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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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und schenkt sich Kaffee aus einer silbergrauen Kanne ein. Der in der Nacht verantwortliche Kriminalbeamte, ein uniformierter Mann mit dichtem blondem Haar und imposantem Doppelkinn, hat mit einem dicken Filzstift vor der Tafel Stellung bezogen. Bevor er Robert van Derksens Namen in Großbuchstaben an die Tafel schreibt, zieht er seine Hose bis gut über den Hüftkamm hoch.
    Er fasst in wenigen Minuten die bisherige Faktenlage zusammen: die Erde aus dem Blumenbeet, der Fußabdruck vor der Wohnung, Größe vierzig, und die Schüsse. Danach übernimmt Brogeland das Wort und berichtet, was bei Tore Pullis Beerdigung vorgefallen ist.
    »Interessant«, sagt der Leiter der Ermittlungen, Arild Gjerstad. »Woher hast du diese Information?«
    »Von Henning Juul«, antwortet Brogeland. »Er war dort. Wir hätten auch dort sein sollen.«
    Brogeland sieht zu Pia Nøkleby, die den Blick senkt. Einen Moment herrscht am Tisch betretenes Schweigen. Gjerstad fährt sich mit zwei Fingern durch den Bart und räuspert sich.
    »Wir müssen rauskriegen, was passiert ist, nachdem er die Beerdigung verlassen hat. Bjarne – nimm Emil mit, und statte diesem Holte einen Besuch ab.«
    Brogeland und Hagen nicken.
    »Ella, du versuchst herauszufinden, mit welchen Leuten van Derksen sich umgeben hat. Wenn wir Pech haben, müssen wir die gesamte Bande verhören.«
    Ella Sandland nickt.
    »Das werden wir wahrscheinlich in jedem Fall müssen«, wirft Pia Nøkleby ein.
    »Und dann müssen wir auch noch alle anderen Möglichkeiten abklopfen«, fährt Gjerstad fort. »Ob es ein Raubüberfall war, der aus dem Ruder gelaufen ist, ob er Vermögen besitzt, mit wem er die letzten Tage Kontakt hatte und so weiter. Schließlich müssen wir noch einmal mit allen potenziellen Zeugen reden. Nachbarn. Es muss überprüft werden, ob es Überwachungskameras in der Nähe gibt, die verdächtige Fahrzeuge aufgenommen haben, die wir weiter überprüfen können. Wir brauchen auch einen Überblick über die Taxis, die in dem Bereich unterwegs waren. Pia, hast du noch etwas hinzuzufügen?«
    »Ich könnte eine Suche durch Indicia schicken und sehen, ob ich fündig werde.«
    »Okay, gut«, sagt Gjerstad und erhebt sich. »Dann legen wir los.«
    Sekunden später ist die Kommandozentrale leer.
    Brogeland und Hagen parken auf dem Bürgersteig vor dem roten Backsteingebäude in der Herslebs gate. Vor dem Gemüseladen stehen drei dunkelhäutige Männer und beobachten sie. Wir hätten Hagens Auto nehmen sollen, denkt Brogeland. Dienstwagen erregen zu viel Aufsehen. Aber sein eigener ist in der Werkstatt. Mal wieder. Der verdammte Keilriemen.
    Sie steigen aus, sind mit wenigen Schritten im Treppenaufgang und gehen bis zu Petter Holtes Wohnungstür im vierten Stock. Schwere Schritte sind hinter der Tür zu hören, die gleich darauf aufgeht. Ein Mann mit Rasierschaum auf dem Kopf baut sich im Türrahmen auf und sieht sie fragend an.
    »Petter Holte?«, fragt Brogeland.
    Holtes Miene, die beim Öffnen zufrieden, ja fast strahlend wirkte, nimmt einen starren, maskenhaften Ausdruck an.
    »Wir sind von der Polizei«, fährt Brogeland unbeeindruckt fort. »Können wir einen Augenblick hereinkommen?«
    Holtes Blick verfinstert sich. »Warum?«, fragt er und pumpt den Brustkasten auf.
    »Es geht um Robert van Derksen.«
    »Was ist mit ihm?«, fragt Holte angriffslustig, ohne sich zu rühren.
    »Er ist tot.«
    Holte antwortet nicht, bleibt stehen und sieht Brogeland nur mit der gleichen aggressiven Maske weiter an.
    »Dürfen wir reinkommen?«
    Holte bewegt sich nicht vom Fleck. Von seinem Kopf laufen dünne weiße Schaumstreifen über die Schläfen. Nach einem langen Augenblick verändert sich abrupt sein Gesichtsausdruck, als hätte die Botschaft mit etwas Verzögerung sein Gehirn erreicht. Widerstrebend geht er einen Schritt zur Seite. Brogeland tritt als Erster ein und bleibt unmittelbar stehen. Auf dem Boden liegen kleine Erdkrümel. Hagen und Brogeland sehen sich an, ehe Brogeland sich kurz zu Holte umdreht und weiter in die Wohnung geht.
    »Was zum Teufel ist passiert?«, fragt Holte.
    »Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass ich unsere Unterhaltung aufnehme«, sagt Brogeland und hält ein MP 3-Diktiergerät hoch.
    Holte schluckt und nickt.
    »Wo waren Sie gestern Abend?«
    »Ich … beim Training.«
    »Zusammen mit wem?«
    »Kent Harry und Geir, unter anderem. Aber da waren noch mehr.«
    »Robert nicht?«
    »Nein, Robert und ich, wir …« Holte stockt, sucht nach Worten,

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