Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
auswendig, nur die Schnelligkeit ist für mich überraschend. Ehe ich kapiert habe, dass ich mich in der Luft befinde, schlage ich auch schon auf dem Boden auf. Aber mein Reflex ist geschult, ich rolle über die Schulter ab und stehe sofort wieder auf beiden Beinen.
Neben mir liegt die Flasche und vor mir wehrt Rido einen Karateschlag ab. Diesmal bin ich schnell, zumindest empfinde ich es so, und donnere der Riesenratte die Flasche auf den Kopf. Der Mann dreht sich nur verwundert um, aber er blinzelt eine Zehntelsekunde zu lange, da schmettert ihn Ridos Überraschungs-Ellbogen-Kick von hinten nieder.
Als ich mich umschaue, läuft der Stahlschrankmann gerade durch den Gang, aus dem wir gekommen sind.
„Rido!“, rufe ich warnend. Aber der Wolfsjunge ist schon aufgesprungen und hetzt dem Mann hinterher. Ich höre die Schritte hallen, sie werden leiser und verklingen schließlich.
Sofort schießt wieder das kribbelige Gefühl der Angst in meinen Bauch. Ich kann mich gerade noch davon abhalten, hinterherzustürzen. In der Dunkelheit wäre ich hoffnungslos verloren, das erkenne ich immerhin.
Ich bin allein – mit zwei zusammengeschlagenen Wächtern. Schnell suche ich ihre Taschen ab, finde die Kerkerschlüssel und öffne vorsichtig die erste Tür einen Spalt.
„Hallo?“, rufe ich ängstlich, als ich niemanden sehe.
Ein Kopf schaut um die Ecke und fragt vorsichtig: „Wer ist da?“
Es ist der Heiler! Ich erkenne ihn sofort.
„Ich bin’s, Nadine! Erkennst du mich nicht?“
Da läuft Mari auf mich zu. Sie ist blass, scheint aber ansonsten gesund zu sein.
„Nadine, du bist es? Wir haben so sehr gehofft, dass mein Vater uns rausholt!“(4)
Meine Stimme ist krächzend. „Kommt schnell! Wir müssen fort!“
Auch Alin’jiana und ihre Freundin zeigen sich, sie sehen mich erleichtert, aber auch zweifelnd an.
„Ich hab die Männer nicht erledigt“, gestehe ich, als sie die bewusstlosen Wächter sehen. „Das war Rido. Er ist dem Dritten hinterhergerannt. Schnell, wir müssen sie einsperren, bevor sie aufwachen!“
„Was ist mit Tora?“ Alin’jianas Augen sehen mich flehend an. „Lebt er noch? Hat er den Friedenskristall von der Erde geholt?“
Ich atme tief durch. „Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, lebte er noch.“
Sie schaut mich immer noch fragend an. „Und? Ist irgendetwas passiert?“
„Nein.“ Ich schließe für einen Moment die Augen. „Tora geht es gut. Der Krieg ist zu Ende, die Regierung ist gestürzt. Alle Menschen haben ihre Häuser wieder, nur die Regierungsmitglieder nicht. Sie stecken in einem riesigen Loch fest und haben Zeit zum Nachdenken.“
Diese Nachricht wird mit Jubel aufgenommen. Das erste Mal nach langer Zeit lasse ich mich von ihrem Lachen anstecken, aber bald mahne ich zur Vorsicht.
Aus dem zweiten Kerker befreien wir drei Männer, aus dem dritten zwei Frauen und einen leicht verletzten Mann. Die beiden Wachen schließen wir schön ordentlich weg, die Schlüssel behalte ich.
„Nehmt die Fackeln!“, sage ich, da ich mich für die Befreiten verantwortlich fühle. Ich spiele die Starke, die alles im Griff hat, aber die Wunden in meinem Herzen und die Angst um Rido bringen mich fast zur Verzweiflung.
„Kommt mit mir! Wir können nicht auf Rido warten, vielleicht ist ihm auch etwas zugestoßen. Bleibt zusammen, hier unten ist es wie in einem Labyrinth.“
Allein der Gedanke, dass Rido jetzt fort ist und ich nicht weiß, ob ihm etwas passiert ist, treibt mir die Tränen in die Augen. Ich drehe mich um, damit es keiner sieht.
Die Gruppe folgt mir ohne Widerspruch. Mögen sie mich als ihre Retterin sehen – na ja, Halb-Retterin, wenn ich ehrlich bin. Aber immerhin kenne ich den Weg zurück.
Dachte ich …
Als wir eine Höhle passieren, die ich vorher noch nie gesehen habe, zweifle ich an meinem Gedächtnis. Mir ist nicht bewusst, dass Rido und ich überhaupt eine Höhle durchquert haben, allerdings ist es auch stockfinster gewesen. Meine Retterposition schrumpft auf ein Viertel. Die Leute machen viel zu viel Krach und der Heiler muss ständig niesen.
Als das Wasser laut von einer der Wand herabplätschert, weiß ich ganz sicher: Ich habe mich verlaufen! So ein Bächlein hätte ich gehört! Ich bin mir sicher, hier noch nie vorbeigekommen zu sein. Mein Herz sticht und ich bekämpfe die aufkeimende Angst, irgendwelche wispernden Schatten würden sich zu mir verirren. Ohne den Wolf bin ich verloren! Ich fühle mich hilflos und allein gelassen.
Ich
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