Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
ist mein Beschützer und Freund, es ist unmöglich, dass er stirbt! Vielleicht schauspielert er nur, vielleicht ist das ein Jux, um uns noch einmal zum Lachen zu bringen.
Doch Rido fällt zu Boden.
Ich bewege meine bleischweren Beine, die eigentlich nur eine kurze Strecke zurücklegen müssen, aber es kommt mir schlimmer vor als der Fußmarsch über den Schneeberg. Plötzlich fühle auch ich keine Kraft mehr in meinen Gliedern und sinke neben ihm nieder. Er hat die Augen geöffnet und starrt zur Decke. Mein Herz ist kurz vor dem Zerreißen, aber mein Verstand will es nicht begreifen.
„Rido!“, flüstere ich. „Rido, was machst du da? Du kannst doch nicht sterben?!“
Langsam dreht er seinen Kopf zu mir. Ich sehe Tränen in seinen Augen und auf seiner Stirn steht der Schweiß. Er versucht zu lächeln, hebt seine Hand und streicht mir übers Haar.
„Er hat es gewusst!“ Rido spricht leise, ich höre heraus, wie kraftlos seine Stimme ist. „Krista’roff hat meine Schwäche erkannt und wusste, wie er mich töten kann.“
„Aber du bist eine Maschine!“ Ich kann nicht verhindern, dass sich meine Stimme überschlägt. Tränen laufen mir aus den Augen, kullern mir die Wangen hinunter und tropfen zu Boden. Verschwommen sehe ich sein Gesicht. Also hat meine Vorahnung doch gestimmt!
Rido wischt mir die Tränen fort. „Nicht weinen, Nadine“, flüstert er. „Das Salz ist wichtig für deinen Körper.“
Ich schluchze laut auf. „Das ist doch jetzt egal! Niemand kann dich töten, Rido, du bist unzerstörbar!“
„Nicht, seitdem du mir das Herz geschenkt hast.“ Er hält meinen Kopf mit einer Hand fest und zwingt mich, ihm in die Augen zu sehen. „Hör mir gut zu, Nadine. Und du auch, Tora.“
Erst jetzt bemerke ich Mali’tora neben mir. Der Mann sieht ebenfalls geschockt aus und in seinen Augen lese ich viele Fragen. Aber er bleibt stumm.
„Tora, ich habe Nadine gezwungen, deine Familie im Stich zu lassen.“ Ridos Stimme wird leise, sodass wir ihn kaum verstehen können. „Sie hat sich gewehrt, aber ich habe sie gegen ihren Willen mitgenommen. Tora, du hast in deiner Programmierung eine Kleinigkeit übersehen. Ich bin Hatar’ali verpflichtet gewesen und nicht dir. Ich wollte meinen Auftrag zu Ende führen, weil ich dachte, eine Maschine müsse immer gehorchen. Aber Nadine hat mir gezeigt, dass es andere Möglichkeiten gibt. Und nur durch das Herz, das sie mir geschenkt hat, konnte ich es erkennen. Leider zu spät.“
Er verstummt.
Ich lege meinen Kopf auf sein blutverschmiertes Hemd und schluchze. „Rido … Rih’dhora, du darfst nicht sterben! Wofür habe ich dir sonst diesen Namen gegeben?! Hör sofort auf mit dem Unsinn! Los, steh auf! Stell dich nicht so an! Ich werde die anderen Hüter holen und wir geben dir ein neues Herz …“
„Es ist zu spät, Nadine.“ Rido streicht mir immer wieder über mein verheultes Gesicht. „Nimm meine Festplatte an dich. Pass auf, dass sie niemand bekommt, dem du nicht vertraust. Du bist die Einzige, die mir gezeigt hat, was es heißt, zu leben. Ich danke dir von ganzem Herzen, Nadine …“
Ich schluchze laut. Sein Herzschlag setzt einfach aus, macht nicht mehr bum, bum – und mein Herz ist völlig zu Brei zermatscht. Tora drückt ihm schweigend die Augenlider zu.
Rido ist tot. Das ist etwas, was ich nicht begreifen kann. Und ich bin daran schuld, denn ohne das Herz hätte er ewig gelebt. Er wäre die Maschine geblieben, die er einst war, gefühllos und unnahbar.
Wäre er mir so lieber gewesen?
Ich weiß nicht, was ich denken soll. Rido hat mir so oft schon das Leben gerettet, er hat mich beschützt und meine Schwächen akzeptiert. Ohne ihn wäre ich nie über die Berge in das Tal gekommen, ich hätte nie die alte Regierung gestürzt. Bilder tauchen in meiner Erinnerung auf – wie ich mit Rido gelacht habe, als ich zornig auf ihn war, als ich ihm sagte, dass er mein Freund sei.
Er war mehr als das …
Auch wenn die Zeit mit ihm nur kurz war, so habe ich die innere Verbundenheit gespürt, die uns als Hüter des Friedenskristalls geschenkt wurde. Er war der erste Hüter und ich habe ihn beiseite gedrängt. Trotzdem ist dieses Band durch den Kristall geblieben, wir hatten ein gemeinsames Ziel. Das Ziel, den Frieden in die Welten zu bringen.
„Nadine“, sagt Mali’tora sanft.
Er nimmt mich behutsam bei den Schultern und zieht mich von Rido fort. Aber ich kralle mich verzweifelt an Ridos T-Shirt fest. Ich will nicht zurück in die Wirklichkeit,
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