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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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meine rohe Offenheit schien ihr gefallen zu haben. – ›Also will er mich nicht betrügen,‹ dachte sie sich wohl, ›wenn er es mir selbst im voraus erklärt‹; für eine eifersüchtige Frau ist es aber das Wichtigste. Nach vielen Tränen wurde dann zwischen uns folgender mündliche Vertrag geschlossen: Erstens werde ich Marfa Petrowna nie verlassen und immer ihr Mann bleiben; zweitens werde ich ohne ihre Erlaubnis niemals verreisen; drittens werde ich mir nie eine ständige Geliebte halten; viertens erlaubt mir Marfa Petrowna dafür zuweilen, mich an einem Dienstmädchen zu vergreifen, doch nicht anders, als mit ihrem geheimen Wissen; fünftens soll mich Gott behüten, mich in eine Frau von unserem Stande zu verlieben; sechstens muß ich, wenn ich, Gott behüte, in einer großen und ernsten Leidenschaft entbrenne, es sofort Marfa Petrowna eröffnen. In bezug auf diesen letzten Punkt war Marfa Petrowna übrigens die ganze Zeit ziemlich ruhig; sie war eine kluge Frau und konnte mich daher für nichts anderes als für einen verdorbenen und leichtsinnigen Menschen halten, der gar nicht imstande ist, sich ernstlich zu verlieben. Aber eine kluge Frau und eine eifersüchtige Frau sind zwei verschiedene Dinge, und das ist eben das ganze Unglück. Übrigens, um über manche Menschen vorurteilslos urteilen zu können, muß man vorher manche voreingenommenen Ansichten und die alltägliche Gewöhnung an die uns vertrauten Menschen und Gewohnheiten aufgeben. Ich habe wohl recht, von Ihrem Urteil mehr zu erhoffen als von dem irgendeines anderen Menschen. Vielleicht haben Sie über Marfa Petrowna schon sehr viel Lächerliches und Unsinniges gehört. Sie hatte in der Tat manche komischen Angewohnheiten; aber ich will Ihnen offen sagen, daß ich den vielen Kummer, den ich ihr zugefügt habe, aufrichtig bedaure. Nun, das genügt wohl für eine sehr anständige oraison funebre auf die zärtlichste Frau vom zärtlichsten Manne. Wenn es zu Streitigkeiten zwischen uns kam, schwieg ich meistenteils und kam nicht aus der Fassung, und dieses ritterliche Benehmen führte meistens zum Ziel; es machte Eindruck auf sie und gefiel ihr gut; es gab sogar Fälle, wo sie auf mich stolz war. Aber das mit Ihrer Schwester konnte sie dennoch nicht ertragen. Wie war es nur möglich, daß sie es riskierte, solch, eine Schönheit als Gouvernante zu sich ins Haus zu nehmen! Das erkläre ich damit, daß Marfa Petrowna eine feurige und begeisterungsfähige Frau war und sich in Ihre Schwester selbst verliebt hatte – buchstäblich verliebt. Aber auch Awdotja Romanowna war gut! Ich verstand es sehr gut auf den ersten Blick, daß die Sache gefährlich ist und ... – was glauben Sie? – ich entschloß mich selbst, sie gar nicht anzusehen. Aber Awdotja Romanowna machte selbst den ersten Schritt, ob Sie es mir glauben oder nicht. Werden Sie mir glauben, daß Marfa Petrowna mir anfangs sogar zürnte, weil ich mich über Ihre Schwester immer ausschwieg und die ständigen verliebten Urteile meiner Frau über Awdotja Romanowna so gleichgültig hinnahm? Ich verstehe gar nicht, was sie wollte. Selbstverständlich erzählte Marfa Petrowna Ihrer Schwester mein ganzes Vorleben mit allen Einzelheiten. Sie hatte diese unglückliche Angewohnheit, alle Menschen in unsere Familiengeheimnisse einzuweihen und sich bei allen über mich zu beklagen; wie sollte sie da auch nicht die neue schöne Freundin in alles einweihen? Ich nehme an, daß sie überhaupt von nichts anderem sprachen als von mir, und Awdotja Romanowna erfuhr wohl zweifellos alle jene finsteren, geheimnisvollen Märchen, die man mir zuschreibt ... Ich wette, daß Sie schon etwas Derartiges gehört haben?«
    »Ich habe gehört. Luschin beschuldigte Sie sogar, daß Sie den Tod eines Kindes verursacht hätten. Ist es wahr?«
    »Tun Sie mir den Gefallen und kommen Sie mir nicht mit diesen Dummheiten«, entgegnete Swidrigailow widerwillig und angeekelt. »Wenn Sie unbedingt etwas über diesen ganzen Unsinn hören wollen, so werde ich es Ihnen einmal erzählen, aber jetzt ...«
    »Man erzählte sich auch von einem Diener, den Sie auf dem Lande hatten und bei dem Sie gleichfalls etwas verschuldet haben.«
    »Tun Sie mir den Gefallen – genug davon!« unterbrach ihn Swidrigailow wieder mit sichtbarer Ungeduld.
    »Ist es nicht derselbe Diener, der zu Ihnen nach seinem Tode kam, um die Pfeife zu stopfen? ... Sie haben mir sogar selbst schon davon erzählt!« fuhr Raskolnikow immer gereizter fort.
    Swidrigailow sah

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