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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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Dokumentation aufgezeichnet, falls die Quellen sich nach dem Abdruck ihrer Aussagen querstellen. Vielleicht ist ja dort etwas zu holen? Die wenigen Bänder, die er nach seinem Wiedereinstieg in die Arbeit aufgenommen hat, liegen in dem Schrank aus Treibholz in seiner Küche. Aber wo sind die alten?
    Er zieht die Schreibtischschubladen auf und stellt verwundert fest, dass sie leer sind. Stimmt, sie hatten früher andere Schreibtische. Er steht auf, geht an der Kaffeemaschine vorbei und biegt um die Ecke in den Teil der Redaktion, in dem früher das Inlandsressort saß. Die alten Arbeitseinheiten sind nicht mehr da.
    Henning geht zurück zum Desk, an dem der Nachrichtenchef gerade ein Telefongespräch beendet.
    »Weißt du, wo unsere alten Schreibtische abgeblieben sind?«, fragt Henning.
    Hjeltland legt die Arme hinter den Kopf. Unter seinen Achseln sind Schweißflecken.
    Henning versucht, sie zu ignorieren.
    »Die Schreibtische? Keinen Schimmer. Warum interessiert dich das? Willst du dich neu einrichten zu Hause, Hause, HAUSE ?«
    »Nein.«
    »Frag Ida. Die hat sich um die Neugestaltung hier drinnen gekümmert, soweit ich weiß.«
    »Okay. Danke.«
    »So eine Spritztour ist doch was Wunderbares, nicht wahr?«
    Thorleif antwortet nicht.
    »Ich fahre gerne Auto. Meistens ohne Radio, ich genieße dann die Stille, lasse die Gedanken schweifen. Geht Ihnen das auch so?«
    Thorleif sieht den Mann von der Seite an, ohne etwas zu sagen. Er trägt Handschuhe. Der Tacho zeigt genau hundert, exakt die zulässige Geschwindigkeit. Sobald Thorleif etwas schneller fährt, beugt der Mann neben ihm sich vor und fixiert den Tacho, gefolgt von einem strengen Blick.
    »Immer mit der Ruhe«, hat er gesagt. »Sie wollen doch nicht von der Polizei angehalten werden?«
    Und ob ich das will, denkt Thorleif, und ob. Er hat schon überlegt, das Auto in den Graben zu lenken, in der Hoffnung, dass er überlebt. Aber die Angst zwingt ihn, das Lenkrad fest zu umklammern. Sein Herz ist meilenweit entfernt von einem gleichmäßigen, ruhigen Rhythmus.
    Auf seine Nachfrage, was der Mann mit seiner Frage »Fußgänger oder Radfahrer?« meint, hat er nur ein Lächeln als Antwort bekommen. Aber etwas anderes beunruhigt Thorleif viel mehr. Der Mann macht keine Anstalten, sein Gesicht zu verbergen. Befürchtet er nicht, dass Thorleif ihn bei der Polizei verpfeifen und beschreiben könnte?
    Die einzige Erklärung, die ihm dafür einfällt, ist ebenso einfach wie brutal. Es spielt keine Rolle, ob er ihn gesehen hat oder nicht. Wenn das hier vorbei ist, wenn die ihn nicht mehr brauchen, werden sie ihn umbringen. Es spielt also keine Rolle, ob er die wahre Identität des Mannes kennt oder sich an sein Aussehen erinnert.
    »Wohin fahren wir?«, fragt er.
    Sie sind auf der E 18 und passieren gerade die Abfahrt Holmestrand.
    »Eine Weile brauchen wir noch. Fahren Sie einfach weiter, und halten Sie sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung.«
    Das Handy des Mannes piepst. Er zieht einen Handschuh aus und drückt auf mehrere Tasten. Als er fertig ist, legt er die Hand auf die Armlehne und schaut aus dem Fenster. Thorleifs Blick springt zwischen der Straße vor ihm und der Hand hin und her. Kurz darauf zieht der Mann den Handschuh wieder über.
    Eine knappe Stunde später biegen sie in Richtung Larvik ab.
    »Fahren Sie an dem Kreisel links ab«, weist der Mann ihn an und zeigt in Richtung Fritzøe Brygge. »Und dann runter in die Tiefgarage.«
    Thorleifs Opel Astra rollt langsam in den Keller. Jedes Geräusch, jede Bewegung wird doppelt verstärkt. Er fährt an einem Ausgangsbereich mit dunkler Holzverkleidung vorbei, der in ein Einkaufszentrum führt. Der Supermarkt wirbt auf einem Plakat für Fischfrikadellen für 49,90 Kronen das Kilo. Etwa ein Dutzend Autos parkt hier unten, es gibt noch jede Menge freie Plätze.
    »Parken Sie da drüben«, sagt der Mann und zeigt auf einen dunkelblauen BMW Kombi.
    Thorleif lenkt den Wagen zwischen zwei weiße runde Säulen. Der Wagen, auf den er zufährt, hat die gleiche Farbe wie der, den er im Bogstad Gård gesehen hat, aber nicht das gleiche Kennzeichen. Thorleif sieht den Mann an, der schief lächelt.
    »Machen Sie schon, damit wir umsteigen können.«
    Thorleif manövriert das Auto auf das Parkfeld und schaltet den Motor aus. Dumpfe Stille füllt den Innenraum. Ein Stück entfernt knallt eine Tür, gleich darauf startet ein Motor. Sie steigen aus.
    Es riecht wie im Autodeck einer Fähre. Über ihm surrt es konstant. Der Mann

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