Vergib uns unsere Sünden - Thriller
mit solch klarer Bestimmtheit und wirkte so vollkommen unberührt von der Tatsache, dass ein Fremder ihm mit der Waffe im Anschlag aufgelauert hatte, dass er mich neugierig machte.
»Möchten Sie auch einen?«, fragte er.
Ich nickte.
»Wie heißen Sie?«
Ich schüttelte den Kopf.
Er lächelte. »Das ist nicht fair. Sie kennen meinen Namen. Wahrscheinlich wissen Sie mehr über mich als meine besten Freunde. Ich bin sicher, Sie kennen auch meine Privatadresse und die Namen meiner Frau und meiner Kinder. Und ganz sicher haben Sie mein Foto mehr als einmal studiert. Gut möglich, dass Sie mich auf dem Weg zur Arbeit und zurück beschattet haben, um jede Verwechslung ausschließen zu können. Habe ich recht?«
Wieder nickte ich.
»Dann sollten Sie mir wenigstens Ihren Namen nennen. Es geht kein Weg an der Tatsache vorbei, dass ich unsere kurze Bekannschaft nicht überleben werde.« Sotelo lächelte sarkastisch. »Was schadet es da, wenn ich Ihren Namen weiß.«
»Ich heiße John.«
»Wie einfallsreich«, sagte er mit flüchtigem Lächeln.
»Das ist mein richtiger Name.«
»Ihr richtiger Name oder der, den man Ihnen gegeben hat?«
»Sie wissen, wer ich bin?«, fragte ich.
Sotelo nickte. »Natürlich weiß ich, wer Sie sind. Sie sind von der CIA. Uncle Buck, der Abgeordnete der allmächtigen Vereinigten Staaten von Amerika. Tatsächlich weiß ich viel mehr über den Grund Ihres Hierseins als Sie selber.«
»Und warum, glauben Sie, bin ich hier?«, fragte ich.
»Trinken wir etwas, um der Sache einen zivilisierten Rahmen zu geben. Nehmen Sie Platz, lassen Sie uns ein bisschen plaudern, ist das akzeptabel für Sie?«
Ich zuckte die Achseln.
»Und Sie haben gewiss keine dringendere Verabredung - John?«
»Habe ich nicht.« Ich mochte den Mann. Seine scheinbare Sorglosigkeit, seine lockere Art. Selbst sein Aussehen - eleganter Maßanzug, blütenweißes Hemd.
»In der Schublade meines Schreibtisches liegt eine Flasche Scotch«, sagte er. »Wollen Sie herkommen und sie selbst rausholen?«
Ich schüttelte den Kopf. Ich wusste, wo die Flasche lag, weil ich sie bei der Durchsuchung des Zimmers gefunden hatte. Ich wusste auch, dass eine Schublade tiefer die Gläser standen.
Francisco nahm Flasche und Gläser heraus und stellte sie auf den Schreibtisch. Ich beobachtete ihn aufmerksam, als er die Gläser füllte. Ein Glas schob er zu mir herüber. Ich setzte mich auf einen der Stühle mit den hohen Lehnen, ein fein geschnitzter hölzerner Rahmen mit einer gusseisernen Rückenlehne, deren Gitterwerk ein ganzes Stück über meinen Kopf ragte. Francisco saß auch auf einem solchen Stuhl, und für einen Moment sagte keiner von uns ein Wort, als warteten wir beide auf etwas. Ich schlug ein Bein über das andere, hielt die Waffe im Schoß, die Mündung auf Franciscos Brust gerichtet. Ich konnte den Whiskey in dem Glas in meiner linken Hand riechen.
»Sie wissen Bescheid über La Allianza?«, fragte Francisco.
»Ich weiß, was ich wissen muss.«
Francisco lächelte. »Wissen Sie, was die Chinesen über einen schweigsamen Mann sagen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ein schweigsamer Mann weiß nichts, oder er weiß so viel, dass Worte überflüssig sind.«
»Ist das so?«
Francisco schwieg einen Moment, dann beugte er sich ein wenig vor. »Darf ich fragen, was man Ihnen über mich erzählt hat?«
Ich hob das Glas, nippte etwas Scotch. »Nein.«
»Ich bin Anwalt«, sagte Francisco Sotelo. »So viel wissen Sie, oder?«
Ich antwortete nicht. Francisco verlängerte sein Leben, so gut es ging. Er hatte recht. Ich hatte keine dringende Verabredung. Es war später Nachmittag. Sein Büro war offiziell geschlossen, und aus den Überwachungsprotokollen wussten wir, dass er den späten Nachmittag und Abend oft allein in seinem Büro arbeitete. Er hatte nie Besuch bekommen.
»Ich bin Anwalt, und ich vertrete jeden, dessen Mandat Ihre Regierung mir überträgt. Ich besitze Informationen über viele der Operationen, die Ihre Leute seit der Invasion Nicaraguas organisiert haben. Ich weiß über Rowan International Bescheid und über die Zapata Corporation. Ich weiß über die Bohrinseln im Meer Bescheid, die den Hubschraubern, die das Kokain in die Staaten fliegen, als Landeplätze dienen …«
Ich stellte mein Glas auf den Tisch. »Warum erzählen Sie mir das, Francisco?«, fragte ich ihn.
Er sagte nichts, sah sich im Zimmer um, und sein Blick hatte etwas Verlorenes, vielleicht Trauriges, weil er wusste, dass sein Leben in
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