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Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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biegt in einen Weg mit einem Schild PRIVAT ein. Es geht weiter bergauf, links und rechts stehen riesige alte Bäume. Eigentlich ist es ganz schön hier, aber ich wünsche mir sehnlichst, wieder zu Hause in Bexton zu sein, wo ich mein Leben einigermaßen im Griff |33| habe. Hier entgleitet mir alles. Schlimm genug, dass ich meiner Mutter alle Vierteljahre einen Pflichtbesuch abstatten soll, aber diesmal weiß ich noch nicht mal, wie lange ich dableiben muss!
    Mein Bruder Devlin besucht unsere Mutter viel öfter als ich, aber er muss sich in Acht nehmen. Letztes Jahr wurde er dabei erwischt, wie er auf den parkenden Autos vor Mutters Haus herumgesprungen ist, und weil er schon anderweitig aufgefallen war, hat man ihm eine einstweilige Verfügung wegen antisozialen Verhaltens, ein sogenanntes ASBO, aufgebrummt – und jetzt darf er nicht näher als bis auf zehn Kilometer an Bewlea heran. Wenn unsere Mutter sich mit ihm treffen will, muss sie ihn heimlich in den Ort schmuggeln, was sie aber nicht davon abzuhalten scheint. Ich bin nicht eifersüchtig, dass Mutter Devlin lieber hat als mich, obwohl er so ein Spinner ist, aber es wäre schon nett, wenn sie mich wenigstens ab und zu spüren ließe, dass sie mich auch gernhat. Schon als ich noch ganz klein war, hatte ich das Gefühl, es wäre ihr lieber, wenn es mich nicht gäbe. Als sie weggegangen ist, war ich zwei Jahre alt und Devlin vier. Ich weiß noch, wie ich auf der Treppe gesessen und Devlin gestreichelt habe, weil er so doll nach seiner Mama geweint hat. Als ich dann zur Schule ging, war ich die Einzige, deren Mutter, nicht der Vater, wegen offener Unterhaltsforderungen vom Amt gesucht wurde.
    Wir fahren auf eine Lichtung am Straßenrand und Owen stellt den Motor aus. »Hier gehe ich manchmal mit |34| Tyson spazieren«, verkündet er. »Meistens dann, wenn ich mich mit deiner Mutter gestritten habe und mal rausmuss.« Er wirft mir einen vielsagenden Blick zu. »Vielleicht ist er ja hierhergelaufen. Hier gibt es einen großen Dachs, den er immer jagt. Sehen wir uns mal um.« Er überreicht mir eine kleine Blechpfeife. »Ich glaube zwar nicht, dass er auf das Ding hört, aber versuchen kann man’s ja mal.« Ich stecke die Pfeife ein. Die Vorstellung, dass Owen sie angelutscht hat, ist mir zuwider. Wir steigen aus. Immerhin regnet es noch nicht. Vielleicht bleiben meine Haare ja doch einigermaßen glatt. Ich setze mich auf die Kühlerhaube und sehe mich um. Bäume, wohin man auch schaut. Sie stehen dicht an dicht, eine Reihe nach der anderen, und die untersten Äste sind schon braun, weil keine Sonne herankommt. Ich fröstele.
    »Ich hab noch eine Ersatzjacke hinten im Auto«, sagt Owen. »Die kannst du überziehen. Es ist kühl heute.«
    Ach nee! Es passt mir zwar nicht, ein Kleidungsstück von Owen anzuziehen, aber frieren ist auch doof. Mit mürrischem Gesicht rutsche ich von der Kühlerhaube und krame im Kofferraum, bis ich eine zerknitterte, rot karierte Holzfällerjacke finde. Die Jacke ist so was von nicht mein Stil, aber ich ziehe sie trotzdem über und bin sofort in Owens typischen Geruch nach Rasierwasser, Schweiß und noch irgendeinem anderen Mief gehüllt.
    Er grinst. »Steht dir supergut.«
    Ich schweige. Ich bin inzwischen dermaßen schräg drauf, dass ich lieber die Klappe halte.
    |35| »Am besten bleiben wir zusammen«, meint Owen, »sonst verläufst du dich noch.«
    »Quatsch.« Bei der Aussicht, neben ihm her durchs Unterholz zu latschen, breche ich mein Schweigen doch. »Ich bin nicht blöd.«
    Owen zuckt die Achseln. »Na schön, dann gehst du da lang.« Er zeigt auf eine Schneise durch den Wald. Man erkennt die grasbewachsenen Spuren von Traktorreifen. »Weiter unten kommt ein Bach. Dort kehrst du um und kommst wieder zum Auto. Hier hast du die Schlüssel. Vielleicht bist du ja früher wieder zurück als ich.« Er gibt mir die Schlüssel. Der Plastikanhänger ist von seiner Hosentasche ganz warm. In dem Anhänger ist ein winziges Foto von meiner Mutter in einem goldfarbenen Bikini.
    »Auf geht’s!« Owen klingt belustigt. »Und denk dran, dass du ab und zu mal nach Tyson rufst, Hunde können nämlich keine Gedanken lesen.«
    Ich gehe mit vorsichtigen Schritten durchs hohe Gras die Schneise entlang. Nach ein paar Minuten drehe ich um. Ich habe keine Lust, hier herumzulatschen. Davon werden bloß meine Turnschuhe feucht. Owen ist nirgends zu sehen. Gut so. Ich schließe das Auto auf und setze mich rein, drehe den Zündschlüssel um und mache das

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