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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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Freund, Kriminalkommissar Teit Jørgensen, hat
mich um Hilfe gebeten, deshalb werde ich tun, was ich kann. Um die Technik
kümmern sich die Kollegen aus Århus.«
    Rebekka spürte ein Kribbeln im Magen. Seit Inkrafttreten der neuen
Polizeireform hatten sie nur noch selten mit den klassischen Mordfällen zu tun,
für die die Spezialeinheit ursprünglich zuständig gewesen war. Jetzt waren ihre
Aufgaben eher politisch ausgerichtet, was zur Folge hatte, dass die Ermittler
bestimmten Bereichen wie Prostitution, Menschenhandel, Rockerszene und
Bandenkriminalität eine höhere Priorität einräumen und die einzelnen Polizeidistrikte
ihre Mordfälle trotz mangelnder Erfahrung selbst lösen mussten. Als Rebekka
sich seinerzeit bei der Spezialeinheit beworben hatte, hatte sie vor allem das
Interesse an den traditionellen Mordfällen zu diesem Schritt bewogen, und sie
war bei Weitem nicht die einzige Ermittlerin, die über diese Entwicklung
unglücklich war.
    »Wo genau in Jütland?«, fragte sie und bemühte sich, nicht
übereifrig zu klingen.
    »In Ringkøbing.«
    Ringkøbing. Ringkøbing. Ringkøbing.
    Kalte Angst durchfuhr Rebekka, vernebelte ihren Blick und ihr Mund
wurde trocken. Wie von ferne nahm sie wahr, dass Torsten Krogh in irgendwelchen
Papieren wühlte, während die Welt sich um sie zusammenzog.
    »Im Fruerwald. Man hat sie nahe dem westlichen Zugang zum Wald
gefunden. Rebekka, Rebekka, bist du noch da?«
    Langsam kehrte sie in die Wirklichkeit zurück.
    »Ich war nur etwas überrascht. Ich komme doch selbst aus
Ringkøbing.«
    »Stimmt. Das trifft sich gut.«
    Torsten Krogh klang begeistert und versorgte sie noch mit weiteren
Informationen, bevor er auflegte.
    Rebekka sank im Autositz in sich zusammen und starrte mit leeren
Augen vor sich hin. Ringkøbing, ausgerechnet. Sie hatte die ersten neunzehn
Jahre ihres Lebens in dieser Stadt verbracht und war bei der erstbesten
Gelegenheit geflüchtet. Und seitdem nicht mehr zurückgekehrt. Ihre Eltern
wohnten noch immer dort. In demselben gelben Reihenhaus mit dem Kiesweg davor,
ein beharrliches Zeugnis aus einer anderen Zeit.
    Jemand klopfte gegen das Autofenster. Rebekka richtete sich verwirrt
auf und sah durch die Scheibe Dortes fröhliches Gesicht. Sie öffnete die
Autotür.
    »Was treibst du denn da? Bist du eingeschlafen?«
    »Ich muss nach Ringkøbing, jetzt sofort. Dort ist ein Mord
passiert.«
    Sie schwankte fast aus dem Auto in die Arme von Dorte, die sie mit
großen Augen anstarrte.
    »Arme Bekka. Das kannst du nicht machen. Die finden bestimmt jemand
anderen. Ich meine … wegen Robin und so.« Dorte drückte liebevoll ihren Arm.
    »Nein … nein, ich muss das machen.« Rebekka nahm sich zusammen. »Das
ist mein Fall, und ich muss jetzt los. Ich will jetzt
los. Das ist nur so total verrückt. Ich meine, die ganzen Jahre habe ich alles
Erdenkliche angestellt, um mich von dieser Stadt fernzuhalten, und jetzt bin
ich plötzlich gezwungen zurückzukehren.«
    »Du hast keine Zeit mehr für einen Kaffee, oder?«
    »Nichts zu machen, das müssen wir nachholen.«
    »Okay, verstehe … als die gute Polizistinnenfreundin, die ich bin«,
lachte Dorte. Dann wurde sie ernst.
    »Wissen deine Eltern, dass du kommst?«
    »Nein. Ich habe es selbst gerade erst erfahren. Ich werde sie
natürlich anrufen, mal sehen, was passiert, wenn ich da bin. Ich weiß nur, dass
ich höllisch viel zu tun haben werde.«
    —
    Alles war rot. Michael
trat unwillkürlich einen Schritt zurück, als er Anna Gudbergsens Leiche sah.
Der Anblick war so unbeschreiblich makaber, dass ihm die Galle bis in den Mund
stieg. Er konnte sie nicht ausspucken, musste sie wieder hinunterschlucken.
    Anna Gudbergsen lag auf einer
kleinen Lichtung in dem dichten Gebüsch, das den Waldweg säumte. Sie lag auf
dem Rücken, die Beine gespreizt, ein Arm schlaff neben dem Körper, der andere,
den sie sich schützend vor das Gesicht gehalten hatte, verharrte steif in einer
unnatürlichen Position. Sie trug ein geblümtes Sommerkleid mit
Spaghettiträgern, das bis über den Bauch hochgezogen war und ihren Unterleib
bloßlegte. Ihr Seidenslip, der einmal weiß gewesen sein musste, war jetzt
blutdurchtränkt und hing ihr um die schmalen Fesseln. Eine Sandale lag neben
ihr, die andere saß am linken Fuß. Überall war dunkelrotes geronnenes Blut, und
ihr langes blondes Haar war von dünnen Blutstreifen durchzogen und hatte sich
in Blättern und Ästchen verheddert. An der linken Wange klaffte eine Wunde, Arme
und Beine

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