Verführung Der Unschuld
Abendessen, und Giulia traf die Kinder, die
begeistert waren, dass ihre Cousine bei ihnen leben würde; denn sie erinnerten sich an die
Familientreffen. Wenn die Erwachsenen irgendwann unter sich sein wollten, waren Giulia
immer Spiele eingefallen, und sie war geduldig und wusste spannende Geschichten zu
erzählen. Allzu oft sollten sie allerdings nicht in diesen Genuss kommen. Denn bereits am
nächsten Morgen lernte Giulia die anderen Angestellten kennen und wurde in ihre erste
Arbeit eingewiesen, und zwar das Herstellen Hunderter Canapés für die Eröffnungsfeier eines
Schmuckladens.
Wenn Giulia in den folgenden Tagen nach zehn bis zwölf Stunden Arbeit beim Abendessen
saß, fielen ihr beinahe die Augen zu. Nur das ausgelassene Durcheinandergerede ihrer
Cousins und Cousinen hielt sie wach. Tante Teresa war in dieser Hinsicht erstaunlich
duldsam, solange ihre Kinder manierlich aßen. Stattdessen hielt sie fast jeden Tag Giulia
einen Vortrag über irgendetwas, was ihrer Meinung nach an der Nichte ihres Mannes nicht in
Ordnung war.
Es fing damit an, dass Giulia gewohnt war, jeden Morgen und Abend zu duschen. Sie fühlte
sich nur richtig wohl, wenn sie das Gefühl hatte, vollkommen sauber zu sein und
entsprechend frisch zu riechen. Dies sei für die Haut extrem ungesund, wurde sie von Tante
Teresa belehrt, und zudem sei der Wasserverbrauch enorm hoch. Zweimal die Woche würde
völlig ausreichen. Die Liste setzte sich fort mit Kritik an ihrer Frisur, ihrer Schminke, ihrer
Pünktlichkeit – bis hin zur Länge ihrer sorgfältig manikürten Fingernägel. Giulia war stolz auf
ihre gepflegten langen Nägel, musste allerdings bald selbst feststellen, wie unpraktisch sie
beim Arbeiten waren und entschloss sich schweren Herzens, sie zu kürzen.
Nach dem Abendessen musste sie zusammen mit einer ihrer Cousinen beim Abtrocknen
helfen und anschließend die Kleinen ins Bett bringen. Wenn sie dann endlich selbst ins Bett
fiel, war sie zu ausgebrannt, um über ihr Schicksal zu grübeln. Nur am Sonntag, wenn sie
endlich frei hatte, und es ihr erlaubt war, auch mal alleine für sich zu sein, reflektierte sie das
volle Ausmaß dieses Lebens und fragte sich frustriert, wo der Ausweg aus dieser Misere sein
sollte. Wenigstens erntete sie ab und zu Lob von Onkel Bruno und Maria, seiner rechten
Hand.
Ȇbermorgen Abend findet eine Gartenparty bei den Gemelli statt. Du wirst mitfahren und
die Gäste bedienen«, erklärte Maria an einem Freitag, sechs Wochen nach Giulias Ankunft.
»Wir müssen noch prüfen, was du anziehst, und ich werde dir genau sagen, was du zu tun
hast.«
Giulia machte große Augen. Die Namen von Onkel Brunos Stammkundschaft waren ihr
inzwischen geläufig und ebenso die Spitznamen, die die Angestellten zum Teil verwendeten.
Sie wusste daher, dass die Familie Moreno ein äußerst lukratives Baugeschäft betrieb und die
beiden erwachsenen Söhne, eineiige Zwillinge – Gemelli – erfolgreiche Immobilienmakler
waren. Endlich würde es ein wenig Abwechslung in ihrem tristen Arbeitsalltag geben!
Beflügelt von diesem Gedanken hörte sie Maria aufmerksam zu, die ihr ihre Aufgabe
detailliert erklärte.
***
Wenn es in der Kammer unter dem Dach nur nicht so brütend heiß wäre! Giulia warf sich
schon geraume Zeit schlaflos auf dem Bett hin und her. Längst hatte die Bettdecke einen
ungeduldigen Tritt von ihrem Fuß erhalten und war auf dem Boden gelandet. Zwar stand das
Fenster weit offen, aber die Hitze des Tages schien in dem kleinen Raum wie eingeschlossen
zu sein.
Giulia zog ihr Nachthemd aus und stellte sich nackt vor das Gaubenfenster. Endlich
verspürte sie einen Hauch angenehmer Kühle. Sie nahm die Arme hoch über den Kopf und
drehte sich in dem schwachen Luftzug, der ihr entgegenströmte. Schade, wenn sie ruhigen
Gewissens ihre Tür öffnen und einen Durchzug hätte herstellen können, wäre der Raum
sicherlich schneller von frischer Luft durchflutet worden. Aber sie traute sich nicht. Am Ende
stünde plötzlich eines der Kinder oder ihre Tante da und würde sie entsetzt beobachten! Wenn
Giulia abends die Tür hinter sich schloss, war dies die einzige Zeit des Tages, ein bisschen
Intimität zu finden.
Als sie ihre Arme auf das hoch liegende Fensterbrett auflehnte, um ein bisschen über die
nächtliche Stadt hinauszuschauen, streiften ihre Brustwarzen zufällig die Brettkante, und sie
zuckte wie elektrisiert zusammen. Ihre Nippel versteiften sich, und das Gefühl von
Einsamkeit und der Sehnsucht nach
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