Vergessene Welt
Verschlußkappe mit einem Sicherheitsstift. Sie zog daran,
um sich den Mechanismus anzusehen.
»Nicht«, sagte
Malcolm. »Genau so aktiviert man sie. Du ziehst den Stift und wirfst sie. Nach
drei Sekunden geht sie los.«
»Okay«, sagte
sie. Dann packte sie hastig den Erste-Hilfe-Koffer zusammen, warf die Spritze
hinein und klappte den Deckel zu.
»Was tust du
da?« fragte Malcolm bestürzt.
»Wir
verschwinden von hier«, erklärte sie und ging zur Tür.
Malcolm seufzte.
»Es ist so gut, einen Mann im Haus zu haben«, sagte er.
Der Zylinder flog durch die Luft, seine
silbrige Oberfläche blitzte im Mondlicht. Die Raptoren drängten sich, etwa fünf
Meter vom Caravan entfernt, um das Motorrad. Eins der Tiere hob den Kopf und
sah den Zylinder, der einige Meter weiter weg im Gras landete.
Sarah stand
wartend in der Tür.
Nichts
passierte.
Keine Explosion.
Nichts.
»Ian! Es hat
nicht funktioniert.«
Neugierig hüpfte
einer der Raptoren zu dem im Gras liegenden Zylinder. Er senkte den Kopf, und
als er ihn wieder hob, funkelte der Zylinder zwischen seinen Zähnen.
Sarah seufzte.
»Es hat nicht funktioniert.«
»Ach, macht
nichts«, erwiderte Malcolm seelenruhig.
»Und was machen
wir jetzt?« fragte Kelly.
Plötzlich gab es
eine laute Explosion, und eine Wolke dichten weißen Rauchs wehte über die
Lichtung. Die Raptoren verschwanden in der Wolke.
Harding schloß
schnell die Tür.
»Und jetzt?«
fragte Kelly.
Malcolm stützte sich schwer auf Sarahs
Schulter, als die drei über die nächtliche Lichtung gingen. Die Wolke war vor
wenigen Minuten verschwunden. Der erste Raptor, den sie im Gras fanden, lag mit
geöffneten Augen, aber absolut bewegungslos auf der Seite. Doch er war nicht
tot: Sarah konnte am Hals einen regelmäßigen Pulsschlag erkennen. Das Tier war
nur gelähmt. »Wie lang hält das an?« fragte Sarah Malcolm.
»Keine Ahnung«,
entgegnete er. »Wieviel Wind?«
»Kein Wind,
Ian.«
»Dann sollte es
‘ne Weile wirken.«
Sie gingen
weiter. Die Raptoren lagen um sie herum im Gras verstreut. Die drei wichen den
Körpern aus, der faulige Gestank der Fleischfresser stieg ihnen in die Nase.
Eins der Tiere lag über dem Motorrad. Sarah ließ Malcolm behutsam zu Boden
sinken, wo er einfach nur dasaß und seufzte. Doch gleich
darauf begann er zu singen: »I wish I was in the land of cotton, old times
there are not forgotten, look away …«
Sarah zerrte am
Lenker und versuchte, das Motorrad unter dem Raptor herauszuziehen. Doch das
Tier war zu schwer. »Lassen Sie mich mal«, sagte Kelly und griff nach dem
Lenker. Ohne zu zögern, ging Sarah um das Motorrad herum, bückte sich, legte
dem Raptor die Arme um den Hals und zog den Kopf hoch. Ekel stieg in ihr auf.
Heiße, schuppige
Haut streifte sie an Armen und Wange. Ächzend richtete sie sich auf und zog das
Tier in die Höhe.
»Hast du es?«
fragte sie Kelly.
»Noch nicht«,
sagte Kelly und zog an der Lenkstange.
Sarahs Gesicht
war nur Zentimeter von Kopf und Maul des Raptors entfernt. Als sie nachfaßte,
um ihn besser in den Griff zu bekommen, zuckte der Kopf hin und her. Ein
offenes Auge starrte sie blicklos an. Sarah zog mit aller Kraft, versuchte, das
Tier noch ein Stückchen höher zu heben.
»Fast«, sagte
Kelly.
Sarah ächzte,
ließ aber nicht locker.
Das Auge
blinzelte.
Erschrocken ließ
sie das Tier fallen. Kelly zog das Motorrad weg. »Geschafft!«
Sarah ging um
den Raptor herum. Eins der kräftigen Beine zuckte. Der Brustkorb begann sich zu
heben und zu senken.
»Los«, sagte
Sarah. »Ian, hinter mich. Kelly, auf die Lenkstange.«
Dann stieg sie
auf, ohne den Raptor aus den Augen zu lassen. Der Kopf zuckte. Wieder blinzelte
das Tier. Es wachte unverkennbar auf. »Los, Leute, schnell. Los geht’s!«
Siedlung
Das Motorrad fuhr den Hügel hinunter auf
die Arbeitersiedlung zu. Über Kellys Schulter sah Sarah im Mondlicht den Jeep
vor dem Laden stehen, nicht weit von den Benzinpumpen entfernt. Sie hielt an,
und alle stiegen ab. Kelly öffnete die Tür und half Malcolm hinein. Sarah schob
das Motorrad in den Laden und schloß die Tür.
»Doc?« fragte
sie.
»Wir sind hier
drüben«, sagte Thorne. »Bei Arby.«
Im Mondlicht,
das durch die Fenster sickerte, bemerkte Sarah, daß der Laden aussah wie der
verlassene Verkaufsraum einer Tankstelle am Straßenrand. Es gab einen gläsernen
Kühlschrank für Limonade, doch die Dosen waren hinter der Moderschicht auf dem
Glas kaum noch zu erkennen. Auf einem
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