Verführung in weißer Seide
sich zu gewinnen. “Fliegst du mit ihm mit?”
Mit einem seltsamen Lächeln schüttelte sie den Kopf. “Das würde Kiki bestimmt nicht gefallen.”
“Kiki?”
“Ein Insulanerin, die Phillip getroffen hat. Sie lebt zurzeit bei mir, um andere Kulturen kennenzulernen. Ich habe versucht, sie zu überreden, hierher mitzukommen, aber diese Menschenmenge war ihr zu viel.” Über Coles verständnislosen Blick musste Tess lächeln. “Phillip sieht sie nur als Freundin. Aber sie bewundert ihn, und er hat eingewilligt, sie auf seine Reise mitzunehmen. Bestimmt erkennt er früher oder später, wie wunderbar sie beide zueinanderpassen.”
In Coles Kopf überschlug sich alles. Und sein Herz raste so sehr, dass er glaubte, jeden Moment könne ihm die Brust platzen. “Das verstehe ich nicht. Du versuchst, Phillip zu verkuppeln?”
“In gewisser Weise vielleicht. Ich sähe es nicht gern, wenn er einsam ist.”
Gebannt sah er ihr in die Augen. Das alles ergab keinen Sinn, aber eine unsinnige Hoffnung stieg in ihm auf. “Tess.” Er konnte nicht anders, er streckte die Hand nach ihr aus und versuchte, sie zu sich zu ziehen.
Sie unterdrückte einen Aufschrei und zog sich zurück. “Ich sollte lieber gehen. Ich habe hier Verpflichtungen.”
“Wir müssen miteinander reden.”
“Nein, das müssen wir nicht.” Sie drehte sich um, aber der Weg wurde ihr von anderen Gästen versperrt, die sich unterhielten.
“Ich beneide Phillip”, stellte Cole fest, und Tess erstarrte. “Weil er Kiki hat. Gemeinsam mit jemandem zu verreisen muss wunderbar sein.” Fast flüsternd sprach er weiter: “Sonst fühlt man sich nur einsam.”
Ihr Verstand riet ihr, von ihm wegzugehen, doch sie sah ihm wieder in die Augen. “Warst du einsam?”
“Ja.”
Hör doch nicht auf ihn! sagte sie sich. “Das tut mir leid. Die erzwungene Enthaltsamkeit muss dir schwerfallen. Die Zeit bis November muss dir wie eine Ewigkeit vorkommen.” Ihre Kehle war wie zugeschnürt, aber sie zwang sich zu einem Lächeln. “Sobald das mit deiner Erbschaft geklärt ist, wirst du keine Probleme haben, Reisegefährtinnen zu finden.”
“Niemand gefährdet meine Erbschaft, Tess. Es interessiert keinen, ob ich mit einer Frau zusammen bin, die nicht meine Ehefrau ist.”
Doch – mich, dachte Tess, und genau aus diesem Grund muss ich mich von ihm fernhalten.
Aber er strich ihr langsam über die Arme, und sein Blick hielt sie gefangen. “Ich brauche nicht erst bis November zu warten, aber was ich dir schon gesagt habe, ist wahr, Tess.” Seine Hände schlossen sich fester um ihre Arme. “Ich will dich, Tess. Nur dich.”
Und ihr Widerstand schmolz noch ein bisschen mehr dahin. Noch dazu wurde das Licht gedimmt, und es wurde ein besonderer Tanz für das Brautpaar angekündigt. Ein wunderschönes Liebeslied erklang, und Kristen und Josh fingen zu tanzen an.
Zu Tränen gerührt sah Tess ihnen zu. Im Moment war sie so aufgewühlt, dass jede romantische Szene sie zum Weinen brachte.
Cole trat dicht hinter sie, legte die Arme um ihre Taille und zog sie an sich. Seine Berührung und sein Duft waren für Tess lustvoll und quälend zugleich.
“Ich erinnere mich an meine Braut”, sagte er leise dicht an ihrem Ohr. “Und wie ich mit ihr getanzt habe.”
Tess schloss die Augen. Sie dachte an ihre Hochzeitsnacht.
“Komm mit mir nach draußen, Tess.”
Die Versuchung war so stark, dass endlich Tess’ Vernunft wieder einsetzte. Wenn sie jetzt mit Cole hinausging, würde er sie küssen. Und dann würde sie mit ihm schlafen.
Die Westcotts waren wirklich Meister der Verführung. Glaubte Cole wirklich, er konnte sie in sein Bett bekommen, wann immer ihm der Sinn danach stand?
Natürlich dachte er das, und Tess musste sich eingestehen, dass es ihm auch fast gelang.
“In Ordnung.” Sie biss die Zähne aufeinander, um sich nicht anmerken zu lassen, wie wütend und verletzt sie war. “Gehen wir.”
Sie drängten sich durch die Gästeschar hinaus in die warme Nacht. Als sie um die Hausecke herum waren und nicht beobachtet werden konnten, löste Tess sich aus Coles Griff und drehte sich zu ihm. “Jetzt hör mir mal zu, du … Westcott.”
Verblüfft trat er einen Schritt zurück.
“Fass mich nicht an, umarme mich nicht und hör auf, mir irgendetwas ins Ohr zu flüstern”, regte sie sich auf. “Dieses Recht hast du an dem Tag verspielt, als du mich einfach aufgegeben hast.”
“Dich aufgegeben?”
“Versuch nicht, dich wieder herauszureden. Geh einfach.
Weitere Kostenlose Bücher