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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Figur nicht. Zumindest nicht vergleichbar mit Bens Klasse. Und
sein Gesicht mit dem römischen Profil und dem dichten blonden
Haar sah mindestens ebenso blendend aus wie sein Körper. Judy
hockte sich in den rotkarierten Ohrensessel – die Vorstellung
des Hotels von zeitgenössischem Chic.
    »Du könntest doch«, sagte Ben und schlüpfte in
die Anzughose, »du könntest doch möglicherweise auch deines Jobs wegen hier in Vegas sein. Oder hattest du nicht
dieses Interview auf Nellis geplant?«
    »Natürlich mache ich es.«
    »Und warum bist du dann noch nicht unterwegs?«
    »Weil der Termin erst um vier Uhr ist. Und weil ich momentan
gerade mit dir streite.«
    »Ich habe diesen Streit nicht vom Zaun gebrochen.«
    »O nein, natürlich nicht. Du bist bloß ein
unschuldiges Lämmlein auf dem Weideland akademischer
Konferenzen.«
    »Das bin ich tatsächlich. Obwohl du natürlich vom
Gegenteil überzeugt bist.«
    Sie sah zu, wie Ben in das Jackett schlüpfte –
selbstverständlich Armani; bei der ganzen verdammten Konferenz
der Mikrobiologen würde er der einzige Teilnehmer in Armani
sein, und das würde ihm über alle Maßen gefallen.
»Ben…«
    »Ich ziehe mich deshalb um«, sagte Ben betont
nachdrücklich, »weil ich heute nachmittag mit einer
bedeutsamen Erkenntnis an die Öffentlichkeit zu gehen gedenke
– vielleicht der bedeutsamsten Veröffentlichung meiner
Karriere. Oder ist dir diese Tatsache entgangen?«
    »Mir entgeht nur wenig. Und ganz gewiß nicht dein
Benehmen beim Lunch.«
    »Mein Benehmen beim Lunch war durchaus in Ordnung.
Würdest du jetzt bitte aufhören, an mir
herumzunörgeln?«
    »Wenn es um etwas Wichtiges geht, dann ist es keine
Nörgelei.«
    »Es geht um nichts Wichtiges.«
    »Für mich schon«, sagte Judy. »Oder ist das
unerheblich?«
    Er ließ sich zu keiner Antwort herab. Ich kann ihm gar
keinen Vorwurf daraus machen, dachte Judy. Wir klingen genau wie jene
Ehepaare, zu denen wir nie gehören wollten.
    »Ben«, sagte sie und gab sich alle Mühe,
vernünftig zu klingen, »du hast beim Lunch nicht ein
einziges Wort zu mir gesagt. Nicht ein einziges Wort. Ich klebte auf
meinem Stuhl wie ein zweiter Kissenbezug, und du sprachst
während des ganzen Essens ausschließlich mit diesem
ekelhaften Ding von der Berkeley-Universität. Neunzig volle
Minuten. Was, glaubst du, dachten sich die Leute wohl
dabei?«
    »Ich nehme an, die Leute waren viel zu beschäftigt mit
ihren Gedanken an wesentliche Dinge, um zu bemerken, was ich tue oder
nicht tue. Das ist schließlich eine sehr wichtige Konferenz,
Judy!«
    »Hör mir doch auf mit deiner elitären
Überheblichkeit! Ich weiß, daß es eine wichtige
Konferenz ist!«
    »Dann benimm dich entsprechend.« Er stand vor dem
Spiegel und gab seinem Krawattenknoten den letzten Schliff. Die
Krawatte war rot-blau gemustert und aus italienischer Seide; das Blau
paßte zu dem seiner Augen.
    »Fandest du… fandest du sie so besonders
hübsch?«
    Er warf ihr einen Seitenblick zu, weil er die Veränderung in
ihrer Stimme wahrnahm. Von Ärgerlichkeit zu flehentlichem
Drängen. Sie hörte ihn selbst, den Klang des zentralen
Faktums ihrer Ehe, das sich wieder einmal offenbarte, so
zwangsläufig wie die Schwerkraft: Sie brauchte ihn mehr, als er
sie brauchte. Sie wußte es, er wußte es, und sie
wußte, daß er es wußte. O Gott, wie sie sich selbst
verachtete! Was für eine Jammergestalt sie doch war!
    Ben durchquerte das Zimmer und trat zu dem Sessel, in dem Judy
saß. »Ist es das, worum sich diese ganze Sache dreht?
Daß diese Doktorandin an meiner Seite hübsch
war?«
    Ohne zu lächeln sah Judy ihn an. Aber sie konnte einfach
nicht dagegen an. Er stand da, über ihr, in seinem perfekt
sitzenden Anzug, während das Licht vom Fenster her sein blondes
Haar zum Schimmern brachte und ihn diese sonderbare Macht aus
geheimnisvollem, kompliziertestem Wissen umgab. Diese Macht
besaß eine eigene Anziehungskraft für sie – und hatte
sie immer besessen, vom ersten Rendezvous an ihrem zwanzigsten
Geburtstag an. Bei der Hochzeit hatte sie gedacht, sie würde vor
Glück sterben. Dem braven katholischen Mädchen, das sie
gewesen war, war es so vorgekommen, als hätten die Heiligen all
ihre Gebete erhört.
    »Ach, Liebes, du brauchst wirklich nicht eifersüchtig zu
sein«, sagte Ben mit Wärme in der Stimme. Es fiel ihm
leicht, diese Wärme in die Stimme zu legen. »Anita ist eine
Forschungsassistentin und nicht halb so intelligent wie du.«
    »Ehrlich?« fragte sie, obwohl es

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