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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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rutschte.
„Und wo wollt ihr hin?“
Ich musste stark an mich halten, nicht meine Augen zu verdrehen. Ging das schon wieder los. Am liebsten würde mein Vater mich in einen kleinen Raum sperren, dort an die Wand ketten, und mich da erst bei meinen Tod rauslassen, um mich vor den Gefahren des Lebens zu schützen. „Wir wollen ein Eis essen gehen, und danach vielleicht noch ins Kino.“
„In Koenigshain gibt es kein Kino.“
„Sag bloß.“ Nein, das hatte ich mir nicht verkneifen können. Ich wollte einfach nur gehen, und seine Fragerei ging mir tierisch auf den Sack. Außerdem zappelte Flair ungeduldig auf meinem Arm. Auch sie wollte raus.
„Ys-oog, lass sie gehen“, mischte meine Mutter sich ein, und benutzte den afrikanischen Spitznamen für ihn, denn sie ihm schon vor meiner Geburt gegeben hatte. Ich hatte sie einmal gefragt, was er bedeutete. „Eisauge“ war ihre Antwort gewesen. Sie war vom ersten Augenblick an fasziniert von seinen Augen gewesen. Im Gegensatz zu meinem Vater, der sie zum Teufel gewünscht hatte. Jup, aller Anfang war schwer, und der meiner Eltern … sagen wir einfach mal, es war nicht einfach gewesen.
„Donasie, geh.“ Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange, und schob mich dann an meinem Vater vorbei zur Tür. „Wir sehen uns heute Abend.“
Irgendwie bekam ich von diesen fünf Worten so ein schlechtes Gewissen, dass ich die ganze Aktion fast abbrechen wollte, aber das konnte ich nicht, nicht jetzt, wo ich endlich wusste wohin ich gehen musste, um sie zu finden. Nein, ich würde so kurz vor dem Ziel nicht aufgeben. „Bis dann“, sagte ich noch, und dann flog ich mit Flair unten Arm, fast die Treppe hinunter, so eilig hatte ich es auf die Straße zu kommen, bevor ich es mir noch einmal anderes überlegen konnte.
Koenigshain war ein kleiner Ort, so abgelegen, dass man fast glauben konnte, allein auf der Welt zu sein. Bis zum nächsten Dorf waren es fünf Kilometer. Es gab nur eine schmale Zufahrtsstraße mit der unser kleines Örtchen zu erreichen war, und die führte auch noch durch einen dunklen, finsteren Wald. Jede Straße hier hieß Dorfstraße – das war für Fremde für die Orientierung sehr verwirrend –, und Telefonnummern waren alle drei- bis vierstellig. Internet gab es nur temporär, und Handyempfang meist nur auf dem Berg – nur bei sehr viel Glück konnte man woanders telefonieren.
Mein Zuhause lag also irgendwo im Nirgendwo. Naja, eigentlich ja in Deutschland, aber trotzdem so abgelegen, dass ich genauso gut in Timbuktu wohnen könnte.
Trotzdem hatte der Ort etwas. Naja, zumindest für Urlauber und Touristen. Für jemanden wie mich, der hier leben musste, konnte es ziemlich langweilig werden. Die einzige Abwechslung die ich abgesehen von meinen Freunden genoss, war meine Ausbildung zur Pferdewirtin. Ich liebte Pferde, die so das genaue Gegenteil zu meinem anderen Hobby waren. Computer. Ja, ich gab es zu, ich war ein kleiner Nerd. Und ich stand nicht nur dazu, ich war auch noch stolz drauf.
Ich setzte Flair auf den Weg, und sie begann sofort, begeistert an einem gefrorenen Grasbüschel zu schnuppern, auf den sie dann gleich auch mal draufpinkelte. Dann bellte sie einmal freudig – was mehr einem Quietschen ähnelte als allem anderen –, und sauste los. Ich führte sie nie an der Leine, und Halsband trug sie eigentlich nur zur Dekoration, weil sie so süß darin aussah. Sie hörte sehr gut, und entfernte sich sowieso nie weit von mir, warum also sollte ich sie an die Leine legen?
Ich schüttelte meinen Kopf, um diese Gedanken loszuwerden. Im Moment gab es wirklich wichtigeres, worüber ich mir den Kopf zerbrechen sollte, wie zum Beispiel das, was vor mir lag.
Die vertrauten Straßen, die meinen verschneiten Weg begleiteten, nahm ich kaum zur Kenntnis, als ich mich an den Abend vor zwei Tagen erinnerte. Der Abend, der alles verändert hatte, der Abend, an dem meine Gothictante Amber überraschend zu Besuch gekommen war …
Das schrillen der Tür war kein Anlass für mich, meinen Computer einfach so im Stich zu lassen. Besonders nicht da sich meine Kriegerin gerade mitten in einem Kampf gegen einen Ork befand – diese Biester waren vielleicht lästig –, und ich auch noch dabei war zu verlieren.

„Donasie, kannst du mal bitte an die Tür gehen? Ich bin noch im Bad.“

Dieses Wort schien mich manchmal zu verhöhnen. Donasie. Das war afrikanisch, und bedeutete nichts anderes als Geschenk, und genau so war ich auch hier gelandet – so zumindest kam es mir

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