Verführung in weißer Seide
als Tess ihm sagen wollte, dass sie auf diese Masche nicht hereinfiel, hob er die Hand.
“Antworten Sie nicht. Es spielt keine Rolle, was Sie sagen, denken oder tun.” Dicht vor ihr blieb er stehen und sah sie herausfordernd an. Dabei nahm sie seinen angenehmen Duft wahr. “Ob ich das Vermögen meines Vaters nun verdiene oder nicht, ich werde Anspruch darauf erheben. Mit oder ohne Ihre Hilfe.” Tess konnte sich nicht rühren. “Also? Wollen Sie nun die Million oder nicht?”
Angespanntes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus.
“Natürlich will ich das Geld”, flüsterte sie und versuchte, sich nicht noch mehr verunsichern zu lassen. “Aber …”
“Aber was?”
“Ich muss überzeugt sein von dem, was ich tue.”
Vollkommen ungläubig sah Cole sie an. Sie meinte das wirklich ernst. Diese Frau würde eine Million Dollar ablehnen, wenn sie zu dem Schluss kam, er hätte sein Erbe nicht verdient. So etwas hätte er von niemandem erwartet, am allerwenigsten von Tess McCrary, die ihn noch bei der ersten Unterhaltung dazu bringen wollte, sein Angebot zu verdoppeln. Wie weit ging sie denn mit ihren moralischen Bedenken? “Zwei Millionen”, bot er an.
“Zwei Millionen?” Verwirrt blickte sie ihm in die Augen. “Sie bieten mir zwei Millionen, damit ich Sie heirate?”
Er nickte und spürte, dass er sich innerlich verkrampfte. Sie soll einwilligen, dachte er. Es ist mein Erbe. Ich will nicht, dass es vor die Hunde geht.
Tess sah ihn schweigend an.
Was ging bloß in ihr vor? Wie schaffte diese Frau es eigentlich, selbst in einem so strengen Kostüm noch so weiblich und verletzlich zu wirken? Das Haar hatte sie straff nach hinten gebunden, und ihr einziger Schmuck bestand in kleinen goldenen Ohrsteckern und einer schmalen Goldkette. Diese kühle Fassade machte es für einen Mann nur noch verlockender, die Frau dahinter zu entdecken.
“Ich fürchte, Sie verstehen mich nicht ganz”, sagte sie schließlich, ohne den Blick von seinen Augen abzuwenden. “Wem soll das Geld gehören?”, wollte sie wissen. “Ihnen oder den Exfrauen Ihres Vaters? Wenn ich Sie heirate, beteilige ich mich womöglich an einer großen Ungerechtigkeit gegenüber diesen Frauen.”
Cole runzelte die Stirn. Sie würde auf Millionen von Dollars verzichten, und das nur wegen seiner geldgierigen Stiefmütter, die sie noch nicht einmal kannte?
“Für eine ältere Frau ist es oftmals schwierig, wieder im Leben Fuß zu fassen”, fuhr Tess fort. “Ich kann nur hoffen, dass Ihr Vater diesen Frauen ausreichend hohe Abfindungen gezahlt hat, um die erste Übergangszeit nach der Scheidung durchzustehen.”
“Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass mein Vater diese Frauen verlassen hat?”
“War es nicht so?”
“Ich glaube, es geschah immer in beiderseitigem Einverständnis.”
Man sah Tess deutlich an, was sie von dieser Äußerung hielt. “In jedem Fall war es sicher nicht leicht, mit einem Westcott verheiratet zu sein.”
Jetzt reichte es Cole. “Wissen Sie was? Ich überlasse es Ihnen, wie viel meine Stiefmütter bekommen sollen.” Mit der Fernbedienung schaltete er einen Fernseher ein.
“Mein Assistent hat heute morgen die Nachrichten aufgenommen”, erklärte er. “Eine der drei Exfrauen hat im Namen der anderen mit den Medien gesprochen.”
Er spielte ihr das Interview vor, und während Tess zuhörte, wie seine elegante blonde Stiefmutter den Pressevertretern von ihrer Hoffnung erzählte, dass die Entscheidung über das Erbe ihres verstorbenen Ehemanns zu ihren Gunsten ausfallen werde, beobachtete Cole Tess. Er erkannte Tess’ Überraschung darüber, wie jung die Frau im Fernsehen war. Der Reporter wies darauf hin, dass sie nur ein Jahr älter als Cole sei. Sie saß in ihrem üppig ausgestatteten Wohnzimmer, und bei jeder Bewegung blitzten ihre Diamanten auf.
Der Reporter fuhr mit weiteren Erklärungen über Deirdre fort. Sie war Harlan Westcotts vierte Ehefrau, und bei der Scheidung hatte sie von ihm über eine Million bekommen, so wie es ihr Ehevertrag vorschrieb. Jetzt fand sie, dass ihr noch mehr zustand.
Es folgten Erläuterungen zu den beiden anderen Exfrauen. Keine Ehe hatte länger als ein Jahr gedauert, und eine der Frauen hatte anschließend einen achtzigjährigen Konzernchef geheiratet. Die andere hatte sich mit ihrer Abfindung ein Bordell in Las Vegas gekauft.
“So, Tess.” Cole schaltete den Fernseher aus und blickte sie an. “Wie viel, finden Sie, sollten meine Stiefmütter vom Erbe meines
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