Vergiftet
steht »XXX«. Er lässt es klingeln. Irgendwo ein Stück entfernt schlägt eine Tür. Das Telefon klingelt weiter. Thorleif starrt es an. Zögernd streckt er die Hand aus und nimmt den Hörer ab, sagt aber nichts.
»Thorleif?«
»Ja«, antwortet er schließlich leise.
»Haben Sie das Foto noch auf dem Bildschirm?«
Schwedischer Akzent mit stark osteuropäischem Einschlag.
»Ich weiß, was Sie denken. Die Antwort ist Ja«, lässt sich die Stimme weiter vernehmen. »Wir wissen eine Menge über Sie, Thorleif. Oder soll ich lieber Toffe sagen?«
Thorleif sieht sich verunsichert um. Toffe wird er nur von seinen Arbeitskollegen genannt.
»Wer sind Sie?«, presst er hervor. »Was wollen Sie?«
»Wir brauchen Ihre Hilfe.«
»Meine Hilfe?«
»Ja, Ihre Hilfe. Sie werden bald erfahren, worum es geht. Und wenn wir Sie auffordern, bereit zu sein, Toffe, dann tun Sie, was wir Ihnen sagen. Keine Fragen.«
»Aber …«
»Und Toffe, wenn Ihnen Ihre Familie auch nur im Geringsten etwas bedeutet, halten Sie die Klappe. Verstehen Sie, was ich sage?«
Thorleif nickt.
»Ich höre nichts, Toffe.«
»Ja, ja, ja, ja«, sagt er und nickt wieder. »Ich habe verstanden.«
»Gut. Sie hören von uns.«
29
»Ich schalte das Gerät auf Aufnahme, wenn das für Sie in Ordnung ist«, sagt Henning und hebt sein Handy an.
Pulli lehnt sich auf dem Sofa zurück, nickt und schlägt ein Bein über das andere.
»Bevor wir anfangen, muss Ihnen eine Sache vollkommen klar sein«, sagt Henning und sieht Pulli lange an. »Wenn ich Ihnen helfen soll, müssen Sie mir all meine Fragen beantworten. Das heißt: keine Geheimnisse. Sind wir uns da einig?«
»Ja, ja«, brummt Pulli und zuckt mit den Schultern.
»Okay, gut, fangen wir mit Jocke Brolenius an. Wer war er?«
Pulli führt den Teebecher an seine Lippen. »Ein Schwede. Und wie die meisten Schweden in dieser Branche brutal und vollkommen skrupellos.«
»Aber er hat gemeinsam mit Ihnen trainiert?«
Pulli nickt und schlürft vorsichtig seinen Tee. »Jocke hat viel Raum beansprucht. Er war ein Angeber, ein Großmaul, das sich gerne damit brüstete, wenn er jemanden auf besonders brutale Weise verdroschen hatte. Es gab einige, denen das auf den Keks ging, um es mal so zu sagen. Außerdem war er ja auch noch an einer Reihe anderer Dinge beteiligt.«
»Ja, das ist mir bekannt. Und Sie sind sich vollkommen sicher, dass er es war, der Vidar Fjell getötet hat?«
»Ja, wer hätte das denn sonst sein sollen? Ein paar Tage vor dem Mord an Vidar hatten sie sich lauthals gestritten. Jocke hat Vidar vor ziemlich vielen Zeugen offen bedroht.«
»Und nach Vidars Tod begann dann der Streit?«
Pulli nickt erneut, ehe er beginnt, über die Diskussionen im Studio und in seiner Wohnung zu erzählen, bei der es ihm irgendwann gelungen ist, die anderen davon zu überzeugen, dass er sich persönlich um dieses Problem kümmern würde.
»Aber war es nicht ziemlich gewagt, sich allein mit Jocke zu treffen? Sie wussten schließlich, was er getan hatte?«
»Ja, aber zu der Zeit waren mein Name und mein Ruf noch einiges wert. Außerdem kannte ich Jocke ganz gut. Wir verständigten uns darauf, allein und unbewaffnet zu kommen. Ich habe in diesem Milieu genug harte Auseinandersetzungen mitbekommen, um zu wissen, dass man oft selbst zum Angriff übergehen muss, um dem Gegner diese Möglichkeit zu nehmen.«
»Und genau das wollten Sie verhindern?«
»Ja. Mag schon sein, dass das ziemlich naiv war. Ich bin sicher nicht der geborene Diplomat, aber ich hatte ganz einfach das Gefühl, es probieren zu müssen.«
»Wie lautet Ihre Version von den Geschehnissen an Jockes Todestag?«
Pulli nimmt die Mütze ab und streicht sich mit der Hand über den Schädel, ehe er sie wieder aufsetzt.
»Tja, eigentlich kann ich nur wiederholen, was ich schon gesagt habe. Ich wollte Jocke um elf Uhr treffen, doch als ich dort ankam, war er bereits tot.«
»Sie haben in der Nähe niemanden gesehen? Und es kam Ihnen auch keiner entgegen?«
»Nein, aber außer Jocke sollte ja auch niemand da sein, also …«
»Laut Staatsanwaltschaft haben Sie angegeben, pünktlich zu dem Treffen mit Jocke erschienen zu sein. Sie haben aber erst neunzehn Minuten später den Notruf der Polizei gewählt und den Leichenfund gemeldet. Wie erklären Sie das?«
Pulli blickt zu Boden. »Tja, das kapiere ich selbst nicht. Ich weiß auch nicht, wo die Zeit geblieben ist.«
Henning sieht ihn ein paar Sekunden lang an. »Das hört sich nicht gerade
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