Verküsst & zugenäht!
antwortete der andere Junge. „Die übernimmt meine Mom.“
Austin steuerte auf die Küche zu, Nolan direkt auf seinen Fersen.
„Hey, warte mal kurz!“ Jake trat vor, doch die beiden Teenager waren bereits zur Hintertür hinausgestürmt. Er wusste nicht, ob er Enttäuschung oder Erleichterung verspürte.
Was immer es auch war, es warf ihn beinahe um. Gott, er hatte sich dieses erste Treffen vermutlich hundert Mal vorgestellt, seit er von Kathys und Emmetts Tod erfahren hatte, und sich mindestens genauso viele Szenarien ausgemalt. So etwas wie gerade war ihm allerdings nicht in den Sinn gekommen. Er hatte sich auf die Wut seines Sohnes eingestellt, darauf, mit zornigen Fragen bombardiert zu werden, die er wahrscheinlich nicht zufriedenstellend beantworten konnte.
Doch niemals hätte er damit gerechnet, einfach so stehen gelassen zu werden. Er sah Jenny an. „Soll das vielleicht ein Witz sein? Sie lassen ihn gehen?“
„Was erwarten Sie denn?“ Ihre Stimme war kalt, ihr Blick sogar noch kälter. „Austin hat gerade den Mann kennengelernt,der nie da gewesen ist, wenn er ihn am nötigsten gebraucht hat. Diese Tatsache muss er erst mal verdauen.“
Ja. Wahrscheinlich schon. Der Junge hatte es selbst gesagt, er war dreizehn – und in wenigen Jahren erwachsen. Und er, ein typischer Bradshaw, hatte die Chance vertan, ihm ein Vater zu sein.
Nein . Jake straffte die Schultern. Zur Hölle damit. Frühestens in fünf Jahren würde Austin auch nur ansatzweise als Erwachsener durchgehen. Egal, wie viel Zeit er verloren hatte, ab jetzt konnte er der Mann sein, der er längst hätte sein sollen. Der wichtigste Punkt auf der Tagesordnung war, irgendwie eine Beziehung zu seinem Sohn aufzubauen.
Austins Reaktion nach zu schließen würde das nicht leicht werden. Tja, na und? Er hatte harte Arbeit noch nie gescheut.
Und doch. Verdammt schade, dass der Junge zu alt war, um ihm ein Pony zu schenken.
Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Jenny. „Ich stimme Ihnen zu, dass er Zeit braucht, das zu verdauen, aber eines möchte ich klarstellen. Ich habe mit meinem Anwalt gesprochen und alles Nötige eingeleitet, um das Sorgerecht für meinen Sohn zu bekommen.“
„Nein.“
Sie starrte ihn an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen.
„Doch. Mein Anwalt setzt gerade, während wir hier sprechen, die Dokumente auf. Ich muss sie nur noch unterschreiben, wenn ich zurück in Manhattan bin. Und dann wird Austin dort sein, wo er hingehört. Bei mir.“ Okay, es war wahrscheinlich nicht clever, ihr das so direkt zu sagen – sie schien durchaus in der Lage zu sein, ihn mit aller Gewalt davon abzuhalten und es wie einen Unfall aussehen zu lassen.
In ihren Augen lag jedoch keine Mordlust, sondern etwas anderes. Sie wirkte am Boden zerstört. Kreuzunglücklich.
Da er sehr gut wusste, wie sich das anfühlte, sagte er sanft: „Hören Sie, ich habe nicht vor, Austin einzupacken und mitihm wegzulaufen.“ Wobei seine erste Reaktion auf die Nachricht, dass Emmett und Kathy gestorben waren, genauso ausgesehen hatte: nach Hause fahren, Austin auffordern zu packen und ihn dann dahin zu schleifen, wo er für sich ein Leben aufgebaut hatte – zumindest für die paar Monate im Jahr, die er im Land war.
Das würde er natürlich nicht tun, er wollte auf keinen Fall wie sein Vater sein. „Ich bin nicht hier, um ihn einfach so aus seinem gewohnten Umfeld zu reißen. Ich weiß, dass er Zeit braucht, sich an mich zu gewöhnen und mich kennenzulernen.“
Sie atmete erleichtert auf und es ärgerte ihn, dass es ihm wichtig war, ihr die Angst zu nehmen. Schließlich war es für alle Beteiligten besser, keine falschen Hoffnungen aufkommen zu lassen.
„Nicht, dass Sie mich missverstehen“, fuhr er mit seiner kühlsten Stimme fort. „Mein Leben spielt sich in New York ab und dorthin werden wir auch ziehen. Ich bleibe nur eine Weile hier, damit mein Sohn sich an den Gedanken gewöhnen kann. In der Zwischenzeit werde ich herausfinden, was mit Emmetts Vermögen geschieht.“ Als ihr Blick misstrauisch wurde, kniff er die Augen zusammen. „Fangen Sie bloß nicht so an. Ich bin nicht hinter Austins Geld her – ich habe selbst mehr als genug.“
„Und warum sollte ich Ihnen das glauben?“
Himmel! Am liebsten hätte er einen großen Schritt auf sie zu gemacht und sich drohend vor ihr aufgebaut. Ob sie ihn dann immer noch so geringschätzig behandeln würde?
Im nächsten Moment erschrak er. Wie zur Hölle kam er nur auf eine solche Idee?
Weitere Kostenlose Bücher