Verführ mich undercover!
suchte sie nach einem Ausweg. „Seth, ich habe gelogen“, flunkerte sie entschlossen. „Ich habe mir alles nur ausgedacht. Ich bin nie auf Ryders Ranch gewesen.“
Seths Gesicht rötete sich auf beunruhigende Weise, und auf seiner Stirn schwoll eine Ader an. „Haben Sie den Verstand verloren?“
„Ich schwöre es, Seth. Ich werde der ganzen Welt erzählen, dass ich die Geschichte erfunden habe.“
„Und ich werde Sie feuern!“, brüllte er.
„Das ist mir egal!“, brüllte sie zurück. Sie musste den Artikel stoppen. Das Ergebnis ihrer Recherchen durfte nicht an die Öffentlichkeit gelangen.
Seths Blick wanderte zu einem Punkt hinter ihrer linken Schulter. Er riss die Augen auf.
Vor Panik drehte sich Melissa beinahe der Magen um, doch sie redete weiter. Jetzt war alles egal. „Wenn Sie die Story bringen, werde ich schwören, dass ich mir alles nur ausgedacht habe. Das Bizz wird verklagt, und Sie verlieren Ihren Job.“
Ihr Boss öffnete den Mund, doch er brachte keinen Ton heraus.
„Stellen Sie mich nicht auf die Probe, Seth“, beschwor sie ihn. „Ziehen Sie den Artikel zurück. Ich kündige. Ich gehe, ohne Probleme zu machen. Und Everett können Sie sagen, was immer Sie wollen.“
„Wie edel von Ihnen“, erklang eine Stimme hinter ihr.
Everett. Der Verleger hatte ihre Drohungen mit angehört.
Zwar hatte sie sowieso nicht erwartet, ihren Job zu behalten, doch es war demütigend, dass es einen weiteren Zeugen gab. Sie biss die Zähne zusammen, richtete sich auf und ging zur Tür.
Plötzlich fühlte sich ihr Magen wie ein Eisklumpen an.
Neben Everett stand jemand in der Tür … Jared. Und beide starrten sie mit ausdrucksloser Miene an.
Keiner sagte etwas. Melissa zwang sich, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Sie betete, dass die beiden Männer zur Seite treten und ihr Platz machen würden, damit sie den Raum verlassen konnte.
Und das taten sie, doch bevor Melissa entwischte, legte Jared ihr eine Hand auf den Arm. Sie vermieden es, sich anzusehen, und seine Stimme klang barsch. „Warum ziehst du die Story zurück?“
Heftig kämpfte sie gegen die widerstreitenden Gefühle, die in ihr tobten. Sie war untröstlich, und sie war stolz auf sich selbst. Sie war ängstlich, ohne Job und erschöpft.
Melissa fand, dass sie Jared eine ehrliche Antwort schuldete. Also blickte sie zu ihm auf und zwang sich zu sprechen. „Aus demselben Grund, aus dem dein Großvater tat, was er tat.“
Liebe. Wenn man jemanden liebte, schützte man ihn, selbst wenn man sich dabei selbst in Gefahr brachte.
Mit einem Ruck befreite sie sich aus seinem Griff, nahm ihre Handtasche vom Tisch und marschierte schnurstracks zum Aufzug.
Jareds erster Eindruck von Seth Strickland war nicht gerade positiv, und es war ihm gleichgültig, dass der Mann vor Schock kreidebleich geworden war. Seth hatte Melissa angeschrien. Und während er das getan hatte, hatte Jared sich gerade noch zurückhalten können, denn am liebsten hätte er ihm den feisten Hals umgedreht.
Jared ärgerte sich über Melissa, aber das gab niemandem das Recht, sie zu verletzen. Gut, sie hatte ihn betrogen. Aber im Grunde war sie ein anständiger Mensch. Selbst in diesem Augenblick musste er gegen den Drang ankämpfen, ihr hinterherzulaufen.
Ihr Verhalten war zwar unbegreiflich, doch hatte sie ihm nicht von Anfang an Rätsel aufgegeben?
Als Everett das Büro betrat, versuchte Jared noch, Melissa zu verstehen. Der Verleger winkte ihn herein. Dann schloss er die Tür hinter ihnen und richtete seine Aufmerksamkeit auf den schwitzenden Seth Strickland. „Mr Ryder, darf ich Ihnen Seth Strickland vorstellen, leitender Redakteur des Windy City Bizz. Vorerst. Seth, dies ist Jared Ryder, der neue Eigentümer des Magazins.“
Seth fiel die Kinnlade hinunter.
Jared verschwendete seine Zeit nicht mit Artigkeiten. Nach allem, was er gerade gehört und gesehen hatte, wäre das lächerlich gewesen.
„Ist das eine Kopie des Artikels?“, fragte er und zeigte auf einen Stapel Papier, der auf Stricklands Schreibtisch lag.
Seth nickte.
„Wir werden ihn nicht veröffentlichen.“ Jared nahm die Unterlagen an sich. Er bedachte Everett mit einem höflichen Lächeln. „Danke, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben. Einer der Vizepräsidenten von Ryder International wird nächste Woche Kontakt zu Ihnen aufnehmen.“
Dann drehte er sich um und verließ das Büro. Es war ihm egal, ob Seth von Everett gefeuert wurde oder nicht. Melissa würde ihren Job jedenfalls nicht
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