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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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ganzes Geld anzubieten (ich konnte damals etwa dreißigtausend Rubel flüssig machen), damit sie mit mir meinetwegen hierher nach Petersburg flieht. Natürlich würde ich ihr ewige Liebe, Seligkeit und dergleichen geschworen haben. Glauben Sie es mir: ich war damals so vernarrt, daß, wenn sie mir gesagt hätte: ›Ermorde oder vergifte Marfa Petrowna und heirate mich‹, ich es sofort getan hätte! Alles endete aber mit der Ihnen schon bekannten Katastrophe, und Sie werden nun selbst beurteilen können, wie wütend ich wurde, als ich erfuhr, daß Marfa Petrowna diesen gemeinen Federfuchser Luschin aufgegabelt und beinahe eine Heirat gedeichselt hatte, was im Grunde genommen dasselbe gewesen wäre, was ich ihr anbot. Ist es nicht so? Es stimmt doch? Ich sehe, daß Sie angefangen haben, mir sehr aufmerksam zuzuhören ... Sie interessanter junger Mann ...«
    Swidrigailow schlug ungeduldig mit der Faust auf den Tisch. Er war ganz rot geworden. Raskolnikow sah deutlich, daß das eine oder die anderthalb Glas Champagner, die er unmerklich in kleinen Schlucken getrunken, auf ihn krankhaft gewirkt hatten, und er beschloß, diese Gelegenheit auszunützen. Swidrigailow kam ihm sehr verdächtig vor.
    »Nun, nach alledem bin ich vollkommen überzeugt, daß Sie meiner Schwester wegen hergekommen sind«, sagte er Swidrigailow geradeaus und ohne sich zu verstellen, um ihn noch mehr zu reizen.
    »Ach, hören Sie auf!« sagte Swidrigailow, gleichsam zur Besinnung kommend. »Ich sagte Ihnen ja schon ... und außerdem kann mich Ihre Schwester nicht leiden.«
    »Ja, davon bin auch ich überzeugt, daß sie Sie nicht leiden kann; es handelt sich jetzt aber nicht darum.«
    »Sind Sie denn wirklich überzeugt, daß sie mich nicht leiden kann?« (Swidrigailow kniff die Augen zusammen und lächelte spöttisch.) »Sie haben recht, sie liebt mich nicht; aber übernehmen Sie niemals eine Garantie in Dingen, die zwischen einem Gatten und einer Gattin oder zwischen einem Liebhaber und einer Geliebten passiert sind. Es gibt darin immer einen Winkel, der der ganzen Welt unbekannt bleibt und den nur die beiden allein kennen. Bürgen Sie dafür, daß Awdotja Romanowna mich wirklich mit Abscheu angesehen hat?«
    »Aus einigen Worten und Redensarten in Ihrer Erzählung schließe ich, daß Sie auch jetzt noch Absichten, die Sie unverzüglich verwirklichen wollen, gegen Dunja haben, und zwar höchst gemeine Absichten.«
    »Wie? Mir sind solche Worte und Redensarten entschlüpft?« rief Swidrigailow mit höchst naivem Erstaunen, ohne dem seinen Absichten zugeschriebenen Epitheton irgendeine Beachtung zu schenken.
    »Sie entschlüpfen Ihnen auch jetzt. Was fürchten Sie denn so? Worüber sind Sie plötzlich so erschrocken?«
    »Ich fürchte mich und bin erschrocken? Vielleicht vor Ihnen? Viel eher haben Sie Grund, mich zu fürchten, cher ami! Was für ein Unsinn! ... Ich bin übrigens betrunken, ich sehe es; um ein Haar hätte ich mich wieder versprochen. Zum Teufel den Champagner! He, Wasser!«
    Er ergriff die Flasche und schmiß sie ohne jede Rücksicht zum Fenster hinaus. Philipp brachte Wasser.
    »Das ist alles Unsinn«, sagte Swidrigailow, indem er ein Handtuch naß machte und es sich an den Kopf drückte. »Ich kann Sie mit einem einzigen Worte umwerfen und Ihren ganzen Verdacht zu Staub machen. Wissen Sie zum Beispiel, daß ich heirate?«
    »Das haben Sie mir auch schon früher gesagt.«
    »Ich habe es gesagt? Dann habe ich es vergessen. Damals aber konnte ich noch nichts Positives sagen, denn ich hatte die Braut noch gar nicht gesehen; ich trug mich bloß mit der Absieht herum. Nun, und jetzt habe ich schon eine Braut, und die ganze Sache ist abgeschlossen; hätte ich jetzt nicht andere dringende Geschäfte vor, so würde ich Sie unbedingt sofort mitnehmen und zu meiner Braut bringen – denn ich möchte Sie um Ihren Rat fragen. Ach, zum Teufel! Es bleiben mir nur noch zehn Minuten. Sehen Sie, hier ist die Uhr; übrigens will ich es Ihnen erzählen, denn meine Heirat ist eine interessante Sache, ich meine, in ihrer Art, – wo wollen Sie hin? Wollen Sie wieder gehen?«
    »Nein, jetzt gehe ich nicht mehr fort.«
    »Sie wollen gar nicht mehr fort? Wir wollen sehen! Ich werde Sie hinbringen und Ihnen die Braut zeigen, doch nicht jetzt, denn Sie müssen bald gehen. Sie gehen nach rechts und ich nach links. Kennen Sie diese Rößlich? Dieselbe Rößlich, bei der ich jetzt wohne? Hören Sie es? Nein, was denken Sie sich bloß, es ist dieselbe, von der

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