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Vergib uns unsere Sünden - Thriller

Titel: Vergib uns unsere Sünden - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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balancierte Kartenhaus seines Lebens zum Einsturz bringen konnte. Es würde lautlos in sich zusammenfallen. Ohne Vorwarnung. Eines Morgens würde er aufwachen und keinen zusammenhängenden Satz mehr sprechen, sich nicht einmal einen Kaffee kochen können. Er brauchte jetzt keinen Serienmörder, so wenig, wie die Leitung eines spektakulären Mordfalls, aber noch während er das dachte, fragte er sich, ob er sich nicht seine eigene Gerechtigkeit zusammenbastelte. Vielleicht war es der Ausweg aus seiner Entscheidungsunfähigkeit. Sein Ende oder seine Rettung. Er sah Lassiter an, um etwas zu sagen, aber Lassiter hob die Hand.
    »Sie fragen, ob Sie die Wahl haben. Jetzt wissen Sie es. Und nun reden Sie mit dem FBI und versuchen, sich einen Reim auf den Quatsch zu machen, okay?«
    Miller ging zur Tür.
    »Eine Sache noch«, sagte Lassiter.
    Miller runzelte die Stirn.
    »Marilyn Hemmings ist dem Fall als Gerichtsmedizinerin zugeteilt. Mit ihr haben Sie’s zu tun. Natürlich wird die Presse Wind davon bekommen. Nach dem Foto im Globe muss ich Ihnen ja nicht erst sagen …«
    »Hab schon verstanden«, sagte Miller. Er öffnete die Bürotür.
    »Wenn ich einen besseren Mann hätte …«, hörte er Lassiter ihm noch nachrufen, als er leise die Tür hinter sich zuzog.
    Das Gefühl kenne ich, dachte Miller, als er auf die Treppe zuging.
     
    Ein paar Kilometer entfernt, in einem Washingtoner Vorort, stand eine junge Frau namens Natasha Joyce in ihrer Küchentür. Eine Schwarze, vielleicht Ende zwanzig, und im Fernsehen hatte etwas ihre Aufmerksamkeit erregt. Sie war
beim Abspülen, hielt einen Teller und das Geschirrtuch noch in der Hand, neigte den Kopf zur Seite, kniff die Augen halb zusammen und starrte auf den Bildschirm, während die Moderatorin sprach.
    Auf dem Bildschirm war ein Gesicht erschienen.
    Ein Augenblick des Zögerns, der Fassungslosigkeit vielleicht, dann rutschte Natasha Joyce der Teller aus der Hand, und noch während ihr Blick auf den Bildschirm fixiert war, meinte sie den Teller in Zeitlupe zu Boden trudeln zu sehen.
    Ihre Tochter, ein hübsches neunjähriges Mädchen namens Chloe, das auf der anderen Seite des Zimmers gespielt hatte, drehte sich um und sah seine Mutter in der Tür stehen, Augen und Mund weit aufgerissen.
    Alles ging langsam. Alles fühlte sich unwirklich an. Was in einer Sekunde hätte geschehen sollen, dauerte eine Minute oder länger.
    Der Teller hatte den Boden erreicht. Einen Herzschlag lang schien auch er zu zögern, bevor er in zwanzig oder dreißig Teile zersprang. Natasha schrie auf vor Schreck, und weil sie schrie, schrie auch ihre Tochter, und Natasha war einen Moment verwundert, weil sie wusste, dass ihr der Teller aus der Hand gefallen war und den Fußboden erreichen und zerbrechen würde, und trotzdem kam das Geräusch wie etwas Unerwartetes aus dem linken Gesichtsfeld.
    »Mom?«, sagte Chloe, sprang vom Teppich auf, drehte sich um und lief auf sie zu. »Mom … Was ist passiert?«
    Natasha Joyce stand reglos da, der Schreck war ihr ins Gesicht geschrieben, und versuchte, die Tränen zurückzuhalten.

3
    Zehn Minuten später stand Miller am Fenster eines Büros im dritten Stock. Neutraler zweistufiger Anstrich, beige, darüber ein helleres Beige. Verbeultes Mobiliar. Die Heizkörper stöhnten und ächzten unter der Mühe, Wärme zu produzieren, und strömten einen Geruch nach Rost und abgestandenem Wasser aus. Durch das Fenster rechter Hand schaute Miller auf die Straßenecke New York Avenue und Fifth Street hinunter. Hinter ihm auf dem Schreibtisch lag eine Nummer der Washington Post. Von seinem Standort aus sah er die Schlagzeile, die sich in der Fensterscheibe spiegelte.
     
    VIERTES OPFER DES VERMEINTLICHEN SERIENMÖRDERS
     
    Hinter einem solchen Statement verbarg sich eine Geschichte. Die Franzosen sprechen vom monstre sacré : eine Kultfigur, die wir erschaffen haben, aber besser nicht erschaffen hätten.
    Washington pflegte seine eigene Variante. Man nannte ihn den Schnurmörder. Seine Geschichte war acht Monate und drei Opfer älter als Catherine Sheridans Tod. In den ersten drei Fällen hatte er andersfarbige Schnüre hinterlassen, erst eine blaue, dann eine rosafarbene, schließlich eine gelbe. Blasses Babyblau, Zuckerwatterosa, Frühlingssonnengelb. Catherine Sheridan hatte eine weiße Schnur bekommen, sie war das vierte Opfer, und für das Zweite Revier des Washingtoner Police Department unter Captain Frank Lassiter war die Nachricht von ihrer Ermordung wie ein

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