß er wie vor sich hin.
    »Was für ein Brief?«
    »Sie hat heute einen Brief bekommen, der sie sehr aufgeregt hat. Sehr. Sogar furchtbar. Ich brachte die Rede auf dich, sie bat mich aber, zu schweigen. Dann ... dann sagte sie, daß wir uns vielleicht bald trennen werden, dann fing sie an, mir für etwas heiß zu danken ... dann ging sie auf ihr Zimmer und schloß sich ein.«
    »Sie hat einen Brief bekommen?« fragte Raskolnikow wieder.
    »Ja, einen Brief; hast du es nicht gewußt? Hm! ...«
    Beide schwiegen eine Weile.
    »Leb wohl, Rodion. Es gab eine Zeit ... wo ich, Bruder ... übrigens leb wohl; nun, es gab eine Zeit ... Leb wohl! Ich muß auch gehen. Trinken werde ich nicht. Jetzt brauche ich es nicht ... Unsinn!«
    Er schien große Eile zu haben; als er aber schon hinausgegangen war und die Tür fast geschlossen hatte, machte er sie plötzlich wieder auf und sagte, irgendwo zur Seite blickend:
    »Apropos! Kannst du dich noch an den Mord erinnern, mit dem sich Porfirij zu schaffen macht: an die Ermordung der Alten? Also wollte ich dir sagen, daß man den Mörder gefunden hat, er hat selbst alles eingestanden und alle Beweise geliefert. Er ist einer von jenen Arbeitern, den Anstreichern, denk dir nur! Kannst du dich noch erinnern, wie ich sie hier verteidigt habe? Wirst du es glauben: die ganze Szene, wo er sich mit seinem Kameraden auf der Treppe herumschlug und lachte, als der Hausknecht und die beiden Zeugen hinaufgingen, hat er absichtlich aufgeführt, um den Verdacht von sich abzulenken. Wie schlau, welch eine Geistesgegenwart bei so einem jungen Hunde! Es ist kaum zu glauben; er hat aber alles aufgeklärt und alles eingestanden! Wie bin ich doch hereingefallen! Nun, meiner Ansicht nach ist er bloß ein Genie der Verstellungskunst und der Findigkeit, ein Genie des juristischen Alibi – folglich ist hier nichts Bewundernswertes! Warum soll es auch nicht solche Leute geben? Daß er aber aus seiner Rolle gefallen ist und alles eingestanden hat, macht mir die Sache erst recht glaubhaft. So

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