Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
Knien ruhenden Hände zu Fäusten.
»Aber ich kann es einfach nicht glauben. Ich kann nicht glauben, dass er so etwas tun würde. Was Sie angeht.«
Yasuko spürte, dass Yukawa sie beobachtete. Sie wurde immer nervöser.
»Ich kann nicht glauben, dass er Sie auf diese Weise bespitzelt hat. Nein, ›glauben‹ ist nicht das richtige Wort. Ich bin überzeugt, dass er so etwas nie tun würde. Ishigami lügt. Aber warum tut er das? Er lügt, obwohl er deshalb für einen Mord verurteilt werden wird. Welchen Sinn könnte das haben? Ich kann mir nur einen Grund vorstellen. Ishigami lügt nicht für sich selbst. Er verbirgt die Wahrheit für jemand anderen.«
Yasuko schluckte. Sie bemühte sich krampfhaft, ihre Atmung zu kontrollieren. Der Mann hatte die Wahrheit herausgefunden. Dass Ishigami jemanden schützte und jemand anders der Mörder war. Nun versuchte er, seinen Freund zuretten. Und wie konnte er das am besten tun? Indem er die wahre Täterin dazu brachte, sich zu stellen. Sie dazu brachte, alles zu gestehen.
Ängstlich sah Yasuko den Mann neben ihr an. Zu ihrem Erstaunen lächelte er.
»Sie scheinen zu glauben, ich bin gekommen, um Sie zu überreden?«
»Äh, nein, wieso …« Yasuko schüttelte den Kopf. »Zu was sollten Sie mich denn überreden wollen?«
»Sie haben recht, entschuldigen Sie meine seltsamen Reden.« Er senkte den Kopf. »Aber ich möchte, dass Sie eins wissen. Nur aus diesem Grund bin ich gekommen.«
»Was denn?«
»Es ist nämlich so«, Yukawa hielt einen Moment inne, »dass Sie nicht die ganze Wahrheit kennen.«
Yasuko machte große Augen. Yukawa lächelte nun nicht mehr.
»An Ihrem Alibi ist nicht zu rütteln«, fuhr er fort. »Denn Sie waren tatsächlich im Kino. Sie und auch Ihre Tochter. Kein Mädchen in diesem Alter hätte einer so hartnäckigen Vernehmung durch die Polizei standgehalten. Sie beide haben nicht gelogen.«
»Das stimmt, wir lügen nicht. Natürlich nicht.«
»Aber das muss Ihnen doch sonderbar vorkommen. Ich meine, warum mussten Sie nicht lügen? Und warum sind Sie bei den polizeilichen Ermittlungen so leicht davongekommen? Weil Ishigami alles so geregelt hat, dass Sie der Polizei ausschließlich die Wahrheit sagen konnten. Ganz gleich, wie sehr die Polizei ihre Ermittlungen vorantrieb, er hat dafür gesorgt, dass nichts Entscheidendes in Ihre Richtung wies. Wahrscheinlich wissen Sie nicht einmal, wie er das bewerkstelligthat. Ihnen ist klar, dass er eine raffinierte List angewandt hat, aber welche, davon haben Sie keine Ahnung. Habe ich recht?«
»Es tut mir leid, aber ich weiß absolut nicht, wovon Sie reden.« Yasuko versuchte zu lächeln, aber ihre Züge waren wie erstarrt.
»Er hat ein großes Opfer gebracht, um Sie zu schützen. Gewöhnliche Menschen wie Sie und ich können sich das nicht vorstellen. Vermutlich hat er schon an dem Abend, an dem alles geschah, beschlossen, im schlimmsten Fall für Sie einzustehen. Sein ganzer Plan beruht auf dieser unantastbaren Voraussetzung. Aber sie ist so furchtbar hart. Jeder würde daran zerbrechen und aufgeben. Auch das war Ishigami bewusst. Deshalb hat er sich selbst den Rückzug abgeschnitten, damit er im Ernstfall nicht umkehren konnte. Das ist das Erstaunlichste an seinem Plan.«
Yasuko lauschte verwirrt. Anfangs hatte sie geglaubt zu wissen, worauf der Professor hinauswollte, aber jetzt verstand sie nichts mehr und rechnete daher mit einem unerhörten Angriff. Alles, was der Mann sagte, traf zu. Sie hatte keine Ahnung, welche List Ishigami angewendet hatte. Sie hatte sich tatsächlich gewundert, wie unerwartet milde die Polizei mit ihr umgegangen war. Dreimal war sie befragt worden, und jedes Mal hatte sie den Eindruck gewonnen, die Kommissare tappten völlig im Dunkeln. Und Yukawa kannte das Geheimnis.
Jetzt sah er auf die Uhr. Vielleicht machte er sich Gedanken, wie viel Zeit ihm noch blieb.
»Es schmerzt mich, Ihnen diese Dinge mitzuteilen.« Er verzog wirklich schmerzlich das Gesicht. »Denn Ishigami will unter gar keine Umständen, dass Sie die Wahrheit erfahren. Nicht um seinet-, sondern um Ihretwillen. Weil dieses WissenIhr Leben noch leidvoller machen würde, als es ohnehin schon ist. Dennoch muss ich Ihnen alles anvertrauen. Ich würde ihm nicht gerecht werden, würde ich Ihnen nicht vermitteln, wie sehr er Sie liebt. So sehr, dass er sein ganzes Leben für Sie in die Waagschale geworfen hat. Ich kann es nicht ertragen, Sie in Unkenntnis zu lassen, auch wenn es nicht in seinem Sinne ist.«
Yasukos
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