Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
Polizei sofort auf Yasuko Hanaoka. Er bezweifelte, dass Yasuko und ihre Tochtereine polizeiliche Untersuchung überstehen würden. Also entwarf er folgenden Plan: Er würde einen Mann töten und die Polizei glauben machen, es handle sich um Shinji Togashi. Dann würde er die Polizei nach und nach herausfinden lassen, wann, wo und wie das Opfer ermordet worden war. Mit fortschreitenden Ermittlungen würden die Verdachtsmomente gegen Yasuko immer schwächer werden. Ganz klar, sie hatte den Mann ja nicht getötet. Ihr habt also gar nicht den Fall Shinji Togashi untersucht, sondern einen ganz anderen Mordfall.«
Kusanagi konnte sich einfach nicht vorstellen, dass die Geschichte stimmte, und schüttelte immer wieder den Kopf.
»Der Einfall zu diesem wahnwitzigen Plan kam Ishigami wahrscheinlich, weil er immer hier am Ufer entlangging und die Obdachlosen beobachtete. Wozu lebten die überhaupt? Sie warteten hier ja doch nur auf den Tod. Und wenn sie starben, nahm niemand Notiz davon, niemand war traurig – so stelle ich mir seinen Gedankengang vor.«
»Meinst du, er dachte, es könnte nichts schaden, einen von ihnen umbringen?«, fragte Kusanagi.
»Nein, das sicher nicht. Ich glaube, er hat sich nur ihre besonderen Umstände zunutze gemacht. Vor einiger Zeit habe ich zu dir gesagt, er sei ein Mann, der zu allem fähig wäre, solange es logisch erscheint.«
»Und ein Mord ist logisch?«
»Die Leiche war ein Teil in seinem Puzzle. Ohne sie hätte er es nicht vollenden können.«
Es war ein seltsames Gefühl für Kusanagi, wie sein Freund ihm diese unglaubwürdige Geschichte vortrug, als würde er eine Vorlesung an der Universität halten.
»Am Morgen, nachdem Yasuko Hanaoka ihren Ex-Manngetötet hatte, machte Ishigami sich an einen einzelnen Obdachlosen heran. Ich weiß nicht, was er zu ihm gesagt hat, aber ich vermute, er hat ihm einen Job angeboten. Dieser bestand darin, zunächst Shinji Togashis Pension aufzusuchen und sich bis abends dort aufzuhalten. Ishigami hatte bereits in der Nacht zuvor sämtliche Spuren getilgt, die Shinji Togashi in dem Zimmer zurückgelassen hatte. Jetzt befanden sich dort nur noch die Fingerabdrücke und Haare des Obdachlosen. Am Abend zog dieser die Kleider an, die Ishigami ihm gegeben hatte, und begab sich an einen vereinbarten Ort.«
»Zum Bahnhof Shinozaki?«, fragte Kusanagi, aber Yukawa schüttelte den Kopf.
»Wahrscheinlich an die Haltestelle davor – Mizue.«
»Aha?«
»Ishigami hatte das Fahrrad am Bahnhof Shinozaki gestohlen und traf sich mit dem Obdachlosen in Mizue, wo er höchstwahrscheinlich ein weiteres Fahrrad für sich selbst bereithielt. Die beiden fuhren zusammen zum Alten Edogawa, und Ishigami tötete den Mann. Das Gesicht zertrümmerte er ihm, weil er ja vertuschen musste, dass es sich nicht um Shinji Togashi handelte. Eigentlich wäre es nicht nötig gewesen, die Fingerkuppen des Mannes zu versengen, denn er hatte seine Abdrücke ja bereits in Togashis Pension hinterlassen und damit sichergestellt, dass die Polizei die Leiche als Togashi identifizieren würde. Aber der Leiche lediglich das Gesicht zu zertrümmern hätte Verdacht erregt. Also musste er ihr auch die Fingerkuppen verbrennen. Zugleich fürchtete er, die Polizei würde zu lange brauchen, um die Leiche zu identifizieren. Deshalb ließ er die Abdrücke auf dem Fahrrad zurück. Aus dem gleichen Grund verbrannte er auch die Kleidung nur halb.«
»Aber dafür musste er doch kein nagelneues Fahrrad stehlen.«
»Ishigami hat für alle Eventualitäten vorgesorgt.«
»Was für Eventualitäten?«
»Er musste sicherstellen, dass die Polizei den Todeszeitpunkt einigermaßen richtig bestimmte. Natürlich ergibt eine Obduktion einen verhältnismäßig genauen Zeitpunkt, aber er fürchtete, die Leiche könnte zu spät entdeckt und die Zeitspanne dadurch zu sehr ausgeweitet werden. Schlimmstensfalls würde sie sich womöglich bis auf den Abend zuvor, also den 9. März, erstrecken. Das wäre höchst ungünstig gewesen, denn dies war der Abend, an dem Yasuko Hanaoka ihren Ex-Mann umgebracht hatte und für den sie kein Alibi besaß. Um das zu verhindern, brauchte er den Beweis, dass das Fahrrad am 10. März oder später gestohlen worden war. Weshalb er sich für ein nagelneues Fahrrad entschied, das sicher nicht mehr als für einen Tag dort abgestellt war, damit die Besitzerin genau bestimmen konnte, wann es gestohlen worden war.«
»So war ihm das Fahrrad in mehrfacher Hinsicht von Nutzen!« Kusanagi schlug
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