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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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niemand mehr etwas anhaben.
    —
    Der Sonntag war ein
schwarzer Tag, ein Tag voller Melancholie. Er kroch unter die Haut und erfüllte
den Körper langsam mit einer Apathie, gegen die nur schwer anzukommen war.
Rebekka hatte Sonntage gehasst, seit sie neun Jahre alt war. Seitdem hatte sie
versucht, sie mit jeder Menge Aktivitäten vollzupacken oder, wenn es mit den
Verabredungen nicht so klappte, sie zu verschlafen, damit der verhasste Tag so
schnell wie möglich von einem weit vielversprechenderen Montag abgelöst wurde.
    Sie stand in ihrem geräumigen, neu
eingerichteten Büro mit Aussicht auf das Tivoli und hatte ihren letzten Fall
fast fertig archiviert. Sie stellte den schweren, grauen Ordner geräuschvoll
ins Regal. Seit knapp drei Jahren gehörte sie zur mobilen Spezialeinheit der
dänischen Reichspolizei. Als einzige Frau. Ein begehrter Job, der nur den
tüchtigsten Polizisten offenstand. Sie und ihre Kollegen waren gut und gerne
zweihundert Tage im Jahr unterwegs, um der Polizei vor Ort bei schwierigen
Fällen zu helfen. Rebekka liebte ihre Arbeit. Ihr Chef, Torsten Krogh, hatte
ihr mehrmals zu verstehen gegeben, wie zufrieden er mit ihrer Arbeit war, und
auch von ihren Kollegen wurde sie als eine der »Jungs« akzeptiert. Ihr Ton
untereinander war rau und der Zusammenhalt stark, und Rebekka fühlte sich zum
ersten Mal als Teil einer Gemeinschaft.
    Sie sah sich zufrieden in ihrem Büro um. Sie hatte schon lange ein
Auge auf den Raum geworfen. Er lag im fünften Stock und bot eine grandiose
Aussicht auf die Attraktionen des Tivolis und den Rathausturm, und als er frei
geworden war, hatte sie Torsten Krogh in den Ohren gelegen, ihn ihr zu geben.
Genau genommen war das Büro zu groß für eine Person, vor allem wenn diese die
meiste Zeit außer Haus arbeitete, doch Torsten Krogh war – zu ihrer großen
Freude – ihrem Wunsch trotzdem nachgekommen. Rebekka seufzte leise, während sie
die Nase gegen die kühle Fensterscheibe drückte und eine Taube beobachtete, die
in der kühlen Morgensonne auf dem Fenstersims saß. Ihr Gurren war fast schon
meditativ, und einen Moment verlor sie sich in ihren Gedanken.
    Vom Rathausturm schlug es deutlich elf Mal. Sie war heute früh
aufgewacht, war erst eine Runde im Søndermarken gelaufen und dann ins Präsidium
gefahren. Jetzt war der Papierkram erledigt, es gab hier für sie nichts mehr zu
tun. Selbst die Blume auf dem hellen Schreibtisch hatte sie gegossen. Kurz
streifte sie ein Gefühl von Einsamkeit, und sie wählte schnell Dortes Nummer.
Die Freundin lud sie auf einen Kaffee ein und etwas optimistischer griff
Rebekka nach ihrem Mantel und verließ das menschenleere Gebäude.
    —
    Michael Bertelsen wurde
von dem hartnäckigen Läuten des Telefons geweckt. Einen Moment wusste er nicht,
ob es Tag oder Nacht war. Dann erinnerte er sich an den abendlichen Einsatz in
der Disco in der Fußgängerzone und folgerte, dass es Tag sein musste, auch wenn
er sich über die genaue Zeit nicht im Klaren war. Er tastete nach dem
schnurlosen Telefon und fand es unter der zweiten, ordentlich zusammengefalteten
Decke in dem breiten Doppelbett.
    »Bertelsen«, murmelte er in den
Hörer, während er sich die Augen rieb. Sie gewöhnten sich langsam an das Licht,
und er warf einen Blick auf den Radiowecker: 11.03 Uhr.
    »Michael, hier ist Teit. Im westlichen Teil des Fruerwalds, gleich
bei dem Parkplatz ist eine junge Frau gefunden worden, ermordet. Anna
Gudbergsen. Zweiundzwanzig Jahre.«
    Michael setzte sich verwirrt im Bett auf.
    »Was?«
    »Sie wurde niedergeschlagen und durch mehrere Messerstiche getötet.
Auf den ersten Blick sieht es nach einem Sexualverbrechen aus. Thorkild Thøgersen
untersucht gerade die Leiche. Komm, so schnell du kannst, hier raus.«
    Während Teit Jørgensen ihm genauere Informationen und Anweisungen
gab, spritzte Michael sich Wasser ins Gesicht und unter die Arme. Dann hüpfte
er auf einem Bein durch das Schlafzimmer und versuchte, Hose und Socken
anzuziehen.
    »Gib mir zehn Minuten«, sagte er, »dann bin ich da.«
    —
    Das Handy klingelte
durchdringend, als Rebekka gerade das Auto vor Dortes kleinem Genossenschaftshaus
einparkte. Es war ihr Chef, Torsten Krogh.
    »Rebekka. Hör zu. Eine junge Frau
ist auf einem Waldweg in Westjütland ermordet worden. In einem Blutrausch mit
dem Messer niedergestochen. Möglicherweise vergewaltigt. Ich schicke dich
allein hin. Du weißt natürlich, dass so etwas eigentlich nicht zu unseren
Aufgaben gehört, aber ein alter

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