Verheißungsvolle Sehnsucht
neununddreißig. Ein Alter, in dem die meisten Männer bereits verheiratet waren und Kinder in die Welt gesetzt hatten, während er sich seit seinem zwanzigsten Lebensjahr mit seinen Partnern abgestrampelt und aus ihrer Firma das heute so erfolgreiche Unternehmen gemacht hatte. Und zwar ohne das Geld seiner Familie, ohne deren Beziehungen und vor allem ohne deren Hilfe.
Vielleicht war das der Grund dafür, dass seine Familie ihn so sehr hasste. Er hatte sie überflügelt und ihr damit im Grunde bedeutet zu verschwinden. Doch seine größte Sünde bestand darin, noch erfolgreicher zu sein als sie, und das auch noch ohne ihre Hilfe. Er besaß sogar noch mehr Macht und Geld als
der alte Herr
,
sein Großvater. Was hatte der Rest seiner Familie eigentlich je anderes getan, als von dessen Geld zu leben? Sein Großvater hatte das erfolgreiche Unternehmen verkauft, als Ash noch ein Kind gewesen war. Kein Mitglied seiner Familie hatte je auch nur einen einzigen Tag im Leben gearbeitet. Ash schüttelte den Kopf. Verdammte Blutsauger! Alle miteinander! Er brauchte sie nicht. Und er war sich auch vollkommen sicher, dass er sie nicht wollte. Jetzt, wo er sie alle – auch seinen Großvater – überflügelt hatte, war es für ihn außerhalb jeglicher Diskussion, sie jemals wieder in sein Leben zu lassen; sie würden kein einziges Stück von dem Kuchen bekommen, den er kreiert hatte. Ash wandte sich abrupt um. Er hatte schließlich noch einen Haufen Dinge zu erledigen, zu denen sicher nicht gehörte, in einem dämlichen Park herumzustehen und sich irgendwelchen Überlegungen hinzugeben, die doch fast den Eindruck erweckten, er bräuchte einen Seelenklempner. Er würde sich endlich am Riemen reißen und anfangen müssen, sich auf das zu konzentrieren, was sich
nicht
geändert hatte. Auf das Unternehmen. Die Projekte von HCM Global Resorts befanden sich in unterschiedlichen Entwicklungsphasen. Der Deal mit dem Pariser Hotel war endlich unter Dach und Fach, nachdem sie in aller Eile Ersatz für einige Investoren hatten finden können, die abgesprungen waren. Alles lief glatt und reibungslos. Er durfte die Dinge jetzt nur nicht schleifen lassen, gerade auch weil Gabe und Jace sich ihrer Arbeit im Moment nicht im gleichen Maße wie früher widmen konnten. Ash war der Einzige, der nicht durch persönliche Belange abgelenkt war, und deshalb musste er jetzt mehr tun, um seinen Freunden etwas von ihrer Arbeit abzunehmen, damit sie das Leben außerhalb der Firma genießen konnten.
Als er gerade mit langen Schritten in die Richtung zurückgehen wollte, aus der er gekommen war, erblickte er an einem der Tische plötzlich, allein und etwas abseits von den anderen, eine junge Frau. Er verharrte mitten in der Bewegung und musterte sie genauer. Das lange, blonde Haar wehte leicht im Wind und gab den Blick auf ein verblüffend schönes Gesicht mit atemberaubenden Augen frei, das war sogar aus dieser Entfernung zu erkennen.
Sie trug einen flippigen, langen Rock, der sich mit dem Wind bewegte und immer wieder eines ihrer langen Beine enthüllte. Ihre Füße mit den hellrosa lackierten Zehen steckten in leuchtend bunten Flip-Flops, und ein Zehenring funkelte, als sie den Fuß bewegte, um ihre Sitzposition zu ändern. Die Sonne fiel auf ein silbernes Knöchelkettchen, das einmal mehr seinen Blick auf ihr schlankes Bein lenkte.
Sie arbeitete konzentriert und mit zusammengezogenen Augenbrauen an einer Zeichnung, ihr Bleistift flog förmlich über das Blatt. Neben ihr stand eine große Tasche, aus der zahlreiche lange Papierrollen ragten.
Doch was seine Aufmerksamkeit schließlich fesselte, war der Reif um ihren Hals … Eng umschloss der Choker ihre Kehle, lag genau über ihrer zarten Halsbeuge. Er passte nicht zu ihr. Das fiel ihm sofort auf. Er spiegelte in keiner Weise ihre Persönlichkeit wider.
Der Reif war mit Diamanten besetzt, kein Modeschmuck und offensichtlich teuer, aber er harmonierte nicht mit ihrer sonstigen Aufmachung. Er wirkte protzig und auffallend deplatziert. Ashs Neugier war geweckt, denn der Anblick eines solchen Schmuckstücks am Hals einer Frau beinhaltete für ihn etwas vollkommen anderes als für die meisten anderen Menschen. Er musste herausfinden, ob es sich tatsächlich um ein Halsband handelte oder ob der Reif nur eine vollkommen normale, von ihr selbst gewählte Zierde war. Wenn seine Vermutung stimmte und das dort ein Halsband war, hatte der Mann, der es für sie ausgesucht hatte, eine erbärmliche Wahl
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