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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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beschäftigt, sich ausgiebig im Spiegel zu betrachten. So, so. Schwulsein war für die Körperwächter also eine Krankheit. Die ganze Bande wurde mir ja immer sympathischer. Doch schwul oder nicht – das Shirt saß wie angegossen. Und als Leander die Lederweste drüberstreifte, glotzte der Elch mich auch nicht mehr ganz so dumm an. Außerdem war es immer noch besser als Leander ohne Klamotten. Ich suchte ihm zusätzlich eine heruntergesetzte Cargohose aus, die er nur widerwillig akzeptierte, und zwei Paar Boxershorts. Damit war mein Taschengeld restlos aufgebraucht. Was sollte ich meinen Eltern nur zu Weihnachten schenken?
    »Okay. Lass uns abhauen, bevor es brenzlig wird«, sagte ich, schnappte mir die Klamotten und ging zur Kasse. Die Verkäuferin hatte mich schon mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass nur drei Teile pro Kabine erlaubt waren, und guckte mir äußerst missgelaunt entgegen.
    »Das ist aber viel zu groß für Sie!«, meinte sie mit deutlich mütterlichem Unterton, als ich das Shirt auf den Ladentisch legte. »Sie haben höchstens Größe 36. Allerhöchstens!«
    »Ich mag es gerne ein bisschen weiter«, erwiderte ich und schaute mich nach Leander um. Er stand wie festgefroren neben dem Eingang. Seine Augen richteten sich starr auf die Einkaufspassage, wo gerade ein weißbärtiger Nikolaus mit lautem »Hoho« seinen prall gefüllten Geschenkesack schwenkte. Was war denn jetzt wieder verkehrt? Ich zahlte, krallte mir die Tüte und rannte nach draußen. Doch Leander blieb stehen und klammerte sich an einem Kleiderständer fest.
    »Ho, liebes Kind!«, rief der Nikolaus und kam auf mich zu. »Warst du auch brav dieses Jahr?«
    »Nein, war sie nicht«, brüllte Leander, löste sich aus seiner Versteinerung und schubste mich zur Seite, fort von dem Nikolaus. Ich fiel auf die Knie und die Tüte auf den Boden, doch Leander hatte mich binnen Sekunden wieder auf die Beine gestellt und mir die Tüte in die Hand gedrückt.
    »Lauf!«, schrie er. »Nach Hause! Schnell! Er ist uns auf den Fersen …«
    »Hohoho, nicht so ängstlich, mein Kind«, hörte ich den Weihnachtsmann hinter mir rufen. Seine schweren Schritte näherten sich. Ein paar Passanten lachten.
    »Ich bin kein Kind, Sie Blödmann!« Ich wollte mich zu ihm umdrehen, doch Leander schubste mich erneut von ihm weg, und wenn ich nicht fallen wollte, musste ich wie beim Parkour den Schwung nutzen. Also begann ich zu rennen. Leander nahm meine Hand, überholte mich und zog mich unerbittlich der S-Bahn-Haltestelle entgegen. Die kalte Luft brannte in meinen Lungen, während meine Sohlen über den Boden flogen und die schwere Tüte bei jedem Schritt gegen meine Knie prallte.
    »Los, wir müssen springen!«, forderte Leander mich auf, als ich keuchend die S-Bahn erreicht hatte. Noch waren die Abteile relativ leer, es war zu früh für Menschenmassen, doch ich sah schnell, was Leander meinte. Die Türen begannen sich bereits zu schließen. Nur die hinterste stand offen – mindestens vier Meter vor uns. Wir würden es nicht mehr schaffen. »Auf drei«, sagte Leander. »Wir springen gemeinsam, ich nehm dich mit, nicht loslassen – eins, zwei, drei …«
    Es fühlte sich anders an als jeder Sprung, den ich jemals gewagt hatte. Viel leichter, absolut schwerelos. Ich spürte Leanders Hand kaum mehr; sein Griff war plötzlich zart und sanft. Es war, als hätte die Erdanziehungskraft sich aufgelöst. Erstaunt blickte ich neben mich, doch ich konnte Leander nicht mehr sehen. Nur ein vages bläuliches Flackern. Aber meine Hand war da, ich sah sie ganz genau …
    Meine Füße trafen auf dem Boden des Wagens auf, bevor die Türen sich surrend hinter uns schlossen, und Leander nahm blitzschnell Gestalt an.
    »Meine Herren, das nenne ich mal einen Sprung«, raunte ein junger Typ neben mir und grinste mich anerkennend an.
    »Ich mache Parkour«, sagte ich locker und grinste zurück. »Das ist noch gar nix.«
    Leander schob mich resolut auf einen freien Sitzplatz. Nachdem er sich kurz umgesehen hatte, hievte er sich auf die Gepäckablage und senkte die Lider. Aha, Kinderalarm. Ich erzählte dem Mann, was Parkour war, und nutzte den Rest der kurzen Fahrt, um mich von Leanders Flucht zu erholen. Da waren einige Erklärungen fällig – mal wieder.
    »Was war denn das bitte?«, fragte ich, als wir in meinem Zimmer angekommen waren und normal miteinander sprechen konnten.
    Leander seufzte abgrundtief. Er wirkte gestresst. »Ich hasse es, hasse es, hasse es.«
    »Shoppen?

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