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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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Sie natürlich abgeschlossen, wenn Sie trainierten?«
    »Ja, mein Gott, wir sind doch nicht bescheuert.«
    »Was haben Sie denn mit den Schlüsseln gemacht?«
    »Unterschiedlich. Diejenigen, die schon lange dabei sind, dürfen ihre Schlüssel am Rezeptionstresen ablegen oder in Kent Harrys Büro. Wie Tore das gehandhabt hat, kam darauf an, wer gerade Dienst hatte. Tore vertraute mehr auf Menschen als auf Schlösser. Warum fragen Sie?«
    Henning überhört die Frage. »Wie kontrollieren Sie die Zeiten beim Training?«
    »Da hängt eine Uhr an der Wand.«
    Henning sieht ihn an. »Die hinter der Rezeption?«
    Grønningen nickt. »Keiner von uns trägt noch eine Armbanduhr, dafür haben wir unsere Handys.«
    Pulli hat nach dem Training bestimmt überprüft, ob er eine Nachricht oder einen Anruf bekommen hat, denkt Henning, so wie er selbst es auch immer als Erstes tut, wenn er geduscht oder geschlafen hat. Dann kann aber nicht bloß die Uhr von Pullis Handy falsch gegangen sein, sondern auch die Wanduhr im Kraft & Respekt .
    Henning bedankt sich bei Grønningen für das Gespräch und macht sich auf ins Fitnessstudio.
    Die Frau hinter dem Tresen guckt noch säuerlicher als sonst, als sie sieht, wer da kommt. Henning kümmert sich nicht darum und fragt, ob Kent Harry Hansen da ist.
    »Hat er Ihnen nicht klar zu verstehen gegeben, dass Sie hier unerwünscht sind?«
    »Doch«, antwortet Henning. »Aber ich muss trotzdem mit ihm reden. Wo ist er?«
    »Keine Ahnung.«
    Henning nickt, während sein Blick zu der Uhr an der Wand hinter ihr wandert. Er nimmt sein Handy heraus und vergleicht die Uhren. Sie stimmen fast überein. Das war nicht anders zu erwarten, denkt er. Wenn jemand die Uhr an dem Abend verstellt hat, an dem Pulli Jocke Brolenius treffen wollte, hatte der Betreffende sicher dafür gesorgt, sie gleich wieder richtig zu stellen, entweder noch am selben Abend oder am Tag darauf. Alles andere wäre idiotisch gewesen.
    Aber wer konnte das getan haben?
    »Diese Uhr hinter ihnen«, beginnt er, »ist die mal … erinnern Sie sich daran, dass die …« Henning gerät ins Stocken. Er weiß nicht recht, wie er die Frage formulieren soll. »Geht die Uhr immer richtig?«, fragt er schließlich und merkt im selben Augenblick, dass die Frage meilenweit am Ziel vorbeischießt.
    »Glaube schon«, antwortet sie, ohne ihren Blick von der Zeitschrift zu heben, die vor ihr auf dem Tisch liegt.
    »Wissen Sie, ob sie in der Vergangenheit mal nachgegangen ist?«
    Hinter ihm schlagen Gewichte gegeneinander.
    »Keine Ahnung«, antwortete sie uninteressiert.
    »Wissen Sie, ich frage mich, ob sie vielleicht am 26. Oktober vor zwei Jahren deutlich nachgegangen ist?«
    Sie hebt den Kopf und sieht mit einem Mal etwas weniger uninteressiert aus.
    »Das ist der Abend, an dem Jocke Brolenius umgebracht wurde«, erklärt Henning. »Haben Sie an dem Abend gearbeitet?«
    Sie schnaubt. »Soll ich mich etwa an alles erinnern?«
    »Nein, aber vielleicht können Sie herausfinden, wer an diesem Abend hier war? Es gibt in Ihrem Computer doch bestimmt eine Übersicht. Vielleicht einen Dienstplan, Stundenverzeichnisse, eine Lohnliste? Wie viele Leute arbeiten hier?«
    »Das müssen Sie mit Kent Harry besprechen«, sagt sie und senkt ihren Blick wieder. »Auch wenn ich sehr daran zweifle, dass er bereit ist, Ihnen zu helfen.«
    Henning sieht noch einmal auf die Uhr, ehe er wieder die Frau fixiert. Sein Blick bleibt auf dem T-Shirt hängen, das sie trägt. Die drei feixenden Affen in Brusthöhe scheinen sich köstlich zu amüsieren.
    »Ist das Ihr T-Shirt?«, fragt er und deutet auf das Motiv.
    Sie sieht auf. »Mein Gott, natürlich ist das meins. Was ist denn das für eine Frage?«
    Henning nickt langsam, lässt sie aber nicht aus den Augen. Ihr Mund ist leicht schräg, gelangweilt. Sie erwidert seinen Blick.
    »Hatten Sie nicht auch ein Axe-T-Shirt?«
    Sie sucht auf seinem Gesicht nach einer Erklärung für die Frage. »Ja und?«
    Henning antwortet nicht. »Ach nichts«, sagt er schließlich. »Danke für das Gespräch.«
    109
    Bjarne Brogeland sitzt allein in der Kantine, vor sich eine Tasse Kaffee. Das Licht, das durch die großen Fenster fällt, hat noch immer Kraft. Er wischt sich mit den Händen über das Gesicht und versucht, die beginnende Müdigkeit aus den Augen zu reiben. In den letzten Tagen hatte er kaum Zeit zum Luftholen. Tore Pulli, Thorleif Brenden, Ørjan Mjønes, Robert van Derksen. Trotzdem dürfte er eigentlich nicht so erschöpft sein.

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