Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
du das?«
»Er hat doch heute Mittag angerufen. Er wollte sich mit dir verabreden, ja?«
Als Yasuko verwirrt schwieg, hielt Sayoko das für Verlegenheit. »Ich freue mich für dich«, sagte sie heiter. »Der Mordfall ist geklärt, und ein netter Mann wie Kudo bemüht sich um dich. Endlich hat sich dein Glück gewendet.«
»Mag sein.«
»Ganz bestimmt. Du hast genug durchgemacht. Jetzt hast du mal ein bisschen Glück verdient. Und unsere kleine Misato auch.«
Die Worte trafen Yasuko bis ins Mark. Sayoko wünschte ihrer Freundin von ganzem Herzen Glück und hätte nicht imTraum daran gedacht, dass Yasuko einen Menschen getötet hatte.
»Bis morgen«, sagte Yasuko und huschte hinaus. Sie konnte Sayoko nicht in die Augen sehen.
Statt sich auf den Heimweg zu machen, schlug sie die entgegengesetzte Richtung ein. Sie war mit Kudo in dem Familienrestaurant an der Ecke verabredet. Seit dem Tag, an dem sie sich mit Togashi dort getroffen hatte, hatte sie es gemieden. Aber da Kudo es als unkomplizierten Treffpunkt vorgeschlagen hatte, hatte sie schwerlich etwas einwenden können.
Über der Straße zum Restaurant verlief die Stadtautobahn. Als sie unter ihr hindurchging, rief eine männliche Stimme sie von hinten an. »Frau Hanaoka?«
Sie blieb stehen, drehte sich um und sah zwei Männer auf sich zukommen. Der eine war Yukawa, Ishigamis alter Freund. Bei dem anderen handelte es sich um Kommissar Kusanagi. Warum die beiden zusammen kamen, war Yasuko ein Rätsel.
»Erinnern Sie sich an mich?«, fragte Yukawa.
Yasuko sah von einem zum anderen und nickte.
»Haben Sie im Moment etwas vor?«
»Äh, ja …« Yasuko warf einen Blick auf ihre Uhr, war aber in Wirklichkeit viel zu aufgeregt, um die Zeit zu erkennen. »Ich bin verabredet.«
»Aha. Ich hätte mich gerne eine halbe Stunde mit Ihnen unterhalten. Es ist sehr wichtig.«
»Das geht leider nicht …« Sie schüttelte den Kopf.
»Dann wenigstens eine Viertelstunde. Ach was, zehn Minuten müssten auch reichen. Kommen Sie, wir setzen uns auf die Bank dort.« Yukawa deutete auf eine kleine Grünanlage unter der Autobahn.
Sein Ton war freundlich, aber seine Haltung hatte eineErnsthaftigkeit, die keinen Widerspruch duldete. Yasuko spürte, dass die Angelegenheit äußerst wichtig war. Genauso war es beim letzten Mal auch gewesen. Der Professor hatte in sanftem Ton gesprochen, aber in Wirklichkeit ungeheuren Druck auf sie ausgeübt. Am liebsten wäre sie geflüchtet. Andererseits wollte sie unbedingt wissen, was er ihr zu sagen hatte. Zweifellos ging es um Ishigami.
»Also gut, zehn Minuten.«
»Ich danke Ihnen.« Yukawa lächelte und ging vor ihr her auf den Park zu.
Als Yasuko zögerte, streckte Kusanagi den Arm aus. »Bitte, nach Ihnen.« Sie nickte und folgte Yukawa. Die stumme Anwesenheit des Kommissars war ihr unheimlich. Yukawa setzte sich auf die für zwei Personen bestimmte Bank und ließ Platz für Yasuko frei.
»Geh du doch bitte ein Stück weiter«, sagte Yukawa zu Kusanagi. »Ich möchte allein mit ihr reden.«
Kusanagi zog ein verdrießliches Gesicht, aber er reckte das Kinn und kehrte zum Parkeingang zurück, wo er sich eine Zigarette anzündete. Yasuko sah ein bisschen beunruhigt zu ihm hinüber und setzte sich neben Yukawa. »Geht das denn? Er ist doch von der Polizei?«
»Das macht nichts. Ursprünglich wollte ich sowieso alleine kommen. Außerdem sehe ich in ihm weniger den Kommissar als einen alten Freund.«
»Er ist Ihr Freund?«
»Ja, wir kennen uns aus der Studienzeit.« Yukawa zeigte lächelnd seine weißen Zähne. »Das heißt, er war auch ein Kommilitone von Ishigami. Obwohl die beiden sich nie begegnet sind, bis diese Sache passierte.«
Erst jetzt begriff Yasuko. Bisher hatte sie keine Ahnung gehabt,warum der Professor Ishigami ausgerechnet nach dem Mord besucht hatte. Ishigami hatte nichts dergleichen erwähnt, aber Yasuko nahm nun an, sein Plan sei gescheitert, weil dieser Yukawa sich eingemischt hatte. Er hatte nicht miteinplanen können, dass der Kommissar ein ehemaliger Kommilitone war, und noch viel weniger, dass sie einen gemeinsamen Freund von früher hatten. Doch worüber wollte dieser Mann jetzt mit ihr reden?
»Es ist sehr bedauerlich, dass Ishigami sich gestellt hat.« Yukawa kam gleich zur Sache. »Den Gedanken, dass ein so genialer Mann sein Leben im Gefängnis verbringen wird, ohne seine Fähigkeiten nutzen zu können, finde ich als Wissenschaftler niederschmetternd.«
Yasuko antwortete nicht und ballte die auf ihren
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