Verfuhrt auf dem Maskenball
seine grauen Augen unbeirrt auf den Bruder gerichtet. „Deine zukünftige Gemahlin ist eine sehr schöne Frau“, sagte er endlich.
„Ja, das ist sie.“ Tyrell wandte sich ab.
„Und dir ist das egal. Du interessierst dich nicht im Mindesten für sie.“
„Fang nicht damit an!“ Wütend fuhr Tyrell herum.
Devlin war vollkommen überrumpelt. „Was, zum Teufel, ist los mit dir?“
So gut wie möglich versuchte Tyrell, sich wieder zu fassen, und wünschte nur, er hätte nicht durchblicken lassen, wie es wirklich um ihn stand.
„In all den Jahren, seit ich dich kenne, habe ich nur ein- oder zweimal erlebt, dass du die Fassung verlierst“, sagte Devlin ruhig. „Du bist einer der sanftmütigsten Männer, die ich kenne. Es ist fast unmöglich, dich in Wut zu bringen, Tyrell.“
„Misch dich da nicht ein“, erwiderte Tyrell mit gepresster Stimme.
Devlin zog die Brauen hoch. „In was soll ich mich nicht einmischen? Was, zum Teufel, ist hier los?“
Tyrell lächelte finster. „Was sollte los sein? Ich werde eine schöne, anmutige und wohlerzogene Lady heiraten. Und ich heirate ein großes Vermögen. Lady Blanche ist einfach perfekt, findest du nicht?“
„Lady Blanche“, wiederholte Devlin langsam.
Tyrell umklammerte die Balustrade und starrte in die Nacht hinaus.
Devlin stellte sich neben ihn. Es verging eine ganze Weile, ehe er sprach, und dann klangen seine Worte ruhig und sanft. „Du bist mir ein großartiger Bruder gewesen. Als dein Vater meine Mutter heiratete, hättest du dich weigern können, Sean und mich zu akzeptieren. Aber du hast uns nicht nur in deiner Familie willkommen geheißen, du hast uns sogar die größtmögliche Zuneigung geschenkt. Ich erinnere mich an ein Ereignis kurz nach der Hochzeit. In jenen Tagen wurde so viel geredet über den Earl und meine Mutter. Die Leute wollten glauben, dass sie meinem Vater untreu gewesen war. Wegen dieser Beleidigungen versuchte ich, einem Farmer die Nase blutig zu schlagen, der doppelt so alt war wie ich und zweimal so groß. Du hast keinen Moment gezögert, dich in den Kampf zu stürzen. An jenem Tag bist du wirklich mein Bruder geworden.“
Tyrell erinnerte sich gut an den Zwischenfall. Sie waren beide elf Jahre alt gewesen, und noch nie hatte er so viel Kühnheit und Mut bei jemandem gesehen wie damals bei Devlin. Jetzt lächelte er. „Vater war außer sich. Wir bekamen beide die Peitsche zu spüren.“
„Mein Vater hätte die Fäuste gegen mich erhoben“, sagte Devlin ohne jede Spur von Bitterkeit. Auch er lächelte. „Die Peitsche war mir lieber.“
Tyrell lachte.
Devlin legte ihm die Hand auf die Schulter. „Und als ich mich Virginia gegenüber so schrecklich verhielt, um mich an ihrem Onkel zu rächen, hast du dich eingemischt, nicht nur einmal, sondern immer wieder. Und dann war ich wütend auf dich. Jetzt empfinde ich nur noch Dankbarkeit. Sag mir, was ist geschehen?“
Keiner wusste einen Gegner besser zu entwaffnen als Devlin O’Neill, und jetzt sehnte sich Tyrell nach einem Vertrauten, obwohl er andererseits entschieden hatte, seinen Zorn und seinen Kummer für sich zu behalten.
„Du hast immer gewusst, dass der Earl eines Tages eine vorteilhafte Partie für dich finden würde“, fuhr Devlin fort. „Der Stiefbruder, der mir so sehr am Herzen liegt, würde seine Pflichten nur zu gern erfüllen. Der Stiefbruder, den ich mein Leben lang kannte, wäre sehr zufrieden mit Lady Blanche und allem, was sie der Familie mitbringt.“
„Ich bin sehr zufrieden.“
„Und das soll ich dir glauben?“ Devlin betrachtete den Bruder eine Weile. „Geht es um eine Frau?“, fragte er dann.
Tyrell schnaubte verächtlich.
Devlin hob die Brauen.„Ehe Virginia in mein Leben trat und alles – mich selbst eingeschlossen – auf den Kopf stellte, hätte ich so eine Frage niemals gestellt. Doch nur eine Frau kann einen Mann in eine so schlechte Stimmung versetzen.“
Tyrell lachte voller Bitterkeit. „Nun gut, ich gestehe. Eine listige kleine Betrügerin hat mich hintergangen. Und ich Narr hatte sie wirklich ins Herz geschlossen. Und jetzt, verdammt, obwohl ich weiß, dass meine Gefühle nicht erwidert wurden und sie mich ganz eindeutig zurückgewiesen hat, muss ich immerfort an sie denken.“
Devlin schien ehrlich überrascht. „Kenne ich die … äh … gewisse Dame?“
„Nein, du kennst sie nicht – obwohl der Zufall es will, dass ihr einen gemeinsamen Vorfahren habt.“
Jetzt war Devlin sehr interessiert. „Wer, zum
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