Verführung Der Unschuld
davongelaufen! Sie hat euch verlassen«, erwiderte seine Mutter kühl.
Federico und Lorenzo schauten sich kurz an, dann fragten sie wie aus einem Mund:
»Wieso?« Lorenzo fügte betroffen hinzu: »Wieso erfahren wir das ausgerechnet von dir?«
Die Patrona legte die Hände in den Schoß. »Wenn ich richtig informiert bin, und darüber bin
ich mir ziemlich sicher, dann habt ihr dem Mädchen übel mitgespielt, sie für eure sexuellen
Gelüste missbraucht ohne zu berücksichtigen, dass sie auch ein Mensch mit Gefühlen ist!«
»Moment mal …«, versuchte Federico sein und Lorenzos Verhalten zu rechtfertigen, doch
seine Mutter unterbrach ihn barsch: »Still! Ich will von euch erstmal nichts hören. Ihr braucht
mir gar nicht zu erzählen, was ihr euch dabei gedacht habt, oder ob ihr vielleicht sogar nichts
gedacht habt. Ich möchte nur eines von euch wissen: Liebt eigentlich einer von euch Giulia?«
»Dio, madre mia! Was ist schon Liebe!« Federico war nervös aufgesprungen. Es
widerstrebte ihm, sich wie ein kleiner Junge behandeln zu lassen. Was ging die ganze Sache
überhaupt Mutter an? »Vielleicht verrätst du mir, was du damit zu tun hast, und wieso du
weißt, dass Giulia weg ist, und wir dagegen nicht?«
Signora Moreno lächelte. Jetzt zeigte ihr Sohn seine wahre Seite. Das vom Vater geerbte
leicht cholerische Temperament schlug durch. »Warum ich mehr weiß als du? Was spielt das
schon für eine Rolle! Ist es nicht viel interessanter zu wissen, warum sie davongelaufen ist?«
Federico zuckte die Schultern. Es machte ihn wütend festzustellen, dass er die Kontrolle
verlor und offensichtlich nicht wusste, was in seinem Haus vor sich ging.
»Mama, bitte! Nun mach doch nicht so ein Geheimnis daraus und verrate uns endlich, was
geschehen ist!«, bat Lorenzo, der seinen Unmut ein wenig besser verbarg.
»Gut. Ich fasse mich kurz. Giulia ist schwanger.«
Für Sekunden war Totenstille. Dann verzog sich Federicos Gesicht zu einem spöttischen
Grinsen. »Schwanger? Na wunderbar!«
Der sarkastische Tonfall traf Lorenzo wie ein Pfeil ins Herz. Es dämmerte ihm, worauf seine
Mutter hinaus wollte.
»Ihr habt das arme Mädchen scheinbar so eingeschüchtert, dass sie im Falle einer
Schwangerschaft ihren Job verlieren würde, dass sie es euch nicht einmal selbst sagen
wollte.«
»Aha, und stattdessen ist sie mit dieser Botschaft schnurstracks zu dir gelaufen, um uns zu
erpressen, oder damit du ihre Fürsprecherin wirst!« Federico schnaubte vor Wut.
»Nein, du irrst dich. Es ist Antonellas umsichtigem Handeln zu verdanken, dass sie Giulia
zu mir gebracht hat. Denn sie selbst ist völlig verzweifelt und wollte einfach nur fort. Sie
erhebt keinerlei Ansprüche auf Alimente oder gar eine Heirat.«
Federico klatschte in die Hände. »Na, das ist doch großartig! Gute Nachrichten! Dann
verstehe ich den ganzen Wirbel nicht, den du um diese Angelegenheit veranstaltest. Was
willst du?«
Lorenzo gab seiner Mutter ein Zeichen zu schweigen und schaute Federico verwundert an.
»Sag mal, ist dir das alles völlig egal? Einer von uns beiden wird Vater! Hast du das
verstanden? Und Giulia ist weggelaufen, weil sie von uns enttäuscht ist! Sie muss
vollkommen verzweifelt sein, wenn sie sich uns nicht anvertraut!«
»Ja, und? Was sollen wir jetzt deiner Meinung nach tun? Auslosen, wer von uns beiden sie
heiratet?«
»Empfindest du denn gar nichts für Giulia? Ist es dir vollkommen egal, wie sie das Kind
großziehen soll?«
Federico zog die Schultern hoch. »Doch, natürlich empfinde ich etwas für sie, sie ist
immerhin ganz süß. Wir sollten überlegen, wie wir ihr helfen. Wir setzen einen Vertrag auf,
in dem wir festlegen, was wir ihr jeden Monat finanziell zukommen lassen – oder vielleicht
will sie das Kind gar nicht austragen? Dann zahlen wir ihr die Abtreibung. Das wäre
überhaupt die allerbeste Lösung.«
»Jetzt reicht’s mir aber!« Die Patrona wurde lauter. Niemals hätte sie eine solche
Herzlosigkeit erwartet. »Ich bin von euch beiden wahrlich enttäuscht! Ich dachte eigentlich,
euer Vater und ich hätten euch Anstand und Moral beigebracht. Giulia ist ein liebenswertes
Mädchen. Habt ihr denn nur mit ihren Gefühlen gespielt? Will keiner von euch sie heiraten?
Sie wäre doch eine prima Ehefrau!«
Federico lachte laut auf. »Heiraten? Ich bitte dich, Mama. Giulia ist die Nichte von Bruno
Brunelli, dem Inhaber unseres Cateringservices, und ihre Eltern sind ganz einfache Leute.
Außerdem wissen wir ja nicht einmal, wer von uns beiden
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