Verführe niemals Deinen Mann
Baby noch da? Oder würde sie es verlieren?
Tränen rannen ihr das Gesicht herunter. Sie bekam vor Anspannung kaum Luft. Wie furchtbar das alles war! Vorhin war sie noch so glücklich gewesen, hatte mit Travis’ Familie die Ankunft des neuen Lebens gefeiert. Und jetzt war alles anders.
Ganz einsam und verlassen lag sie in dem Krankenzimmer. Kein Babygeschrei, das sie hätte trösten können. Nur manchmal hörte sie, wie sich draußen Krankenschwestern unterhielten. Sie hatte darauf bestanden, dass Travis sie allein ließ – er sollte Adam und Gina erzählen, was geschehen war. So lag sie in ihrem Bett und wartete auf Nachricht, was mit dem Baby war.
Und wenn sie es verloren hatte? Der Kummer übermannte sie, Trauer um das Kind, das sie so sehr wollte, und Trauer darüber, dass sie Travis verlieren würde.
Seit er von dem Baby wusste, war Travis einfach umwerfend rücksichtsvoll und fürsorglich zu ihr gewesen. Dafür liebte sie ihn umso mehr. Wie gerne hätte sie geglaubt, dass er sich aus Liebe so verhielt, aber sie wusste es ja besser.
Er war ängstlich um sie bemüht. Erdrückend in seiner Fürsorge. Bevormundend.
Aber … er liebte sie nicht. Er tat einfach das, was er für seine Pflicht hielt. Das Kommando über die Frau übernehmen, die sein Kind erwartete.
Wenn sie jetzt das Kind verlor, wäre es auch damit vorbei. Er würde die Ehe nach Ablauf des Jahres nicht mehr fortsetzen wollen, weil der Grund dafür entfallen war. Sie würde also alles verlieren. Ganz sachte legte sie ihre Hände auf ihren Bauch, als könnte sie das Kind damit schützen, es überreden, doch bei ihr zu bleiben.
Das wäre für sie alle das Beste.
Eine Lampe in der Ecke warf goldenes Licht über sie. Die Maschine an ihrer rechten Seite piepte und klickte und zählte jeden ihrer Herzschläge.
Und sie wartete immer noch.
Als sich plötzlich die Tür öffnete, erwartete sie, einen Arzt mit mürrischem Gesicht zu sehen. Aber es war Travis. Sein Gesicht lag im Halbdunkel, sodass sie seine Miene nicht erkennen konnte, aber seine Körperhaltung war angespannt. Schnell kam er auf sie zu, setzte sich auf den Stuhl neben ihrem Bett und ergriff ihre Hand.
„Wie geht es Adam und Gina?“
„Sie machen sich Sorgen um dich.“
„Das sollten sie nicht“, sagte sie und blickte zur Decke. „Sie sollten heute unbeschwert feiern.“
„Wir feiern alle zusammen, sobald wir endlich Nachricht vom Doktor haben“, erklärte Travis.
Was denn feiern?, fragte sie sich. Dass das, was wirklich zählte, verloren gegangen war? Ob Travis erleichtert sein würde? Oder traurig? Fühlte er überhaupt, was sie fühlte?
„Der Doktor war noch nicht wieder hier?“
„Nein“, sagte sie und schüttelte den Kopf – ganz sachte und vorsichtig Trotzdem tat es höllisch weh.
Er blickte zur Tür. „Warum dauert das denn so lange? Es kann doch nicht so schwer sein, ein paar Untersuchungsergebnisse auszuwerten.“
„Die Schwestern dürfen uns nichts sagen. Wir müssen schon auf den Arzt warten.“
Travis wandte sich wieder ihr zu, betastete vorsichtig den Verband auf ihrer Stirn und fragte: „Hast du Schmerzen?“
Eine einzelne Träne rollte ihre Wange hinab. Schmerzen? Oh, es schmerzte sie so sehr, dass sie sich wunderte, überhaupt noch Luft zu bekommen. Aber die winzige Wunde auf ihrer Stirn hatte damit nichts zu tun. Was sie peinigte, war Seelenschmerz. „Es geht mir gut.“
„Na klar doch“, erwiderte er angespannt. „Alles wird gut, Julie, du wirst sehen.“
„Travis …“ Sie wollte ihm sagen, dass sie alles wusste: dass er nur aus Pflichtgefühl hier war. Dass er das Baby, das sie so krampfhaft zu behalten versuchte, eigentlich gar nicht wollte. Wollte ihm klarmachen, dass sie nicht erwartete, dass er bei ihr blieb. Er sollte ihr keine Versprechungen machen, die er nicht halten konnte.
Aber sie brachte es nicht über sich, ihm das alles zu sagen, denn das hieße, ihn sofort zu verlieren. Und sie wollte doch, dass er jetzt bei ihr war! Als er ihr einen Kuss auf den Handrücken gab, genoss sie die Berührung seiner Lippen wie ein köstliches Geschenk.
Die Tür ging auf. Diesmal war es der Doktor. Instinktiv ergriff Julie Travis’ Hand und hielt sie ganz fest. Der Mediziner trat an ihr Bett, sah auf sein Notizbrett, blickte dann auf und sagte: „Mit Ihrem Baby ist alles in Ordnung, Mrs. King.“
Julie atmete auf. Erleichterung und Dankbarkeit überströmten sie in solchem Maße, dass ihr Tränen des Glücks in die Augen schossen und
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