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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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zusammengesackt war. Er hatte sie zum Auto tragen müssen, und sobald sie den Rücksitz berührt hatte, war sie ganz schlaff geworden. Ihm war nicht klar, ob sie von ihren Verletzungen ohnmächtig geworden oder aus lauter Erschöpfung eingeschlafen war. Er zögerte. Schließlich bog er auf die E4 und fuhr in Richtung Stockholm.
     
    Mikael Blomkvist hatte erst wenige Stunden geschlafen, als das Telefon schrillte. Er blinzelte zu seiner Uhr und stellte fest, dass es kurz nach vier war. Schlaftrunken reckte er sich nach dem Hörer. Es war Erika Berger. Zuerst kapierte er nicht, was sie ihm sagte.
    »Paolo Roberto ist bitte wo?«
    »Im Söder-Krankenhaus, mit Miriam Wu. Er hat versucht, dich anzurufen, aber du gehst ja nicht ans Handy, und deine Festnetznummer hatte er nicht.«
    »Ich hab mein Handy ausgeschaltet. Was macht er denn im Söder-Krankenhaus?«
    Erika Bergers Stimme klang ebenso geduldig wie bestimmt.
    »Nimm dir ein Taxi, Mikael, und finde es raus. Er hörte sich total verwirrt an und faselte was von einer Motorsäge und einem Haus im Wald und einem Monster, das nicht boxen konnte.«
    Mikael blinzelte verständnislos. Dann schüttelte er den Kopf und langte nach seiner Hose.
     
    Paolo Roberto sah aus wie das heulende Elend, wie er da in seinen Boxershorts auf einer Bahre lag. Mikael hatte über eine Stunde gewartet, bis er ihn sprechen durfte. Seine Nase war unter einem Stützverband versteckt. Sein linkes Auge war zugeschwollen und die Augenbraue, die mit fünf Stichen genäht worden war, mit Leukoplast bedeckt. Er trug einen Verband um die Rippen und hatte Blutergüsse und Schürfwunden am ganzen Körper. Sein rechtes Knie war fest bandagiert.
    Mikael Blomkvist reichte ihm einen Kaffee im Pappbecher und musterte sein Gesicht.
    »Wie ist das passiert?«, fragte er.
    Paolo Roberto schüttelte den Kopf und sah Mikael in die Augen.
    »Ein verdammtes Monster«, antwortete er. Der Boxer schüttelte abermals den Kopf und musterte seine Fäuste. Die Knöchel waren so zerschunden, dass er nur mit Mühe seinen Kaffeebecher halten konnte. Auch an den Händen hatte er Verbände.
    »Ich bin Boxer«, begann er. »Ich meine, als ich noch aktiv war, habe ich es mit jedem Gegner aufgenommen. Ich konnte einstecken und austeilen. Und wenn ich austeilte, war mein Gegner in der Regel ziemlich beeindruckt.«
    »Aber bei diesem Typen war das nicht der Fall?«
    Paolo Roberto schüttelte zum dritten Mal den Kopf. Ruhig und detailliert erzählte er, was in der Nacht vorgefallen war.
    »Ich habe ihn mindestens dreißig Mal getroffen. Vierzehn, fünfzehn Mal am Kopf. Vier Mal am Unterkiefer. Anfangs hielt ich mich noch zurück - ich wollte ihn mir ja nur vom Leib halten. Aber am Schluss gab ich wirklich alles. Einer meiner Schläge hätte ihm eigentlich den Kiefer brechen müssen. Doch dieses verdammte Monster schüttelt sich nur kurz und geht wieder auf mich los. Verflucht noch mal, das war einfach kein normaler Mensch!«
    »Wie sah er aus?«
    »Er war über zwei Meter groß und wog um die hundertdreißig, hundertvierzig Kilo. Und wenn ich sage, dass er von oben bis unten nur aus Muskeln bestand, ist das keine Übertreibung. Das war ein verfluchter blonder Riese, der ganz einfach keinen Schmerz fühlte.«
    »Und Sie haben ihn noch nie zuvor gesehen?«
    »Noch nie. Das war kein Boxer. Aber auf eine ganz verrückte Art war er es doch.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Paolo Roberto überlegte kurz.
    »Er hatte keine Ahnung, wie man eigentlich boxt. Ich konnte ihn mit jeder Finte täuschen und seine Deckung durchbrechen. Er hatte keinen Schimmer, wie man sich bewegen muss, um möglichst keinen Treffer abzukriegen. Aber gleichzeitig versuchte er, sich wie ein Boxer zu bewegen. Er hielt die Arme richtig und nahm die ganze Zeit die richtige Ausgangsstellung ein. Als ob er mal Boxtraining gehabt hätte, aber nie darauf hörte, was der Trainer gesagt hat.«
    »Okay.«
    »Was mir und dem Mädchen das Leben gerettet hat, war die Tatsache, dass er sich zu langsam bewegte. Er kündigte seine Schläge quasi einen Monat im Voraus an, sodass ich ausweichen oder abwehren konnte. Zweimal hat er mich getroffen - einmal im Gesicht, und Sie sehen ja, was er damit angerichtet hat, und dann auf dem Körper, wobei er mir eine Rippe gebrochen hat.«
    Plötzlich musste Paolo Roberto loslachen. Es sprudelte nur so aus ihm heraus.
    »Was ist?«
    »Ich hab gewonnen! Dieser Wahnsinnige hat versucht, mich umzubringen, aber ich hab gewonnen. Ich hab’s geschafft,

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