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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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findet sie aber nicht gleich.
    »Wie lange haben Sie trainiert?«
    »Bis …« Holte wendet den Blick ab, während er nachdenkt. »Bis acht, neun Uhr, glaube ich.«
    Brogeland nickt. Die vorläufige Untersuchung besagt, dass van Derksen zwischen neun und zehn Uhr umgebracht wurde.
    »Was haben Sie nach dem Training gemacht?«
    »Da bin ich nach Hause gegangen.«
    »Allein?«
    »Ja.«
    »Und seitdem sind Sie hier?«
    »Ja, ich …« Holte bringt den Satz nicht zu Ende. Sein Blick flackert.
    »Welche Schuhgröße haben Sie?«
    »Welche … Was soll die Frage?« Jetzt klingt er hitzig.
    »Beantworten Sie einfach meine Frage.«
    Holte senkt den Kopf. »Vierzig«, murmelt er.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Vierzig.«
    Hagen und Brogeland wechseln wieder Blicke. Dann sagt Brogeland: »Wenn Sie uns bitte ins Präsidium begleiten würden.«
    106
    Die SMS von Bjarne Brogeland enthält nur ein Wort: »Okay.« Henning reicht das, um die Story anzugehen und die Verbindung zwischen dem Mordopfer und Tore Pulli herauszustellen. Plötzlich geht es nicht mehr nur um einen Mord. Henning kann sogar die Festnahme von Ørjan Mjønes mit einbeziehen, allerdings ohne seinen Namen zu nennen.
    Zufrieden registriert er, dass die Story höchste Priorität auf der Titelseite bekommt, und es dauert nicht lange, bis auch die Konkurrenz die Neuigkeit aufgreift. Das erhöht natürlich den Druck auf die Polizei noch weiter, denkt Henning, lässt sich aber nicht vermeiden. Der Rest des Falls wird dadurch wesentlich schwerer aufzubereiten sein. Aber er hat keine Wahl, Nachrichten sind Nachrichten, und mit etwas Glück führt der erhöhte Druck der Konkurrenz dazu, dass weitere Details zum Vorschein kommen.
    Henning versucht, Brogeland zu erreichen, um sich zu erkundigen, ob es in dem Fall neue Entwicklungen gibt, erhält aber wie erwartet keine Antwort. Stattdessen schickt er ihm eine SMS mit der Bitte um Rückruf, sobald er eine Gelegenheit dazu hat. Anschließend denkt er über Jocke Brolenius nach. Ganz zu Anfang wies alles auf Robert van Derksen als mutmaßlichen Täter hin, obwohl Tore Pulli diese Möglichkeit von vornherein ausgeschlossen hat. Und Henning stimmt dem mittlerweile eigentlich zu. Ein Mann mit einem derart ausgeprägten Darstellungsbedürfnis hätte es sicher nicht geschafft, ein solches Geheimnis zwei Jahre lang für sich zu behalten. Aber hat er vielleicht trotzdem etwas gewusst, ohne sich dessen bewusst zu sein?
    Die Luft ist stickig und klamm im Verhörraum 1, wo Bjarne Brogeland gerade mit Petter Holte Platz genommen hat. Über ihnen hängt ein kleines weißes Mikrofon von der Decke herab. Eine über der Tür des nüchternen grauen Raumes installierte Kamera filmt das Verhör. Brogeland weiß, dass Arild Gjerstad und vermutlich einige andere aus ihrem Team jetzt in der Kommandozentrale sitzen und alles am Bildschirm verfolgen. Er hätte das Gespräch mit Holte auch in seinem Büro führen können, aber eine Befragung im Verhörraum macht einen stärkeren Eindruck auf die Verdächtigen.
    »Brauche ich einen Anwalt?«, fragt Holte.
    »Glauben Sie denn, dass Sie einen brauchen?«
    Holte antwortet nicht.
    »Sie können gerne einen Anwalt bekommen, wenn Sie einen haben möchten.«
    »Ich habe nichts verbrochen, warum sollte ich also einen brauchen«, erwidert er beleidigt.
    Brogeland mustert den kräftigen Mann vor sich. Holte wirkt aggressiv. Aber da ist noch mehr, denkt Brogeland. Der Mann hat Angst.
    »Besitzen Sie eine Schusswaffe?«, fragt er.
    »Ja, ich habe eine Waffe.«
    »Was für eine Waffe ist das?«
    »Eine SIG 9.«
    Neun Millimeter, denkt Brogeland. Und ein Lauf, auf den ein Schalldämpfer passt.
    »Und Sie haben einen Waffenschein für diese Waffe?«
    »Natürlich habe ich den«, braust Holte auf.
    »Ist es lange her, dass Sie sie zuletzt benutzt haben?«
    »Eine Weile«, antwortet Holte und knibbelt an seinen Nägeln. Kleine Schweißtröpfchen zeichnen sich auf dem kahl rasierten Schädel ab.
    »Warum haben Sie sich gestern auf der Beerdigung mit Robert van Derksen gestritten?«
    Holte blickt zu Boden. »Robert hat mir meine Freundin ausgespannt, als ich im Gefängnis war. Außerdem war er wirklich schon lange kein guter Freund mehr von Tore. Es war ganz einfach respektlos, da aufzutauchen.« Seine Stimme klingt zornig.
    »Sind Sie gestern nach dem Training zu ihm nach Hause gefahren?«
    »Nein.«
    »In Ihrem Treppenhaus war eine Menge Erde.«
    »Und wenn schon?«
    »Auch in Roberts Treppenhaus lag Erde.«
    »Das ist

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