Vergib uns unsere Sünden - Thriller
ich erzähle es Ihnen trotzdem. Dayle hat gesagt, dass in seinen dreißig Jahren bei der Drogenbehörde und ähnlichen Institutionen immer das wesentliche Ziel seiner Ermittlungsarbeit gewesen ist, für die CIA zu arbeiten. Das hat er gesagt. Sind Sie denn nicht beeindruckt und fasziniert von einer solchen Äußerung eines Ihrer Leute?«
»Nein, Mr Sotelo, bin ich nicht. Nicht beeindruckt und nicht im Geringsten interessiert. Ich muss nicht mehr wissen, als ich weiß. Aus irgendeinem Grund haben Sie das Missfallen der Leute erregt, für die ich arbeite, und damit Ihre Freunde meine Arbeitgeber nicht noch mehr ärgern, hat man mich mit einer Botschaft losgeschickt. Was in dem Paket drin ist, wer es abgeschickt hat oder warum er es abgeschickt hat, muss der Bote nicht wissen. Er muss es ausliefern. Das ist sein Job. Ein guter Bote stellt keine Fragen, er liefert.«
Francisco bewegte sich unbeholfen auf seinem Stuhl. Er trank sein Glas leer und griff nach der Flasche, um sich erneut einzuschenken.
»Sie hatten genug«, sagte ich.
Er machte große Augen. »Eins noch … bitte«, sagte er leise.
Ich ließ ihn das Glas halb vollschenken.
»Wussten Sie, dass in Burma, Venezuela, Peru, Laos und Mexiko verdeckte Drogenschmuggel-Operationen stattfinden, die von der CIA gedeckt werden?«, fragte er. »Wussten Sie, dass die CIA in Mexico City ihren größten Stützpunkt außerhalb der Staaten unterhält? FBI und DEA übrigens auch. Wussten Sie, dass über neunzig Prozent aller illegalen Drogen über Mexiko in die Vereinigten Staaten geschafft werden? Wissen Sie, wie leicht es ist, aus Nicaragua über Honduras und Guatemala nach Mexiko zu gelangen? Da fragt man sich, warum sie das zulassen. Mexiko hat
Auslandsschulden von hundertfünfzig Milliarden Dollar, die meisten bei der U.S. Citibank. Die kosten sie vierzehn Milliarden jährlich allein an Zinsen. Und wo kommt das viele Geld her? Es kommt von denselben Leuten, bei denen sie die ursprünglichen Schulden haben. Citibank wäscht Millionen von Dollar für die Brüder Salinas und die mexikanischen Kartelle. Das Geld zahlt Zinsen. Und alle sind glücklich.«
»Schluss jetzt«, sagte ich.
»Das ist die Wahrheit, John. Es ist die Wahrheit, kein Zweifel. Sobald deutlich geworden war, dass die Drogen über Honduras in die USA zurückgeschmuggelt wurden, hat Ihre Regierung das dortige Büro der Drug Enforcement Agency geschlossen und die Agenten nach Guatemala entsandt. Obwohl die Drogen gar nicht über Guatemala kamen, sie kamen über Honduras, und die U.S.-Regierung wusste das. Und wenn jemand zu genau auf Guatemala schaut, wird das Büro wieder umziehen, wahrscheinlich nach Costa Rica.« Francisco schüttelte den Kopf. »Was den Zeitablauf betrifft, kann es keine Zweifel geben, John … Von dem Augenblick an, in dem die Vereinigten Staaten sich in Nicaragua engagierten, begann das Kokain über Mexiko in euren Vorgarten zu fließen …«
Das Geräusch des auf dem Parkettboden zerspringenden Glases war lauter als der schallgedämpfte Pistolenschuss. Eine kleine Blutrose erblühte direkt über Francisco Sotelos Nasenwurzel, und es kam mir vor, als schaute er mich eine Ewigkeit an. Ein Großteil des Inhalts seines Kopfes war durch das Gitterwerk der Rückenlehne seines Stuhls gespritzt und hatte an der Wand hinter ihm ein symmetrisches Muster entstehen lassen.
Ich blieb noch eine ganze Weile dort sitzen. Zweimal füllte ich mein Glas nach und genoss den Whiskey. Ich dachte über das nach, was Francisco Sotelo mir erzählt hatte, und auch wenn er mir nichts erzählt hatte, was mir neu war, hatten die
Einzelheiten mich doch überrascht. Ich hatte dem, was mir zu Ohren gekommen war, nie besonders viel Aufmerksamkeit gewidmet. So ein Krieg will finanziert werden. Waffen müssen gekauft werden. Vergebliche Versuche, Invasionen zu starten oder abzuwehren, fordern Menschenleben, aber wenn der Krieg vorbei ist, was dann? Sollte ich in dem Glauben weiterleben, dass alles, was wir in Südamerika unternahmen, mit dem Geld aus Drogengeschäften finanziert worden war? Dass das Endprodukt des Aufmarsches gegen die kommunistische Infiltration letztlich nichts anderes als die Kontrolle über die Hochburgen der Drogenproduktion auf diesem Erdball war? Nein, so etwas wollte ich nicht glauben.
Ich durchsuchte den Raum nach Dokumenten, Zeugenaussagen zu den DEA-Operationen, von denen Sotelo gesprochen hatte. Ich konnte nichts finden.
Ich habe Francisco Sotelo getötet, weil ich den Auftrag
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