Vergangene Schatten
Kaffee gemacht?« »Ich«, antwortete Erin. »Es ist eine Spezialmischung. Collin mag Gourmet-Kaffees.«
Ihre drei Geschwister verdrehten gleichzeitig die Augen.
»He, Matt, du siehst wirklich heiß aus in der Unterwäsche«, sagte Lissa und kicherte. Die beiden anderen nickten grinsend.
»Okay«, sagte Matt, stellte seine Tasse ab und sah die drei Quälgeister mit festem Blick an. »Jetzt ist es aber genug.«
»Nur damit du's weißt«, sagte Dani und bemühte sich, ernst dreinzublicken, während sie ein schelmisches Funkeln in den Augen hatte. »Mädchen stehen mehr auf Boxershorts.«
»Müsst ihr drei nicht vielleicht irgendwohin?«, fragte Matt und goss den Rest seines Kaffees in die Spüle.
»Heute ist Sonntag. Kirchgang.«
»Oh, ja.« Nun fiel Matt auf, dass sie Kleider und Stöckelschuhe trugen, was bei ihnen entweder einen heißen Samstag Abend oder Kirchgang bedeutete. Nein, bei den züchtigen Kleidern, die sie anhatten, kam eigentlich nur die Kirche in Betracht. »Na«, fragte er, zu Erin gewandt, »wo ist eigentlich dein Loverboy?«
»Falls du Collin meinst, er wird gleich hier sein«, sagte Erin würdevoll.
»Was ist mit den beiden anderen Quälgeistern?«
»Er meint Andy und Craig«, sagte Dani, zu Lissa gewandt. Matt stellte fest, dass sie nicht besonders beleidigt klang - vielleicht, weil die Beschreibung nicht ganz falsch war. Bestimmt wäre ihm auch für Collin noch ein etwas passenderer Ausdruck eingefallen, wenn er sich bemüht hätte.
»Er will doch nur das Thema wechseln. Aber das funktioniert nicht«, sagte Lissa und wandte sich wieder Matt zu. »Wir wollen lieber über dich und Carly reden.«
»Das geht euch nichts an«, entgegnete Matt und goss den Inhalt der Kaffeekanne in die Spüle.
»He, der war für Collin«, protestierte Erin. »Er wird gleich hier sein.« »Er kann froh sein, dass ich die Brühe weggeschüttet habe.«
»Wir haben abgestimmt«, sagte Dani. »Über dich und Carly. Wir sind einverstanden.«
»Na, da bin ich aber froh«, sagte Matt und drehte den Wasserhahn auf, um die Kanne auszuspülen und außerdem mit dem Rauschen den Chor der Frauenstimmen zu übertönen.
»Dir ist aber schon klar, dass du da ein kleines Problemchen hast«, sagte Erin, nachdem er das Wasser abgedreht hatte. »Shelby wird auch gleich hier sein. Sie geht mit uns in die Kirche.«
»Scheiße«, knurrte Matt und stellte sich vor, dass Carly vielleicht noch rechtzeitig herunterkam, um der fröhlichen Runde zu begegnen. »Kannst du nicht jemand anders als ausgerechnet Shelbys Bruder heiraten?«
»Ich könnte schon«, sagte Erin, als Matt zur Tür ging, sie öffnete und nach Annie pfiff. Zu seiner Erleichterung kam der Hund tatsächlich hereingelaufen. »Aber warum?«
»Vielleicht weil Collin ein Arschloch ist?«, fragte Dani in neckendem Ton.
»Ist er nicht!«, erwiderte Erin wütend.
»Doch«, warf Lissa ein und verzog das Gesicht. »Ist er schon.«
»Matt...«, wandte sich Erin flehentlich an ihren Bruder.
»Mich geht das nichts an, Ladys. Solange ich keine rosa Fliege zur Hochzeit tragen muss, kann Erin diesen Collin von mir aus gern heiraten.« Er sah draußen Mike Toler kommen, der heute Morgen die Wache bei Carly übernahm, und winkte ihn herein. »Selbst wenn er ein Arschloch ist.«
»Wer?«, fragte Mike neugierig.
»Die Mädchen werden es dir erklären«, sagte Matt, winkte Erin spöttisch zu und ging zur Arbeit.
Und den ganzen Tag ging ihm ein altes Lied nicht aus dem Kopf, in dem von love and marriage und von horse and carriage die Rede war - von Dingen, die angeblich untrennbar zusammengehörten ...
32
Die folgende Woche verging wie im Fluge. Um sich nicht noch einmal vor allen Hausbewohnern zum Narren zu machen, nahm Carly nun die doppelte Dosis Schlaftabletten. Sie wollte nicht noch einmal in die peinliche Situation geraten, schreiend aus einem Albtraum zu erwachen. Sandra wurde aus dem Krankenhaus entlassen und zog ebenfalls in Matts Zimmer ein, wo sie auf einem Gästebett schlief, das man von einem Nachbarn auslieh. Matt war der Ansicht, dass es der Täter nicht auf Sandra abgesehen hatte und dass er sie deshalb nicht noch einmal angreifen würde. Sandra hatte nach allem, was passiert war, trotzdem nicht die geringste Lust, allein in dem alten Haus zu wohnen. Matt hatte aber ohnehin dafür gesorgt, dass außer den Sicherheitskräften niemand das Haus betreten durfte. Und so wurden Carly und Sandra Zimmergenossinnen, was Carly aus verschiedenen Gründen nur recht war.
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