Verführ mich undercover!
bequemere Position und schob ihre Kappe zurück. „Ganz wie du willst. Aber denk dran: no risk, no fun – kein Gewinn ohne Risiko. Meinen größten Erfolg hatte ich an dem Tag, als Rowdys im Lincoln Park die Löwen freiließen.“
„Das war wirklich verrückt.“ Melissa schmunzelte.
Susan hatte an den Ästen einer Eiche gebaumelt, und unter ihr strich ein hungriger Löwe entlang, bis der städtische Tierschutzbeauftragte ihn mit einem Bolzenschuss betäubte. „Willst du etwa behaupten, dass ich nur dann genug Einsatz zeige, wenn ich mich in Lebensgefahr begebe?“
Beschwichtigend klopfte Susan Melissa auf die Schulter. „Ich behaupte, dass du nicht genug Einsatz zeigst, wenn du dir nicht den Job an Brandons Stelle schnappst.“
Susan zwinkerte ihr zu und schlenderte zur Tür hinaus, während Melissa unruhig mit den Fingern auf ihren Schreibtisch trommelte.
Sie betrachtete die Bilder der Ranch in Montana. Dann wanderte ihr Blick zu dem geräumigen Glaskasten, der für den neuen Feuilletonisten reserviert war. Was Seth wohl für ein Gesicht machen würde, wenn er von ihrem großen Coup erfuhr?
Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihren Namen auf der Titelseite des Bizz und stellte sich vor, wie sie im Januar in ihrem schicken kleinen Schwarzen den Prentice Award entgegennehmen würde.
Das hast du davon, Brandon Langard.
Ihr Leben wäre perfekt. Und alles, was sie dafür tun musste, war, sich Zugang zu Ryders Ranch zu verschaffen.
2. KAPITEL
Entspannt saß Jared Ryder im Sattel und führte seinen Hengst Tango im Schritt über die Holzbrücke, die zum Haus seiner Schwester Stephanie führte. Der Springparcours war auf dem Bonaparte Plateau errichtet worden. Das Land, eingebettet in den Hügeln etwa zehn Meilen von der breitesten Stelle des Spirit Lake entfernt, gehörte Ryder.
Tangos Ohren zuckten, und er spannte seine Muskeln an, als er die Pferde sah, die ringsum auf den Wiesen grasten und in den Pferchen umherliefen, die um den Reitplatz angeordnet waren.
Auch Jared war nervös. Der vertraute Anblick der Ranch bot dieses Mal nicht wie üblich Zuflucht, sondern er rief eine Flut von unguten Erinnerungen in ihm hervor. Gleichzeitig erfasste ihn eine Welle von Ärger.
Am liebsten hätte er in dieser Woche einen großen Bogen um die Ranch gemacht, doch seine Schwester Stephanie brauchte ihn. Außerdem gab es auch in Chicago Probleme.
Ryder International hatte gerade einen langfristigen Vertrag mit der Stadt Chicago abgeschlossen. Die Kommune hatte Räume in dem Büroturm angemietet, den der Konzern auf der Washington Street baute. Seitdem bestand der Bürgermeister darauf, Jared auf Wohltätigkeitsbällen und Vernissagen vorzuführen.
Inzwischen war er so oft in der Öffentlichkeit erschienen, dass die Boulevardblätter sich das Recht herausnahmen, Fotos von ihm zu schießen und ihm ihre Mikrofone vors Gesicht zu halten.
Es war frustrierend. Er war Geschäftsmann, kein Politiker oder Promi. Sein Privatleben ging niemanden etwas an. Und der Reporter vom Windy City Bizz, der Montagnacht vor Jareds Haus gelauert hatte, hatte das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht.
Nachdem Jared ihm ausgewichen und in die Stadt zurückgefahren war, hatte er das erste Mal ernsthaft über eine einstweilige Verfügung nachgedacht. Oder vielleicht sollte er in Zukunft nur noch verkleidet das Haus verlassen?
Bevor er sich weiter mit diesem unerfreulichen Thema beschäftigte, musste er zunächst die Dinge zu Hause in Montana in Ordnung bringen.
Als er auf dem Reitplatz eintraf, erregte sein Erscheinen sofort die Aufmerksamkeit der Gruppe von Reitern, die sich dort aufhielten. Gleich darauf entfernte sich einer von ihnen mit seinem Pferd von den anderen, um ihm auf dem staubigen Weg unter der Julisonne entgegenzutraben. Jared beobachtete, wie Pferd und Reiter Nebengebäude und karge Bäume hinter sich ließen.
„Der verlorene Sohn ist zurück!“, rief seine zweiundzwanzigjährige Schwester Stephanie zur Begrüßung und brachte ihre Stute in einer Staubwolke zum Stehen.
Unter der Reitkappe schaute ihr lächelndes, sommersprossiges Gesicht hervor. Ihre langen Beine steckten in engen Reithosen und hohen glänzend-braunen Stiefeln. Dazu trug sie eine locker sitzende hellbraune Bluse. Das widerspenstige kastanienbraune Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden.
„Du verwechselst mich wohl mit Royce“, erwiderte Jared und betrachtete sie genauer. Seine Schwester wusste zwar nicht, was er wusste, doch der Tod ihres
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