Vergessene Welt
deutete
in Richtung Osten. »Es klang, als würde es von da drüben kommen.«
Sie horchten
noch einmal, hörten aber nichts.
Thorne
schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Benzinmotor auf
der Insel ist, Ian. Hier gibt’s ja kein Benzin.«
Das Funkgerät
klickte. »Dr. Malcolm?« Es war Arby, aus dem Caravan.
»Ja, Arby.«
»Wer ist sonst
noch hier? Auf der Insel?«
»Was meinst du
damit?«
»Schalten Sie
Ihren Monitor an.«
Thorne schaltete
den Monitor am Armaturenbrett an. Sie sahen eine Aufnahme von einer der
Überwachungskameras. Das schmale, steile Osttal war zu erkennen. Sie sahen eine
Hügelflanke, Schatten unter den Bäumen. Ein Ast behinderte die Sicht. Alles war
vollkommen unbeweglich. Es war nicht das geringste Zeichen von Aktivität zu erkennen.
»Was hast du
gesehen, Arby?«
»Schauen Sie mal
genau hin.«
Durch die
Blätter sah Thorne kurz Khaki-Stoff aufblitzen, dann noch einmal. Er erkannte,
daß es ein Mensch war, der halb gehend, halb rutschend die steile Hügelflanke herunterkam.
Eine kleine, kompakte Gestalt, kurze, dunkle Haare.
»Das gibt’s doch
nicht«, sagte Malcolm lächelnd.
»Sie wissen, wer
das ist?«
»Ja, natürlich.
Es ist Sarah.«
»Na, dann holen wir sie wohl besser ab.«
Thorne griff nach dem Mikro, drückte die Sprechtaste. »Richard«, sagte er.
Es kam keine
Antwort.
»Richard? Können
Sie mich empfangen?«
Wieder keine
Antwort.
Malcolm
seufzte. »Super. Er
antwortet nicht. Hat wahrscheinlich beschlossen, einen Spaziergang zu machen. Beobachtungen
anzustellen …«
»Das fürchte ich
auch«, sagte Thorne. »Eddie, nimm dir das Motorrad und sieh nach, was Levine
jetzt treibt. Nimm dir ein Lindstradt mit. Wir holen Sarah ab.«
Pfad
Levine folgte dem Wildwechsel und drang
immer tiefer in den Dschungel ein. Die Parasaurier waren irgendwo ein Stückchen
vor ihm; mit viel Lärm bahnten sie sich einen Weg durch die Farne und Palmen.
Wenigstens verstand er jetzt, warum sie eine Einzelreihe gebildet hatten: Es
war die einzige praktikable Möglichkeit, sich in dem üppig wuchernden Regenwald
fortzubewegen.
Sie hatten nicht
aufgehört, Laute von sich zu geben, doch Levine bemerkte, daß der Charakter
dieser Töne sich verändert hatte – sie klangen schriller, aufgeregter. Er eilte
weiter auf dem jetzt ausgetretenen Pfad, vorbei an feuchten Palmwedeln, die
höher waren als er selbst. Während er den Schreien der Tiere lauschte, stieg
ihm plötzlich ein markanter Geruch in die Nase, stechend und süßsauer. Er hatte
den Eindruck, daß der Geruch immer stärker wurde.
Da vor ihm
passierte irgend etwas, daran gab es keinen Zweifel. Die Laute der Parasaurier
klangen jetzt abgehackt, fast wie ein Bellen. Er spürte, daß sie aufgeregt
waren. Aber was konnte ein Tier aufregen, das fast vier Meter hoch und zehn Meter
lang war?
Plötzlich konnte
er seine Neugier nicht mehr bezähmen. Levine begann durch den Dschungel zu
laufen, er schob Palmen beiseite, sprang über umgestürzte Bäume. Im Laubwerk
vor sich hörte er ein Zischen, eine Art Spritzen, und dann gab einer der Parasaurier
einen langen, tiefen Trompetenton von sich.
Eddie Carr fuhr mit dem Motorrad zum Hochstand
und hielt dort an. Levine war verschwunden. Als er sich in der Umgebung des
Gerüsts umsah, entdeckte er auf dem Boden viele Tierspuren. Es waren große
Abdrücke, etwa 60 Zentimeter im Durchmesser, und sie führten in den Dschungel
hinter dem Hochstand.
Er suchte den
Erdboden genauer ab und entdeckte auch frische Stiefelspuren. Sie hatten ein
Asolo-Profil; es mußten Levines sein. An einigen Stellen überlagerten die
Stiefelspuren die Tierabdrücke, was bedeutete, daß sie nachträglich gemacht
worden waren. Die Stiefelspuren führten ebenfalls in den Wald.
Eddie Carr
fluchte. Er hatte absolut keine Lust, in diesen Dschungel zu fahren. Bei der
Vorstellung lief es ihm kalt über den Rücken. Aber hatte er eine andere Wahl?
Er mußte Levine zurückholen. Dieser Kerl, dachte er, wird allmählich ein echtes
Problem. Eddie nahm das Gewehr ab und legte es quer über die Lenkstange des
Motorrads. Dann drehte er am Griff, und das Rad rollte leise ins Halbdunkel des
Dschungels.
Mit vor Aufregung klopfendem Herzen
schob Levine die letzte der großen Palmen beiseite. Und blieb abrupt stehen.
Direkt vor ihm schwang der Schwanz eines Parasauriers knapp über seinem Kopf
hin und her. Das Tier hatte ihm das Hinterteil zugewandt. Ein dicker Strahl
Urin prasselte
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