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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Sie sich: ich selbst rechnete während meiner Reise hierher im Eisenbahnwagen darauf, daß auch Sie mir etwas Neues sagen werden und daß es mir gelingen wird, von Ihnen etwas zu profitieren! Sehen Sie, so reich sind wir beide!«
    »Was denn profitieren?«
    »Was soll ich darauf sagen? Weiß ich denn, was? Sehen Sie doch, in was für einer Spelunke ich die ganze Zeit sitze, und das ist mir ein Genuß, das heißt: weniger ein Genuß, aber der Mensch muß doch irgendwo sitzen. Nehmen wir zum Beispiel diese arme Katja, Sie haben sie doch gesehen? ... Wäre ich doch wenigstens ein Vielfraß, ein Klubmensch und Feinschmecker, aber ich bin imstande, auch solche Sachen zu essen! (Er zeigte mit dem Finger in die Ecke, wo auf einem kleinen Tischchen ein Blechteller mit den Resten eines entsetzlichen Beefsteaks mit Kartoffeln stand.) Übrigens, haben Sie schon zu Mittag gegessen? Ich habe schon einige Bissen heruntergeschluckt und will nicht mehr. Wein zum Beispiel trinke ich gar nicht. Außer Champagner gar keinen, und auch davon trinke ich im Laufe eines ganzen Abends nur ein einziges Glas, und das macht mir Kopfweh. Jetzt ließ ich mir die Flasche bringen, nur um mich etwas zu stärken, denn ich muß irgendwohin gehen, und Sie sehen mich in einer ganz besonderen Geistesverfassung. Darum versteckte ich mich vorhin wie ein Schuljunge, weil ich glaubte, Sie würden mich stören; aber ich denke (er holte seine Uhr hervor), daß ich mit Ihnen noch eine Stunde bleiben kann, jetzt ist es halb fünf. Glauben Sie mir, wenn ich doch irgendwas wäre, ein Gutsbesitzer, meinetwegen ein Familienvater, ein Ulan, ein Photograph, ein Journalist ... aber ich bin nichts, habe gar keine Spezialität! Manchmal langweilt mich das. Wirklich, ich glaubte, Sie würden mir etwas Neues erzählen.«
    »Wer sind Sie denn und warum sind Sie nach Petersburg gekommen?«
    »Wer ich bin? Sie wissen doch: ich bin adlig, habe zwei Jahre in der Kavallerie gedient, mich dann hier in Petersburg herumgetrieben, habe dann Marfa Petrowna geheiratet und mit ihr auf dem Lande gelebt. Das ist meine Biographie!«
    »Ich glaube, Sie sind ein Spieler?«
    »Nein, was bin ich für ein Spieler! Ein Falschspieler ist doch kein Spieler.«
    »Waren Sie denn Falschspieler?«
    »Ja, ich war auch Falschspieler.«
    »Nun, haben Sie auch Prügel bekommen?«
    »Es kam wohl vor. Warum?«
    »Nun, man hätte Sie also auch zum Duell fordern können ... und überhaupt macht es das Leben bewegter.«
    »Ich widerspreche Ihnen nicht und bin auch kein Meister im Philosophieren. Ich will Ihnen gestehen, ich bin hauptsächlich wegen der Weiber hergekommen.«
    »Gleich nachdem Sie Marfa Petrowna beerdigt haben?«
    »Nun ja«, antwortete Swidrigailow und lächelte mit einer Offenheit, die einen entwaffnete. »Was ist denn dabei? Mir scheint, Sie halten es für schlecht, daß ich von den Weibern so rede?«
    »Das heißt, ob ich die Ausschweifung für gut oder schlecht halte?«
    »Die Ausschweifung! So beurteilen Sie es also! Übrigens will ich Ihnen alles der Reihe nach beantworten, zuerst also über die Frauen im allgemeinen; wissen Sie, ich habe gerade Lust, zu plaudern. Sagen Sie mir, bitte, wozu soll ich mich beherrschen? Warum soll ich die Weiber aufgeben, wenn ich großer Liebhaber von ihnen bin? Es ist doch jedenfalls eine Beschäftigung.«
    »Also setzen Sie alle Ihre Hoffnungen auf die Ausschweifung?«
    »Nun, warum nicht –, meinetwegen auf die Ausschweifung! Wie Sie sich auf dieses Wort versessen haben! Ja, ich liebe jedenfalls eine offene Frage. In dieser Ausschweifung ist wenigstens etwas Beständiges, das in der Natur begründet und der Phantasie nicht unterworfen ist, etwas, was im Blute ständig wie Kohlenglut glimmt, was ewig anfeuert und sich vielleicht auch mit den Jahren nicht so schnell auslöschen läßt. Sie werden doch zugeben, daß es eine Art Beschäftigung ist?«
    »Was freuen Sie sich darüber? Es ist eine Krankheit, und zwar eine gefährliche.«
    »Ah, da wollen Sie hinaus! Ich gebe zu, daß es eine Krankheit ist, ebenso wie alles, was über das Maß hinausgeht; darin muß man aber unbedingt über das Maß hinausgehen. Aber das ist, erstens, bei dem einen so und bei dem anderen anders und, zweitens, muß man in allen Dingen Maß halten, und wenn es auch gemein ist, aber was soll man machen? Wäre das nicht, so müßte man sich vielleicht gar erschießen. Ich gebe zu, daß ein anständiger Mensch die Pflicht hat, sich zu langweilen, aber immerhin ...«
    »Wären Sie

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